16. Dezember 1914 Feldpostkarte von Georg Krehn
 
 
 
 
 
     
 
         
   

Woinville, 16. Dez. 1914

Geehrter Herr Pfarrer,

Ich teile Ihnen mit, daß ich das von Ihnen geschickte Paket heute mit großer Freude erhalten habe. Ich danke Ihnen bestens dafür. Hoffentlich werde ich es gesund genießen können.

Wir stehen schon elf Wochen vor der Festung Toul und Verdun. Am 1. Oktober sind wir nach Varneville gekommen. Dort waren wir bis 6. Am 6. sind wir so stark beschossen worden, daß wir ausziehen mußten. Dann waren wir drei Tage an einem Waldsaum. Dort hatten sie uns wieder gefunden. Dann sind wir vier Stunden zurückgekommen mit den Pferden. Die Geschütze stehen weiter vorn in Stellung.

Wir sind seit 9. Oktober in Woinville. Die erste Zeit sind wir ganz wenig beschossen worden. Am 25. Oktober hatten sie (uns) stark unter Feuer genommen. Der erste Schuß ging zu kurz. Der zweite hat auch nichts gemacht. Der dritte Schuß schlug in das Dach von der Kirche und stürzte den hinteren Giebel hinaus und traf zirka fünfzig Mann, die hinter der Kirche Schutz gesucht hatten. Vierzehn Mann hatten dort ihr Leben lassen müssen. Wie das Feuer nachgelassen hat, bin ich hin und habe mir das Bild angesehen. Es war ja ein trauriger Anblick, wie die armen Kameraden rumgelegen sind. Ganze Lachen Blut sind auf der Straße gestanden. Solche Bilder hatten wir schon mehr ansehen müssen.

Am 26. hatten wir auch, am 27. hatten sie uns stark mit schwerem Artilleriefeuer beschossen. Es hat sechzehn Pferde erschlagen und zwei Pioniere. So stark werden wir derzeit nicht mehr beschossen. Alle drei Tage einige Schuß. In Gefahr ist man den ganzen Tag.

Doch wir lassen keine Traurigkeit spüren. Der liebe Gott hat mich bis jetzt vor jeder Kugel und Granatsplitter geschützt. Er wird mich bis ans Ende beschützen. Und sollte sich Frankreichs Erde mit meinem Blute röten, so sterbe ich den schönsten Tod für Kaiser und Vaterland. Wir hatten schon vieles aushalten müssen und halten gerne aus, wenn wir nur Sieger bleiben. Wünsche vom ganzen Herzen eine gesunde, fröhliche Weihnachten.


Auf baldiges Wiedersehen grüßt
Georg Krehn

   
         
 
     
 
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