11. Februar 1915 Feldpostbrief von Konrad Löb
 
 
 
 
 
     
 
         
    Messines den 11. Februar 1915

Sehr geehrter Herr Pfarrer!

Sie werden zwar schon länger auf Nachricht von mir gewartet haben, aber die Zeit ist immer zu kurz. In der vorderen Linie kann man nicht schreiben, in Unterstützung müssen wir die ganzen Nächte Schanzarbeiten verrichten, und bei Tag hat man meistens so viel Artilleriefeuer, daß man gar nicht ans Schreiben denken kann. Indem es heute etwas ruhiger ist, möchte ich Ihnen nun mitteilen, daß ich Ihre beiden reichgefüllten Pakete bei guter Gesundheit und mit großer Freude am siebten Februar abends erhalten habe. Ich spreche Ihnen sowie der lieben Pfarrgemeinde meinen höflichsten Dank aus.

Unsere Kriegslage ist immer die gleiche. Drei Tage in der vorderen Linie, drei Tage in Unterstützung und drei Tage in Ruhe, die wir meist in französich Comin zubringen. In der vorderen Linie war es bis in die letzte Zeit sehr schlecht durch das fortwährende Regenwetter, so daß man oft bis an (die) Knie in Wasser und Dreck stehen mußte. Dazu gesellte sich noch starkes Granat- und Schrapnellfeuer, während man von Gewehrfeuer durch die Luftwaffe (zu)gedeckt ist. In Unterstützung war es nicht besser. Man hat mehr Granat- und Schrapnellfeuer als in der vorderen Linie.

Kam man in Ruhe, so hatte man auch nicht Gelegenheit, die Sachen zu trocknen, so daß einem die Leibwäsche im Tornister stockte und schlecht wurde. Jetzt ist auch in dieser Beziehung gesorgt, nachdem wir von hier nach Comin kommen, immer Wasch- und Trockengelegenheit haben. Auch in den Schützengräben ist der Aufenthalt bedeutend besser, nachdem die Gräben gut mit Brettern ausgebaut (sind) und für gute Unterstände gesorgt ist. Schon seit vierzehn Tagen haben wir zeitweise das schönste Frühlingswetter. Die Stare und sonstigen Vögel singen und pfeifen wie in der Heimat an schönen März- oder Apriltagen. Der Gesang der Vögel wird leider durch die eisernen Grüße der Engländer und Franzosen sehr oft auf etwas grelle Weise unterbrochen und schreckt (uns) immer aus den Träumen von der lieben Heimat in unsanfter Weise auf.

Geehrter Herr Pfarrer, wollen wir beten und hoffen, daß mich der, der mich bisher beschützt hat, auch fernerhin beschütze.
So daß ich ein fröhliches Wiedersehen in der lieben Heimat bei meiner mir so schwer am Herzen liegenden Familie, bei meinen lieben Eltern und Geschwistern und allen Freunden und Bekannten feiern könnte.

Nochmals meinen herzlichsten Dank und viele Grüße an Sie und die liebe Pfarrgemeinde.
In der Hoffnung auf ein baldiges und gesundes Wiedersehen
verbleibe ich Ihr
ergebener
Konrad Löb

   
         
 
     
 
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