3. Januar 1917 Feldpostbrief von Karl Leibenzeder
 
 
 
 
 
 
 
 
     
 
         
   

Santes, 3. I. 17.

Sehr geehrter Herr Pfarrer!

Das Notenheft, das ich schon während unserer letzten Ruhe zurücksandte, wird wohl inzwischen angekommen sein und ich danke Ihnen für Ihre große Mühewaltung nochmals herzlichst. Wir konnten leider nicht alle die mir freundlichst zugeschickten Lieder singen, da auf Wunsch des Herrn Kompagnieführers auch das Volkslied zu seinem Recht kommen sollte. So sangen wir nur: „Stille Nacht“, „Es ist ein Reis entsprungen“ und „Wir treten zum Beten“.

Unser Kompagnieführer und Bataillonskommandeur hielten sehr schöne Ansprachen und bei Gesang, Musik- und komischen Vorträgen verlief der Abend des 20. Dezembers sehr unterhaltend. Das Erlangener „Rote Kreuz“ hatte reichlich Liebesgaben gesandt. Die Kompagnie selbst stiftete auch noch Zigarren und Zigaretten und Geldgeschenke. Das geringste Geldgeschenk betrug 3 Mark; es gab aber auch Geschenke bis zu 19 Mark. Unser Kompagnieführer Leutnant Düll erhielt als Weihnachtsgabe das „Eiserne I. Klasse“.

Nun noch eine Bitte, sehr geehrter Herr Pfarrer. Ich habe von vielen Schülern und Schülerinnen Neujahrskarten erhalten, die alle zu beantworten ich absolut keine Zeit habe, da wir während unserer Ruhe sehr strammen Dienst haben. Besichtigung steht bevor! Nun möchte ich mir erlauben, Sie, sehr geehrter Herr Pfarrer zu bitten, gelegentlich Ihres Unterrichts den sämtlichen Schulkindern sowie deren Eltern ein recht gesegnetes Neujahr in meinem Namen zu wünschen und allen denen, die in Liebe und Anhänglichkeit meiner gedachten, zu danken. Ich wünsche meiner lieben Schule recht gedeihlichen Fortschritt und bitte alle Schüler, durch Fleiß und Folgsamkeit nicht nur ihren Eltern, sondern auch mir Freude zu bereiten, bis dereinst nach Gottes Willen wieder selbst meine traute Schulstube betreten darf. Wie lange dies noch dauert – wer weiß es? Ich hoffe jedoch zuversichtlich, daß mich Gott wieder glücklich und gesund den Meinen und meinem Berufe zuführen wird. Wollen Sie also bitte meine Wünsche gnädigst übermitteln und seien Sie, sehr geehrter Herr Pfarrer, hiefür bestens bedankt.

Ihnen selbst aber und Ihren lieben Angehörigen nochmals recht viel Glück und Segen im neuen Jahre und die herzlichsten Grüße!
Ihr ergebenster
K. Leibenzeder.

   
         
 
     
 
zurück zum Feldpostverzeichnis