Den 23 Juni 1915.
Sehr geehrter
Herr Pfarrer
Besten
Dank für den von Ihnen schon lange erhaltenen Brief,
befinde mich soeben in einer einsamen Höhle in dem Schützengraben,
da wir jetzt wieder auf 8 Tage in Stellung sind und gedenke
öfters auf so einsamen Wachposten an diejenigen in der
lieben Heimat und an diejenigen, die die Kriegszeit in der
Heimat in ihrem Familienkreis zubringen können für
glücklich schätzen, obwohl sie auch schwere Strapazen
mit der Arbeit durchzumachen haben, und auch wir können
unsren lieben Herrgott dankbar dafür sein, der uns bisher
so gnädig beschützt hat, obwohl wir oft schon öfters
auch schwere Stunden und Tage erlebt hauptsächlich in
unsrer alten Stellung bei Winterszeit. Gegenwärtig ist
es ja etwas besser und wollen auch fernerhin unser Lebensziel
alles unsern lieben Herrgott anheim stellen und auf ihn hoffen.
Vielleicht wird er doch bald die schon längst ersehnte
Friedenssonne bei uns wieder scheinen lassen.
Wir haben
jetzt wieder ungedienten Landsturm als Nachersatz bekommen,
was man freilich nicht geglaubt hätte, daß auch
die noch ins Feld kommen. Aber es ist bereits jeder einzelne
Mann berechnet um die vielen Feinde zu besiegen, die uns zum
Untergange drohen, doch die Hoffnung wollen wir nicht verlieren
und mit Gottes Hilfe könnte es doch gelingen, den siegreichen
Frieden wieder herzustellen, denn wir hätten es jetzt
alles genug und jeder sehnt sich wieder wenn es ihn von Gott
beschieden in seine Heimat gesund zu seiner Familie zurückzukehren.
Ich schließe
mein Schreiben in der Hoffnung, daß mein Brief in bester
Gesundheit ankommt wie er mich verläßt …
Herzlichste
Grüße an die ganze Familie
Hochachtungsvollst Hans Vogel
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