Werter Herr Pfarrer!
Mit einigen Worten
möchte ich Ihnen mitteilen, daß Sie mich mit zwei
Paketen unverhofft überrascht haben, und ich dafür
meinen besten Dank übersende, sowohl Ihnen wie auch der
Pfarrgemeinde. Ich bin Gott sei Dank noch gesund und munter
und bisher noch glücklich davongekommen, obwohl die Granaten
und Schrapnell(kugeln) schon um mich herumgesaust sind und
auch schon manchen Kameraden weggenommen haben. Wie zum Beispiel
Hans Berger von Eschenbach gefallen ist durch einen Granatenschuß,
bin ich nur 200 Meter weg auf Posten gestanden. Es war am
8. Februar.
Meistens fallen
sie über den Arbeitsdienst her. Unsere Stellung ist am
Waldesrand, fast vollständig in der Erde und wird immer
noch besser ausgebaut, so daß nach und nach die Feldwachen
vom sechsten mit siebten Regiment ganz unter der Erde Verbindung
halten können, und da gibts Arbeitsdienst bei Tag und
auch bei Nacht, denn wo man bei Tag gesehen wurde, das mußte
bei Nacht gemacht werden. Die Gänge werden mit Gesträuchern
ausgeflochten, so daß die Erde nicht nachfallen kann
und teilweise oben mit Blechen überlegt.
Wir haben an Kaisers
Geburtstag Feldpostdienst gehabt und waren (auch) schon zwei
mal in der Kirche. Heute den 22. Februar hörte man auch
wieder einmal Glockengeläute und zwar auf der ganzen
Front, soweit man hörte, weil sie wiederum einen großen
Transport Russen gefangen haben. Vielleicht würde es
doch bald ein Ende nehmen.
Wir haben jetzt
immer viel Regenwetter. Die Kälte ist ja nicht mehr gefährlich.
Wir haben (es) diese Woche hart gehabt, immer erhöhte
Bereitschaft, und (sind) alle Nacht alarmiert worden. Aber
die Franzosen sind doch nicht bei uns heraus, sondern bei
den 125ern und 124er, wo unser rechter Flügel liegt,
und links von uns liegt das siebte Landwehrregiment. Beide
Flügel liegen näher am Feinde als wir. Bei uns ist
die nächste Entfernung 600 Meter, wo sie links vor der
Ortschaft Avocourt ("Abernkurt") ihre Feldwache
haben. Ich selbst habe zwar noch keinen gesehen und auch noch
keinen Schuß gemacht. Das Regiment 124 hat gestern wieder
einen kleinen Vorstoß gemacht und dabei wieder zehn
Tote und einige Schwerverwundete gehabt. Näheres vom
Kriege kann ich leider nicht schreiben.
Ich danke nochmals
bestens für die Gaben, die mir gesandt wurden.
Herzliche Grüße aus fernem Lande
sendet
Math. Ständtner
Wir loben dich
oben du Lenker der Schlachten
und flehen, mögst stehen uns fernerhin bei,
daß deine Gemeinde nicht Opfer der Feinde,
dein Name sei gelobt o Herr, mach uns frei!