Sehr geehrter
Herr Pfarrer!
Es tut
mir sehr leid, daß ich so lange nichts von mir habe
hören lassen können. Ich war sobald ich an Ort und
Stelle kam mit 60 Kameraden eingeteilt zur Reserve zum 3.
Batl. R.I.6 und mußten noch vor fast bis an die Stellung.
Wir konnten da bloß und frei nur die Adresse an unsere
Eltern schreiben. Von da an war die Post für die ganze
Division gesperrt, weil die Division abgelöst und nach
Rumänien verschoben wurde.Unser
Regiment wurde bataillonsweise abgelöst, so wurde das
3. Bataillon zuletzt bei welchem wir waren bis anfangs November,
da kamen wir neulich zum 2. Bataillon zur 5. Kompanie.
Am 5.
November mußten wir vorgehen ohne Tornister mit Sturmgepäck.
Wir waren immer Reserve in zweiter Stellung am 10. kamen wir
wieder in vorderste Stellung. Dieser Tag verlief außer
Artilleriefeuer ganz ruhig. In der Nacht wurden wir abgelöst
und mußten weiter marschieren bis an einen anderen Berg
auf welchem ich verwundet wurde. Es war am 11. November als
ich auf der Höhe 1327 verwundet wurde.
Ein Infanteriegeschoß
hat mir im linken Oberschenkel einen Fleischschuß und
am rechten Oberschenkel einen Knochenbruch beigebracht. Die
Kugel steckt noch im Oberschenkel und ich denke sie bleibt
drinnen.
Ich bin am 3.XII. operiert worden; da wurde mir ein Nagel
unterhalb des Knies eingeschnitten, welcher den Knochen im
Oberschenkel ausziehen muß. Der Knochen ist gespalten
und nicht direkt abgebrochen, dafür wird auch die Heilung
längere Zeit dauern. Die Wunden sind bis jetzt zugeheilt
und werden hoffentlich nicht mehr aufbrechen. Das Bein ist
aufgehängt und es zieht ein schweres Gewicht dran.
Sehr geehrter
Herr Pfarrer“
Erlaube
mir Ihnen mitzuteilen, daß ich am 22. von Ihnen einen
sehr wertvollen Brief erhalten habe. Sehr erfreut war ich
über das Trostblatt, auch der Weihnachtsgruß und
der Kalender von der Heimat bieten mir sehr große Freude.
Ich spreche Ihnen von Herzen meinen heimatverbindlichsten
Dank aus. Die Weihnachtsfeier bereitete und trotz Schmerzen
immer noch große Freude; denn in unserem Zimmer wurde
ein großer Christbaum aufgehängt und am Abend spielte
am Harmonium
Die Schulkinder haben in ungarischer Sprache Weihnachtslieder
gesungen. Ein katholischer Herr Pfarrer hielt eine Ansprache
auch in ungarischer Sprache. Hernach hielt ein protestantischer
Herr Pfarrer eine herzeindringende Predigt in deutscher Sprache.
Wie wohl wie glücklich fühlt man sich, wenn man
nach langer Zeit wieder eine deutsche Predigt hört. Dieser
Herr Pfarrer kommt öfters in das Lazarett und erkundigt
sich öfters nach den Protestanten.
Im Felde hatte ich auch einmal das Glück, einen Feldgottesdienst
anzuhören und habe auch da die Beichte empfangen und
das heilige Abendmahl genießen können.
Dieser
Geistliche war Herr Pfarrer Götz aus Tübach bei
Neustadt an der Aisch. In bin gesund und sehe mit Freuden
der Genesung entgegen. Es wird vielleicht Mitte Januar werden,
bis ich transportfähig werde und nach Deutschland komme.
Weil ich
mit einem Weihnachtsgruß verspätet bin gratuliere
ich Ihnen ein glücklich gesundes gesegnetes neues Jahr.
Indem
ich von Euer Hochwürden gerne ein Schreiben gewärtige,
bin ich mit dankergebener
Michael Schwab.