Hochgeehrter Herr
Pfarrer!
Gerührt von
inniger Dankbarkeit und stiller, einsamer Freude teile ich
Ihnen mit, daß ich das von Ihrerseits mir zugestellte
Paket gestern in tadellosem Zustande erhalten habe. Sämtlicher
Inhalt, Eßwaren, Zigarren und Schnaps blieben unbeschädigt
und werden wir draußen im Schützengraben, den ich
heute abend wieder beziehen muß, gute Dienste leisten.
Hochgeehrter Herr
Pfarrer!
Von unserer gegenwärtigen Kriegslage ist nichts Neues
mitzuteilen. Sie ist immer ein und dieselbe. Von dem traurigen
Schicksal meines lb. Bruders habe ich von meiner Frau schon
verschiedene Nachrichten erhalten. Zuerst "verwundet",
dann "vermißt", und heute habe ich eine Brief
erhalten, in welchem sie mir mitteilt, daß er mit seinem
ganzen Zug in Gefangenschaft geraten ist. Sollte sich letzteres
bewahrheiten und wäre seine Verwundung nicht zu ernster
Natur, so wäre das Schlimmste vorläufig noch nicht
zu befürchten. Möge der allwissende Gott im Himmel
dieses unheimliche Rätsel lösen, damit man wenigstens
wüßte, was mit ihm ist, denn schwer zu bedauern
ist erstens seine werte Frau, die in ihrem an und für
sich schon ernsten Umstand noch sich großen Jammer und
Sorge durchkämpfen muß, und zweitens meine lb.
hochbetagten Eltern, die zwar schon über manchen schweren
Schicksalsschlag hinweggehen mußten, doch über
einen derartigen doch noch nicht. Möge ihnen der liebe
Gott helfen, daß sie ihre körperlichen und geistigen
Kräfte behalten, um mitsorgen zu können, bis nach
dieser schweren Zeit wieder eine andere einsetzt, und alles
seinen normalen Fortgang wieder hat. Weiter können wir
uns nur auf Gott verlassen und uns trösten mit den Worten.
"Was Gott tut, das ist wohlgetan, es bleibt gerecht sein
Wille."
Zum Gottesdienst
zu gehen und zur Teilnahme am hl. Abendmahl haben wir, Gott
sei Dank, auch im Feindesland Gelegenheit genug. Am Karfreitag
war ich in Acheville in der Kirche und traf mit Zinner von
Dürrnfarrnbach zusammen. Es ist immer eine große
Freude, wenn zwei Kameraden aus einer Pfarrgemeinde gesund
und munter einander treffen. Enßner von Meiersberg ist
ebenfalls in Vimy und (wir) haben uns auch schon öfters
getroffen.
Nochmals bestens dankend schließe ich nun mein Schreiben
in bester Gesundheit, was ich auch von Ihnen und Ihrer wertgeschätzten
Familie hoffe. Weiter wünsche ich Ihnen, sowie der ganzen
Pfarrgemeinde Kirchfarrnbach ferneres glückliches Wohlergehen.
Hochachtungsvoll
Hans Löb.