29. Oktober 1918 Feldpostbrief von Schweikert
 
 
 
 
 
     
 
 
     
 
         
    Gent, den 29. 10. 18.

Sehr geehrter Herr Pfarrer!

In Eile will ich Ihnen einige Zeilen schreiben, es ist immer so wenig Zeit zum Schreiben. Ich bin in der Küche fast allein und muß für ungefähr 50 oft 60 Mann kochen, die Köche sind in der Feuerstellung.

Zum Kochen haben wir reichlich Fleisch und Kartoffeln, was mit die Hauptsache ist. So geht es mir aber noch gut und bin gesund, trotzdem wir oft vor Nässe nicht schlafen können. In den letzten Tagen ist es wieder was besser. Um Gent ist viel überschwemmt und alles gesprengt, um dem Feind am Kanal noch einiges machen zu halten, bis wieder weiter hinten Maßnahmen getroffen sind.

Heute hab ich in Gent auf den Kirchtürmen weiße Fahnen wehen sehen, das soll das Zeichen sein, daß die Stadt nicht mehr beschossen wird. Es wäre schade für so eine schöne Stadt, auch ist fast alles Civil da, selten ein Haus leer. In letzter Zeit wird auch nicht mehr so bitter gekämpft, wenn’s hart hergeht wird einfach zurückgegangen. Man spricht jetzt viel vom Frieden, ich bin jetzt auch der Meinung, daß es so nicht mehr lange weiter geht. Die Disziplin ist fast schon verschwommen (gestrichen: nichts mehr)

Von der allgemeinen Lage kann ich nichts schreiben, ich bekomme auch fast keine Zeitung in die Hand.

Ich schließe in der Hoffnung
auf einen baldigen Frieden
und verbleibe Ihr ergebener
Schweikert

   
         
 
     
 
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