15. Februar 1916 Feldpostbrief von Nikolaus Reiß
 
 
 
 
 
 
 
 
     
 
         
   

Dus, den 15. Februar 1916

Sehr geehrter Herr Pfarrer.

Ihren werten Brief nebst evangelisches Familienblatt habe ich mit großer Freude erhalten. Wofür ich Ihnen sehr geehrter Herr Pfarrer meinen Herzlichsten mache. Geehrter Herr Pfarrer, wir sind schon seit 12. Dezember immer auf unserer alten Stellung, sind weit weg gekommen, habe jetzt die Adresse I Bayerische Ldw. Division Armee Korps Faltenhausen Bayr. Ldw. Inf. Regiment N.7. 2. Batterie 6. Komp.
Geehrter Herr Pfarrer, wir haben immer sehr schlechtes Wetter gehabt, sind oft 2 – 3 Tage nicht trocken geworden. Ich hab mich ganz ruiniert. Bin schon seit 3. Januar im Lazarett zu Dus. Habe Lungenentzündung gehabt, auch im Unterleib viel Schmerzen gehabt und jetzt hab ich es im Magen, welcher mir ausgepumpt worden ist. Auch hab ich immer große Sorge, da mir meine Frau schon öfters geschrieben hat, daß mein Kind, welches im Mai in die Schule gekommen ist, immer krank ist und nicht in die Schule kann, kann nichts essen und hat große Schmerzen, möchte immer ihren Vater. Geehrter Herr Pfarrer, ich verlasse mich auf meinen lieben Gott. Er wird alles zum Besten machen. Denn: - Was helfen uns die schweren Sorgen, was hilft uns unser Weh und Ach usw. Geehrter Herr Pfarrer, Sie fragen an, ob ich ein feststehendes Messer hab, leider nicht.
Sehr geehrter Herr Pfarrer, vielleicht ist es Gottes Wille, daß doch dieser schreckliche Krieg bald ein Ende nimmt und wir, wenn es sein Wille ist, wieder in unsere Heimat zu unseren Lieben zurückkehren dürfen. O wie fällt es mir die Sonntage oft schwer, daß ich nicht in die schönen Gottesdienste kann. Sehr geehrter Herr Pfarrer, ich mache nochmals meinen herzlichsten Dank und wünsche Ihnen sowie Ihrer ganzen Familie Gottes reichen Segen und wünsche Ihnen ferner Glück und Gesundheit auf allen Ihren Wegen.
Geehrter Herr Pfarrer, verzeihen Sie, daß ich so schlecht geschrieben, meine Hände sind noch sehr zittrig.
Es grüßt
Sie
Sehr geehrter Pfarrer
Vieltausendmal herzlich
Nikolaus Reiß
Leben Sie wohl in der lieben Heimat.

   
         
 
     
 
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