Gerne
steuerte anfangs ein jeder das Seine zur Kriegsfürsorge
bei; später wurden Haussammlungen unterlassen,
zumal die Gebefreudigkeit durch die lange Dauer des
Krieges sehr gelitten hatte. Es berührte schmerzlich,
wenn ein großer Bauer sich von der Weihnachtssammlung
für die Feldzugsteilnehmer ausschloss, weil, wie
er dem Verfasser gelegentlich erklärte, sein Sohn
keine reichsgesetzliche Unterstützung erhielt.
Hier sei auch die erfreuliche Tatsache erwähnt,
dass namentlich im Sommer des Jahres 1917 innerhalb
der Pfarrgemeinde sich verschiedene Familien fanden,
darunter auch das Pfarrhaus, welche bei der schlechten
Ernährungslage Stadtkinder aus Nürnberg und
Fürth bei sich aufnahmen. Die Erfahrungen, welche
hierbei besonders in Hirschneuses mit vereinzelten Fürther
Mädchen gemacht wurden, waren oft recht zweifelhafter
Art.
b.
Mitarbeit der Frauen und Jungfrauen ---
3.
Sonstiges
a
Zahl und Schicksale der Gefangenen, Kranken und Vermissten
siehe
Kriegsteilnehmerverzeichnis
b
Mitteilungen aus Briefen der Krieger
siehe
Briefe
Allgemeiner Teil
Unvergesslich
bleiben dem, der sein Vaterland lieb hat, die Zeiten
des Kriegsausbruchs. Hoch gingen die Wogen der Begeisterung;
davon war freilich auf dem Lande weniger zu verspüren;
im Allgemeinen neigt der Landbewohner mehr zu geistiger
Trägheit und ist für die Begeisterung nur
schwer empfänglich. Der Verfasser entbehrte deshalb
in jenen Zeiten vieles nach dieser Seite. Kein Wunder,
dass er sich deshalb oft nach Fürth und Nürnberg
begab, um dort zugleich die neuesten Nachrichten vom
Kriegsschauplatz zu erfahren. Diese wurden in Kirchfarrnbach
alsbald durch Anschlag an einem Brett veröffentlicht,
das der Chronist vor dem Pfarrhause anbrachte, um den
Vorübergehenden täglich das Neueste mitzuteilen.
Erst als das Interesse mehr und mehr abflaute, wurde
dieses Brett wieder entfernt. Zugleich hielt der Verfasser
ständig bis an das Kriegsende Feldpostkarten und
-Briefumschläge auf Lager, um diese an die Gemeindeglieder
käuflich abzugeben; von dieser Einrichtung ward
auch fleißig Gebrauch gemacht.
Auch
in den hiesigen Ortschaften trieb das Automobilgespenst
sein Wesen, das überall friedlich mit Gold reich
beladene Automobile sehen wollte und die Gemüter
erregte. Dass auch der Ortspfarrer mit einem Gewehrlauf
auf der Straße patroullierte, war in jenen Zeiten
selbstverständlich. Nicht lange dauerte es und
die wildesten Gerüchte vom Kriegsschauplatz gingen
von Mund zu Mund, bei vielen eine tiefgehende Beunruhigung
verursachend: ganze Regimenter, ja ganze Divisionen
sahen sich nach jenen Gerüchten aufgerieben; es
wurde nicht unterlassen, ernstlich vor einer solchen
Beunruhigung der Gemeinde durch falsche Gerüchte
zu warnen.
Zu
den Sonntagspredigten wurden zu Anfang des Krieges häufig
freie Texte gewählt, die der damaligen Zeit gemäß
waren; auch die Christenlehren waren auf die Kriegsereignisse
eingestellt; mit ernsthafter Anteilnahme folgten die
Schüler der Besprechung von Kriegsereignissen oder
geeigneten Feldpostberichten von Gemeindegliedern. Natürlich
fehlten auch in der hiesigen Pfarrgemeinde die Kriegstrauungen
nicht. Wiederholt kamen Kriegsflugblätter aus dem
Verlag des Rauhen Hauses innerhalb der ganzen Gemeinde
zur Verteilung; an Weihnachten 1914 erhielten sämtliche
Schulkinder eine besondere Gabe in einer Neujahreskriegsschrift
bestehend
Im
Schulunterricht gab es zunächst keine wesentliche
Störung, sofern die beiden verantwortlichen Lehrer
in Kirchfarrnbach und HIrschneuses als unabkömmlich
auf ihren Stellen belassen wurden. Im Sommer 1916 erfolgte
aber auch ihre Einberufung. Sowohl in Kirchfarrnbach
wie in Hirschneuses mussten Aushilfskräfte ernannt
werden. Mit größter Bereitwilligkeit versahen
eine Zeit lang mangels jeglicher Aushilfe um der Sache
willen Pfarrer und Pfarrfrau den Organistendienst. Nur
kurz seien an dieser Stelle auch die militärischen
Verhältnisse des Verfassers erwähnt, der sich
als Ersatzreservist im Frühjahr 1915 einer Musterung
unterziehen musste, woher er dem Sanitätspersonal
überwiesen wurde. Von seiner Gemeinde wurde er
jedoch für unabkömmlich erklärt.
Der
Einfluss des Krieges auf das kirchliche Leben zeigte
sich nach außen zunächst in einer Steigerung
der Besucherzahl der Gottesdienste sowie einer Zunahme
der Kommunikantenziffer; dazu kam auch eine größere
Opferwilligkeit besonders für Kriegszwecke. Viele
Opfer galten als Dankopfer für gnädige Bewahrung.
An Hand der Tabellen ergibt sich folgendes Bild:
1.
Klingelbeuteleinlagen, wobei die Abwesenheit der Kriegsteilnehmer
in Betracht zu ziehen ist:
1913 = 147M
1914 = 155M
1915 = 146M
1916 = 141M
1917 = 156M
1918 = 218M
2.Kommunikanten:
1913 = 988
1914 = 1064
1915 = 1804
1916 = 977
1917 = 963
1918 = 966
3.Gaben
auf den Kopf:
1913 = 89Pf
1914 = 66Pf
1915 = 61Pf
1916 = 76Pf
1917 = 92Pf
1918 = 1M 82Pf
Die
Tatsache kann nicht geleugnet werden, dass sich so manche
Gemüter auch innerlich erfasst fühlten; viele
sahen erfüllt, was man in früheren Zeiten
oft genug hören konnte: „Es muss wieder einmal
ein Krieg kommen, denn so können die Dinge nicht
mehr weitergehen." Eine Äußerung, die
gerade durch das Schwinden von Glaube und Gottesfurcht
hervorgerufen wurde. Allenthalben zeigte sich am Anfang
der Kriegszeit auch in der hiesigen Gemeinde ein erfreulicher
Ansatz zu einem Aufschwung religiösen Lebens, der
zum Teil seine Ursache auch in der Erkenntnis eigener
Sünde und Schuld sucht: „Wir haben es verdient",
so sagte eine Ehefrau bei der Einberufung ihres Mannes.
Gottvertrauen und ein regeres Gebetsleben waren vielfach
die Kennzeichen der damaligen Zeit. Gerne verzichtete
man da, wo unsere Soldaten bluteten, auf Freuden und
Vergnügen, wie sie z.B. bei Kirchweihfesten üblich
waren.
In
vielen Fällen wurde das Pfarrhaus als Mittel der
Beratung und Hilfe aufgesucht; insbesondere wurde die
Hilfe des Pfarrers auch für zahlreiche Gesuche
in Anspruch genommen. Kam irgend eine beunruhigende
Nachricht vom Feld, so wurde sie alsbald dem Pfarrer
gemeldet. Auch zu vielen anderen Dingen war der Dienst
des Pfarrers begehrt, nicht ohne dass derselbe auch
gerne geleistet wurde. Galt es hier für die Kriegsanleihe
zu werben oder zu ermuntern, das Gold zur Kriegsbank
abzuliefern, der Pfarrer stand mit an erster Stelle,
um dafür zu werben. Ebenso wirkte er auf die Bevölkerung
ein, durch rege Spenden sich an den verschiedenen Sammlungen
wie für das rote Kreuz, Ludendorf den A: Brotspende,
Opfertage etc. zu beteiligen. Recht unbedenklich war
die an den Pfarrer von seitens des Bezirksamts gestellte
Zumutung, gewissermaßen als Kontrollorgan über
den Aufkauf von Lebensmitteln (Eier und Butter) zu fungieren.
„Wenn
nur der Feind nicht ins Land kommt", mit diesem
Wunsch suchten sich viele in der Heimat über die
lange Dauer des Krieges zu trösten; daneben konnte
man die merkwürdigsten Vorschläge hören,
um das Kriegsende allmählich herbeizuführen;
so glaubte man, den Krieg wie einen Kuhhandel durch
gegenseitiges Feilschen zu Ende bringen zu können.
Bedenklich waren schon Äußerungen wie: „Es
ist doch gleich, ob wir Deutsche, Franzosen oder Engländer
sinden" Der Verfasser hatte solchen Meinungen gegenüber
keinen leichten Stand. Dergleichen Äußerungen
veranlassten ihn, in einer besonderen, am 18. Februar
1917 zu Kirchfarrnbach veranstalteten Aufklärungsversammlung,
allen falschen Meinungen entgegenzutreten. Mehr und
mehr aber überwucherten Schwäche und Kleinglaube,
so dass nicht zu viel behauptet wird, wenn der Verfasser
erklärt, dass er mit seinen von unerschütterlicher
treuen Heimatliebe getragenen Anschauungen in seiner
Gemeinde schließlich völlig isoliert da standen.
Die lange Dauer des Krieges war für unser Landvolk
eine zu schwere Belastungsprobe, wiewohl hierzulande,
soweit nicht persönliche Verluste infolge einer
ernsten Nachricht in Frage kamen, der Krieg sich in
den ersten Jahren in wirtschaftlicher Hinsicht nur wenig
bemerklich machte.
Dass
bei dem Mangel an Arbeitskräften die Ernten Jahr
für Jahr glücklich heimgebracht werden konnten,
war doch auch eine sichere Hilfe von oben. Zahlreich
waren die Beweise gegenseitiger nachbarlicher Hilfe
besonders in der angestrengtesten Zeit des Jahres; auch
die Bewohner des Pfarrhauses leisteten das Ihre. Freilich
fehlte es z.B. in Hirschneuses auch nicht an bitteren
Klagen über das Versagen nachbarlicher Beihilfe.
Hier konnte man auch das Wort hören: es würde
nicht schaden, wenn der Feind ins Land käme; mit
diesem Wort soll das geringe Maß an Einfluss charakterisiert
werden, den namentlich in Hirschneuses der Krieg auf
einzelne Gemüter ausübte.
Als
die Preise für Lebensmittel anderwärts allmählich
in die Höhe gingen, konnte man sich zunächst
nicht genug darüber wundern; man empfand eine gewisse
Scheu, die gleiche Summe, die man als Kundengeld bezeichnete,
zu fordern. Später ward diese Scheu überwunden.
Auch in das entlegendste Dorf kamen die Hausierer, von
welchen sich der Bauer in seiner Habgier die höchsten
Preise bezahlen ließ; jene waren ja auch zu allem
bereit. Der Ablieferungspflicht von Brotgetreide und
dergl. wurde teilweise nur mangelhaft genügt. Der
Geldüberfluss brachte es mit sich, dass die Beteiligung
an der Zeichnung für die Kriegsanleihen sich mehr
und mehr steigerte, besonders verdienen die Zeichnungen
der Kinder in den einzelnen Schulen erwähnt zu
werden; auch die Zeichnungen des Darlehenskassenvereins
Kirchfarrnbach waren nicht unbedeutenden
Die
beispiellosen Erfolge der deutschen Heere auf dem Kriegsschauplatz
im Frühjahr 1918 verursachten noch einmal ein Aufflackern
der Stimmung. Mancherlei Beobachtungen aber an den jungen
Rekruten ließen im Laufe des Januars 1918 den
Verfasser zu der Überzeugung kommen, dass wir mit
einem solchen Soldatenmaterial den Krieg nie gewinnen
werden. Die einzelnen Phasen der Stimmung der hiesigen
Landbewohner sind wohl am besten mit folgenden Worten
gekennzeichnet: anfangs würdiger Ernst und Entschlossenheit,
mit der man den kommenden Ereignissen und dem baldigen
siegreichen Ausgang des Krieges entgegenblickte, infolge
der langen Ausdauer des Krieges allmähliches Nachlassen
des Interesses an den Kriegsereignissen, dann weiter
Gleichgültigkeit und Stumpfheit, die schließlich
den Zusammenbruch mitfördern halfen.
Der
Chronist war sich von Anfang an im Klaren über
den furchtbaren Ernst der Lage und doch mit einem unerschütterlichen
Vertrauen auf ein gutes Ende beseelt. Freilich war dieses
Vertrauen u.A. auch an die Bedingung geknüpft,
dass alle Volkskreise, sich des Ernstes der Lage bewusst,
alles aufbringen werden, das Ihre zur Rettung des schwerbedrohten
Vaterlandes zu tun. Das war für den Verfasser wie
für andere wohl die größte Enttäuschung,
dass unser Volk im großen und ganzen diesen Erwartungen
nicht entsprach. Man hat weder die Lage richtig erkannt,
noch alles aufgeboten, um durchzuhalten. Was Deutschlands
Feinde von Anfang an erhofften, die Saat des Umsturzes,
der seit Jahrzehnten an dem Marke unseres Volkes zehrte,
war aufgegangen und führte zum Ruin unseres einst
so blühenden Vaterlandes. Nur mit tiefem Schmerz
kann der Verfasser des Niederganges und Sturzes seines
Volkes gedenken, nicht ohne den Glauben an den Wiederaufstieg
Deutschlands in späteren Zeiten.
Nachtrag
Am
Nachmittag des Sonntags Cantate, den 29. April 1923,
fand nach vorausgehendem Gottesdienst die Einweihung
des Kriegerdenkmals zu Dürrnfarrnbach statt. Die
Kosten hierfür wurden durch die dortigen Ortseinwohner
aufgebracht.
Die
Ehrentafel in der hiesigen Pfarrkirche wurde im Vormittagsgottesdienst
des Sonntags Exaudi, den 13. Mai 1923 unter Mitwirkung
des Posaunenchors enthüllt. Der Altarrede lag Joh.
15.13 zu Grunde. Die Tafel ist ein Werk des Graphikers
Willi Bauer von Emskirchen (Pfarrerssohn). Die Kosten
164 000 M wurden durch freiwillige Spenden namentlich
der Angehörigen der Gefallenen bestritten.
Das
zu Kirchfarrnbach stehende Kriegerdenkmal ist von dem
Maurermeister Ittner in Wilhermsdorf errichtet; die
Figur stammt von dem Architekten Walther Franke in Nürnberg.
Auch der Einführung dieses Denkmals ging ein nachmittäglicher
Gottesdienst voraus; es war dies am 15. Sonnt. n. Trinit.,
den 9. Sept. 1923.
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