Geehrter Herr Pfarrer!
Teile Ihnen mit,
Ihr mir in so liebenswerter Weise gesandtes Paket habe ich
dankend erhalten; nochmals besten Dank für Ihre liebenswürdige
Gabe, die ich gerade am Heiligen Abend erhalten habe. Weihnachten
im Feld, oh wie bedenklich Freud und Leid, als wir am Heiligen
Abend das Lied sangen Stille Nacht, heilige Nacht, da standen
manchem die Tränen in den Augen, die Gedanken nach der
Heimat, nach Weib und Kind, wie wirds denen zumute sein, aber
Gott der Allmächtige, der Lenker wird uns trösten
und stärken.
Möge die Zeit
nicht mehr ferne sein, wo der liebe Gott unserer gerechten
Sache den Sieg verleihen möge, und wir wieder in unsere
liebe Heimat zurückkehren könnten.
Wir sind in der
Umgebung von Arras, haben schon manchen Sturm erlebt. Wir
werden aushalten und kämpfen bis zum letzten Tropfen
Blut fürs Vaterland. Wir haben jetzt ziemlich viel Regenwetter,
aber wir wollen alles mit Geduld ertragen bis zum Ende. Mit
Gott fürs Vaterland.
Herzliche Weihnachtsgrüße
aus dem Felde
und ein glückliches Neues Jahr 1915
Leonhard Enßner