15. März 1917 Feldpostbrief von Karl Leibenzeder
 
 
 
 
 
 
 
 
     
 
         
   

Santes, 15. III. 17.

Sehr geehrter Herr Pfarrer!

Heute komme ich wieder mit einer Bitte zu Ihnen. Als wir das vorige mal in Ruhe waren, forderte mich mein Feldwebel auf, ihm sogleich die Adressen von 2 – 3 Vertrauenspersonen anzugeben, die über meine Verhältnisse ein Urteil abzugeben in der Lage seien, da ich für den nächsten Offizierskurs in Betracht käme. Da die ganze Angelegenheit sehr überraschend kam und aber so rasch erledigt werden mußte, nahm ich mir die Freiheit und gab, ohne Ihre vorherige Erlaubnis, Ihre werte Adresse an in der Annahme, daß Sie sich sicher der Beantwortung einer an Sie ergehenden diesbezüglichen Anfrage seitens der Kompagnie gern unterziehen wollen und ich bitte Sie, meiner Voreiligkeit mit der Dringlichkeit der Sache entschuldigen zu wollen. Für Ihre seinerzeitige Bemühung schon heute meinen herzlichsten Dank. Ich wußte mir niemand Besseren anzugeben als Sie und habe das Vertrauen zu Ihnen, daß Sie mir Ihre Unterstützung, soweit diese hier in Betracht kommt, nicht versagen wollen. Also nochmals im Voraus besten Dank!

Heute, Donnerstag, kamen wir wieder hieher auf 4 Tage in Ruhe. Meine gegenwärtige Funktion eines Gasschutz-Unteroffiziers hat das Gute, daß wir (jede Kompagnie hat einen Gasschutz-Unteroffizier) nach der Bereitschaft und Ruhe von jedem anderen Dienst befreit sind und ausschließlich Gasschutzdienst leisten. (Überwachung und Kontrolle der in der Kompagnie vorhandenen Gasschutzgeräte.) In Stellung dagegen stehen wir der Kompagnie zur Verfügung. In den kommenden Entscheidungskämpfen wird aller Wahrscheinlichkeit nach das Gas eine sehr wichtige Rolle spielen. Darum jetzt die vorsorgenden Maßnahmen! –

Eine kürzlich stattgefundene schneidige Patrouillen-Untersuchung durch die 21er stellte fest, daß unserer Division eine ganz neu aus England angekommene Division gegenüberliegt. Der Gegner scheint überhaupt seine Vorbereitungen sehr geheim zu treffen, um vielleicht dann einen überraschenden Hauptstoß zu führen. Gespannt sind wir ja alle sehr auf das „Wann“ und „Wo“. In diesen Tagen wurde ein unter der Uniform eines deutschen Artillerie-Majors verkappter englischer Spion festgenommen, der durch ein feindliches Flugzeug abgesetzt wurde und bereits Brieftauben aufsteigen ließ, direkt hinter unserer Front. Der „glückliche Gefreite“ bekam als „Lohn“ 500 Mark und 4 Wochen Urlaub.

Von dem Unglück oder besser gesagt Glück des Kollegen Weiß bei seinem Ausmarsch weiß ich bereits.- Krehn Georg - Dürrnfarrnbach traf ich schon 2 mal in Haubourdin; dort ist auch Löw – Kreben. Vom 7. – 13. III. war ich wegen Bronchitis und Kehlkopf-Katarrhs im Revier zu Fournes. Der behandelnde Arzt Stabsarzt Dr. Schneider sagte, daß er in Kirchfarrnbach bei Herrn Pfarrer Lauter seine schönsten Jugendjahre verbrachte. Seien Sie nun nebst all Ihren Lieben herzlichst gegrüßt
von Ihrem ergebenen
K. Leibenzeder.

   
         
 
     
 
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