10. April 1915 Feldpostbrief von Hans Löb
 
 
 
 
 
     
 
         
    Vimy, den 10. April 1915

Hochgeehrter Herr Pfarrer!

Gerührt von inniger Dankbarkeit und stiller, einsamer Freude teile ich Ihnen mit, daß ich das von Ihrerseits mir zugestellte Paket gestern in tadellosem Zustande erhalten habe. Sämtlicher Inhalt, Eßwaren, Zigarren und Schnaps blieben unbeschädigt und werden wir draußen im Schützengraben, den ich heute abend wieder beziehen muß, gute Dienste leisten.

Hochgeehrter Herr Pfarrer!
Von unserer gegenwärtigen Kriegslage ist nichts Neues mitzuteilen. Sie ist immer ein und dieselbe. Von dem traurigen Schicksal meines lb. Bruders habe ich von meiner Frau schon verschiedene Nachrichten erhalten. Zuerst "verwundet", dann "vermißt", und heute habe ich eine Brief erhalten, in welchem sie mir mitteilt, daß er mit seinem ganzen Zug in Gefangenschaft geraten ist. Sollte sich letzteres bewahrheiten und wäre seine Verwundung nicht zu ernster Natur, so wäre das Schlimmste vorläufig noch nicht zu befürchten. Möge der allwissende Gott im Himmel dieses unheimliche Rätsel lösen, damit man wenigstens wüßte, was mit ihm ist, denn schwer zu bedauern ist erstens seine werte Frau, die in ihrem an und für sich schon ernsten Umstand noch sich großen Jammer und Sorge durchkämpfen muß, und zweitens meine lb. hochbetagten Eltern, die zwar schon über manchen schweren Schicksalsschlag hinweggehen mußten, doch über einen derartigen doch noch nicht. Möge ihnen der liebe Gott helfen, daß sie ihre körperlichen und geistigen Kräfte behalten, um mitsorgen zu können, bis nach dieser schweren Zeit wieder eine andere einsetzt, und alles seinen normalen Fortgang wieder hat. Weiter können wir uns nur auf Gott verlassen und uns trösten mit den Worten. "Was Gott tut, das ist wohlgetan, es bleibt gerecht sein Wille."

Zum Gottesdienst zu gehen und zur Teilnahme am hl. Abendmahl haben wir, Gott sei Dank, auch im Feindesland Gelegenheit genug. Am Karfreitag war ich in Acheville in der Kirche und traf mit Zinner von Dürrnfarrnbach zusammen. Es ist immer eine große Freude, wenn zwei Kameraden aus einer Pfarrgemeinde gesund und munter einander treffen. Enßner von Meiersberg ist ebenfalls in Vimy und (wir) haben uns auch schon öfters getroffen.
Nochmals bestens dankend schließe ich nun mein Schreiben in bester Gesundheit, was ich auch von Ihnen und Ihrer wertgeschätzten Familie hoffe. Weiter wünsche ich Ihnen, sowie der ganzen Pfarrgemeinde Kirchfarrnbach ferneres glückliches Wohlergehen.

Hochachtungsvoll
Hans Löb.

Viele herzliche Grüße an meine schwergeprüfte Schwägerin. Ihr zu schreiben, habe ich heute keine Zeit mehr, da ich in Stellung muß und erst nach vier Tagen wieder retour kommen kann.
Löb.

   
         
 
     
 
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