Bis die
Männer sich vom ersten Schrecken erholen, ist schon eine
gute Weile vergangen. Dann aber gibt es lautstarken Protest.
Zwar nur von einer Minderheit der Männer, die aber fühlt
sich verpflichtet für die schweigende Mehrheit zu sprechen.
Das hat es noch nie gegeben, drum darf es das heute auch nicht
geben, so sagt man. An Fest- und Feiertagen zusammen mit dem
Ehemann, ja da durften die Frauen schon mal ins Wirtshaus.
Aber so allein? Und nach der Bibelstunde?
Ein paar
Männer kriegen sich an diesem ersten Abend gar nicht
mehr ein. Dass den Frauen an diesem Abend die Lust auf das
Wirtshaus nicht ein für allemal vergangen ist, verdanken
sie außer ihrer eigenen Courage auch ihren Ehemännern.
Die haben nämlich ganz normal reagiert. Weil sie nicht
davon überzeugt sind, dass sie das Wirtshaus für
sich alleine gepachtet haben. Der Schreiner, der jeden zweiten
Abend zu irgendeiner Vereins- oder Parteiveranstaltung unterwegs
ist, gönnt seiner Frau den Stammtisch. Warum soll sie
immer zu Hause hocken und nur auf ihn warten, wenn er dauernd
auf Achse ist. Die anderen Ehemänner denken ähnlich.
Das Recht, das sie doch selbstverständlich für sich
in Anspruch nehmen, sich abends auf ein Bierchen zusammen
zu setzen, das machen sie ihren Frauen nicht streitig.
Der Stammtisch wird zur festen Einrichtung
Zu
der Handvoll Gründerfrauen gesellen sich noch ein paar
andere mutige. Und weil das, was eigentlich nicht geht, doch
geht, legt sich im Wirtshaus auch bald die Aufregung. Heute
bleiben die Frauen meist ungestört, wenn sie das wünschen.
Und nur noch selten kommt es vor, dass ein Mann empört
das Wirtshaus verlässt, weil die Frauen jetzt hier Einzug
halten.
Die Frauen
haben sich nicht allen Wirtshaussitten angepasst. Das Spiel
der Männer, sich gegenseitig unter den Tisch zu saufen,
das spielen sie nicht mit. Sie bestellen das, worauf sie Lust
haben, und trinken nur so viel, wie sie Durst haben. Es kommt
selten vor, dass eine Frau alleine ihren Maßkrug stemmt.
Meist wird eine Radlermaß, das ist ein Gemisch aus Bier
und Limonade für den ganzen Tisch bestellt. Die Maß
macht dann die Runde, alle trinken aus demselben Krug.
Man prostet sich zu
Manchmal
unterhalten sich die Frauen mit den Männern im Wirtshaus.
Da spendiert auch manchmal einer der Herren eine Runde. Man
prostet sich zu. Wenn dann aber die lustige Stimmung ins Aggressive
umzuschlagen droht, ziehen sich die Frauen zurück. Streit
mit den Männern gehen sie immer aus dem Weg.
Einmal
haben die Frauen um des lieben Friedens Willen eine riesige
Schlachtplatte verzehrt, obwohl keine von ihnen Hunger hatte.
Und das kam so:
Die Männer
drinnen haben die Frauen draußen schon lachen hören.
Und weil es schon mal vorkommt, dass die Frauen am Stammtisch
Brotzeit halten haben die Männer den Wirt gerufen: „Die
Weiber kommen, jetzt musst Du was zu Essen machen!“
Der Wirt, schon ein wenig angeheitert, hat gar nicht erst
die Bestellung der Frauen abgewartet, sondern die Wurstplatte
der erstaunten Runde gleich vorserviert. „Wir mussten
das essen“, erzählten die Frauen, „sonst
wäre der Wirt beleidigt gewesen.“ Mit dem Wirt
legen sich die Frauen am wenigsten an. Der hat aber noch nie
etwas gegen die Frauen am Stammtisch gesagt.
Nur einmal
aus Übermut und guter Laune haben die Frauen den Wirt
beinahe verärgert. Da hat er sich über seine Frisur
beklagt und erzählt, er hätte sich heute eigentlich
die Haare schneiden lassen wollen. Die Frauen lachten und
meinten, Haare schneiden, das könnten sie auch. Dafür
bräuchte der Wirt doch nicht zum Friseur gehen. Sie würden
ihm die schickste Frisur vom ganzen Dorf zaubern, wenn er
nur wollte. Die Frauen wollten dabei den Wirt nur ein wenig
auf den Arm nehmen. Sie dachten im Ernst gar nicht dran, den
Wirt zu frisieren.