30. September 1916 Feldpostbrief von Karl Leibenzeder
 
 
 
 
 
 
 
 
     
 
         
   

Ruhequartier, 30. 9. 16. /: 2:40 (Uhr) Nachm(ittag)

Sehr geehrt. H. Pfarrer!

Eben erhalte ich Ihren lb. Brief mit Gebetbüchlein u. danke Ihnen recht herzlich dafür. Sie glauben gar nicht, lieber H. Pfr. – gestatten Sie gütigst diese gefühlsreichen Quark – wie ordentlich wohl einem uns Herz wird beim Durchlesen eines Briefes, aus dem Heimatluft weht u. wie sehr ich gerade jetzt Ihr wertes kleines Geschenk schätze.
Ich habe beim Ausmarsche v. der Komp. zwar ein kleines Feldgesangbüchlein erhalten, bin jedoch um Ihr Gebetbüchlein recht froh, da mir dasselbe eine sehr werte Rolle & gewünschte Ergänzg. meines geistlichen Erbauungsmaterials bildet. Halten Sie es nicht für unbescheiden, wenn ich gleich mit noch einer Bitte komme: Wollen Sie mir bitte auch das „Sonntagsblatt“ schicken lassen; denn wir haben bis jetzt noch keinen „Sonntag“ gehabt und ich sehne mich danach; wenigstens in Gedanken auch einige Minuten der rauhen Wirklichkeit entrückt zu sein. Freilich geht dies nur sehr schwer: das Brüllen der Geschütze, das Geknatter der Mach. Gew. etc. etc. gemahnt einen sehr rasch wieder, seiner Lage zu gedenken u. mit allen Eventualitäten zu rechnen. Doch ich habe die feste Zuversicht zu Gott, daß er mich wieder gesund zu meinen Lieben in der Heimat zurückkehren läßt.- ---
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nach allgem. Annahme jedenfalls auch nicht zu lange. die Stellungen sind sehr wasserreich u. vor allem die Unterstände nicht bombensicher. Die Engländer schießen mit schweren Minen, die unsere Unterstände nicht aushalten. ---
ist sehr schön, gibt sogar eine Brausebar. Nur die Flieger belästigen uns andauernd, so daß man sich nicht recht sicher im Freien bewegen kann. Wir sind in Holzbaracken untergebracht u. haben Bettstellen mit Holzwolle – Säcken. Schläft sich famos. Auch unsere --- war ganz nett; wir kampierten in Kellern zerschossener Häuser, hatten jedoch elektr. Licht. Waschgelegenheit allerdings sehr schlecht. Hier die Ruhe gut. --- (genau weiß ich es nicht) --- . So Gott will, habe ich Glück! Das 1. Batl., das vom 24. 9. – 28. 9. in Stellung war, hatte, wie ich hörte, bereits 45 Mann Verluste. Zumal nachts sind die Engl. sehr tätig mit Masch.-Gewehr Minenfeuer. –
Unsere Briefe müssen sämtliche geöffnet abgegeben werden; nähere Einzelheiten zu berichten ist mir daher z. Zt. nicht möglich. In welcher Gegend ich bin, werden Sie wohl wissen. Der Zufall wollte es, dass wir beim Marsche in unfern --- durch dieselbe Stadt marschierten, in der mein Bruder lange Zeit einquartiert war. Dessen Rgt. löste das 19. ab, d.h. das 19. Rgt. war das ablösende. Unsere Verpflegung geht an; nur muß man sich umgewöhnen, auch mit etwas weniger fürlieb zu nehmen. Post war bisher sehr unregelmäßig, war eben unser häufiger „Umzug“ daran schuld. Meine Post muß offenb. sehr lange gebraucht haben; denn Ihr lb. Brief erreichte mich schon nach 2 Tagen.
Und nun nochmals meinen besten Dank & die herzlichsten Grüße Ihnen & wert. Familie
Ihr sehr ergebener
Karl Leibenzeder

Unser --- ist in einem sehr schönen Park, in dessen Mitte ein Schloß steht. Der Besitzer ist natürlich verschwunden. Im Schlosse sind die H. H. Offiz. einquartiert. Auch die Rgts. Mus. spielt hier jeden Abd. vo. 6 – 7:00 (Uhr)

   
         
 
     
 
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