Riedenburg, 10. September 1917.
Sehr geehrter
Herr Pfarrer!
Beifolgend
übersende ich Ihnen ein aus der Not der Zeit herausgewachsenes
Gesuch mit der Bitte um Unterstützung und dienstliche
Weiterleitung.
Wie man
hohenorts dazu kam, die dem Heeresdienst einverleibten Angestellten
einfach von der Beihilfe auszuschließen, ist mir unergründlich,
ist es doch eine alte Tatsache, daß es jedem Soldaten
ohne häusliche Unterstützung schlechter wie kümmerlich
geht.
Trotz
bescheidenster Lebensansprüche zahle ich hier jeden Tag
hübsch darauf und da darf ich noch froh sein, daß
ich etwas neues Geld bekomme. Dieses tägliche Aufgeld
verträgt sich aber mit unserer wegen Einberufung bedeutend
verringerten Einnahmen schlecht. Statt als Soldat erst recht
mit Unterstützung bedacht zu werden, wird hier noch entzogen,
der Nebenverdienst hebt sich von selbst auf und die Soldatenfamilie
mag sehen, wie sie sich durchschlägt, zumal jetzt und
mit meinem nackten Lehrergehalte. Nachdem ich nun 7 Monate
zugesehen habe und den Heeresdienst seinen Beamten aller Sparten
gegenüber mit vielen Kameraden so sehr im Nachteil bin,
siehe auch Teuerungszulagen ab 1. 10. 17, auch noch kein Kriegsende
abzusehen ist, schwang ich mich zum heutigen Gesuch mit der
Hoffnung auf sicheren Erfolg auf. Vielleicht befreit mich
die Kgl. Regierung auf Grund meiner bloßen Garnisonstauglichkeit
durch Reklamierung.
So dankbar
ich für meine hiesige Stellung in Bezug auf Kugelsicherheit
sein muß, so geistlos und unbefriedigend ist meine hiesige
Aufgabe, dabei sehr beschwerlich. Die vielen Berge, steinigen
Straßen, ständigen Radreparaturen ohne Material,
die auseinandergezogene Lage der Ortschaften im Bezirk, die
derben Bauern und die eigensinnigen Gefangenen (270) lassen
die Sehnsucht nach Hause gar oftmals stark werden. Mit dem
Erfolg meiner 2. Operation kann ich auch schon wieder nicht
mehr zufrieden sein. So lebt man halt weiter und läßt
sich von der Zeit so mitnehmen, schlecht und recht, beistimmend
und opponierend.
Hoffentlich
befinden Sie sich und Ihre ganze Familie recht wohl und gesund.
Meine Leute sind zur Zeit in Sauernheim(?). Lehrer Krauß
und Hus. schreiben mir ab und zu. Hitz in Hirschneuses sollen
aufs neue schwer heimgesucht worden sein. Vielleicht kommen
doch noch in diesem Jahre die blutigen Waffen zur Ruhe über
Rußland. Frau Lehrer Leibenzeder wird sich auch schon
rüsten.
Trotz
allen Jammers gilt es für die Deutschen den Kopf hoch
zu halten, dann wird Gott auch weiterhelfen wie bisher und
alles zum guten Ende führen. In starker Zukunftshoffung
dankt Ihnen und grüßt Sie freundlichst nebst werter
Familie
Ihr Lehrer Jakob Weiß.
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