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Im Felde, den 5. Mai 1916.
Sehr geehrter
Herr Pfarrer!
Ostern
ist vorüber und es geht im Hoffen und Harren dem Pfingstfeste
entgegen. Ostern im Felde, auch für uns wars ein sehr
schöner Tag, nach wochenlangem Regen ein sehr schöner
warmer Frühlingstag. Beim Glockengeläute, keine
festlich gekleidete Menschen, keine fröhlichen Kinder,
nur Kanonendonner und Feldgraue, und trotzdem Feiertagsstimmung
– Frühlingsahnen.
Für uns war es ja ein Arbeitstag, doch hatten wir wieder
einmal Gelegenheit Gottes Wort zu hören. Um 12 Uhr hieß
es, ist Osterfeier für Protestanten auf dem Militärfriedhof.
Viele hundert Krieger füllten den durch Bäume beschatteten
Raum, im Hintergrund vor dem hohen Marmorkranz der Geistliche
im feldgrauen Waffenrock mit gelben Gamaschen. Nach dem Gesang
des Liedes: „Jesus meine Zuversicht:“ darauf die
Feier, darauf wieder der alltägliche Dienst, mit seinen
vielen Gefahren.
Doch neue Hoffnungen gingen mit uns wieder an die Arbeit,
denn der Trost und der Glaube wird stark, und wird uns erhalten,
Gott ist bei uns, ist mit uns, unter uns. Jesus lebt. Der
Tod ist verschlungen in den Sieg.
Wohl werden wir auch Pfingsten feiern und gar leicht wird
auch wieder Weihnachten in die Kriegszeit fallen, ob wirs
erleben, diese Frage ist uns stets vor Augen. Kann die alte
Friedenszeit wiederkehren? Doch legen wir unser Geschick in
Gottes Hand, sein Wille geschehe, hoffen wir daß unsere
Opfer nicht vergebens sind und wir daraus dauernden Frieden
der Nachwelt gewinnen, darum vorwärts mit Gott, der mit
uns ferner sein wird, wie er mit uns bisher gewesen ist.
So kann ich Ihnen mitteilen, dass sehr viele von unserm Dorf
in meiner Nähe sind, und ich schon viele getroffen habe,
ich gottlob immer gesund bin und es mir gut geht.
Möge
ein baldiger Friede uns die liebe teure Heimat sehen lassen.
Herzlichen
Gruß, auf Wiedersehen.
Ihr. Friedrich
Piereth |
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