Für
die Männer einen eigenen Männerabend
Es gibt
im 700-Seelendorf die Bibelstunde, dazu kommen nur die Frauen.
Ein Mann hat sich dort, trotz wiederholter Einladung, noch
nicht blicken lassen. Inzwischen gibt es aber für die
Männer, die bisher ihre Abende, wenn nicht zu Hause,
sondern nur im Wirtshaus verbracht haben, einen eigenen Männerabend,
von der Kirche eingerichtet. Und dorthin gehen nun die Männer.
Der Pfarrer,
der zuvor auf mehr Gemeinschaft zwischen Frauen und Männern
gesetzt hat, ist gar nicht unglücklich über diese
Entwicklung. Die Frauen reden mehr und offener, wenn sie untereinander
sind und bei den Männern ist es ähnlich. Auch wenn
Mann und Frau zu Hause den kleine Hof bewirtschaften, ist
es nicht so, dass sie nur die gleichen Sorgen und Interessen
haben.
Die meisten
Männer fahren früh zur Arbeit weg, kommen erst am
Abend wieder, während die Frauen tagsüber den Hof
und das Haus alleine versorgen. Das sind ganz unterschiedliche
Lebensformen von Frau und Mann in ein und demselben Haus.
Und darum ist es den Frauen und Männern im Dorf auch
recht, dass die Kirche ihnen jeweils eigene Gesprächsgruppen
bietet.
Von den
mutigen Frauen, die das Wirtshaus für sich erobert haben,
hat keine Interesse daran, den Männerabend der Kirche
zu stürmen. Die Frauen gönnen den Männern ihren
Abend wie die Männer den Frauen seit Jahr und Tag ihre
Bibelstunde gegönnt haben. Aber das Wirtshaus überlassen
die Frauen den Männern nicht wieder. Von der Maßkrug
stemmenden Männermacht, wie sie den Frauen im Dorf seit
Jahrhunderten vorexerziert worden ist, lassen sie sich nicht
mehr so leicht etwas vormachen. Aus dem Gastrecht der Frauen
im Wirtshaus ist so etwas wie ein Hausrecht geworden.
Noch hat
das in den Dörfern der Umgebung nicht Schule gemacht.
Aber in Kirchfarrnbach selbst ist der Frauenstammtisch nach
drei Jahren nun schon fast zur Tradition geworden. Wenn die
Frauenrunde im Wirtshaus so richtig in Fahrt gerät, wenn
die Bibel zwar nicht vergessen, aber doch ein wenig in den
Hintergrund gerückt ist, dann verschlägt es den
Männern immer noch manchmal die Sprache. Nicht, weil
die Frauen so sehr lose Reden führen, sondern, weil die
Männer fürchten etwas zu verpassen, wenn sie nicht
alles mitkriegen, was am Frauentisch gesprochen wird. Es könnte
ja über Männer gesprochen werden. Wer weiß?
Zu schade, wenn es sich da doch nicht gelohnt hat, die Ohren
zu spitzen und selbst verstummt zu sein. Der eine oder andere
Mann übertönt dann das peinliche Schweigen an seinem
Tisch und erzählt: Die Frauen haben zu Hause ja nichts
zu sagen, da müssen sie eben jetzt ihren Mund weit aufreißen.
Von den
Frauen erntet so ein tapferer Held nur müdes Gelächter.
Sie lassen sich von solchen Männerkommentaren nicht mehr
aus ihrer Ruhe und aus der Stimmung bringen.
Aber
daran waren nicht die Frauen schuld, nur das Bier
Dass die
Frauen eines Tages die Männer ganz aus dem Wirtshaus
vertreiben könnten, das befürchtet niemand im Dorf.
Es ist schließlich erst ein einziges Mal vorgekommen,
dass alle Männer das Wirtshaus verlassen haben, während
die Frauen dort alleine geblieben sind. Aber daran waren nicht
die Frauen schuld, nur das Bier.
Die Frauenrunde
war guter Stimmung, hat sich nach der ersten Radlermaß
noch eine zweite bestellen wollen. Doch der Wirt schien nicht
zu hören. So peinlich es ihm war, er musste schließlich
passen. Es war kein Bier mehr im Haus.