Kirchliche Kriegschronik der Pfarrei Kirchfarrnbach 1914 - 1918, 1923
gefertigt von Pfarrer Dietzfelbinger
Teil 1

 
 
 

1. Besondere kirchliche Veranstaltungen

Es war der 31. Juli 1914; auch dieser Tag führte den Verfasser nach Wilhermsdorf, um dort die neuesten Nachrichten zu erfahren. „Wie steht’s, Herr Pfarrer?" so hörte er sich auf dem Rückweg in der Nähe Dürrnfarrnbachs angerufen. „Wieder etwas schlechter; Russland hat die allgemeine Mobilmachung angeordnet", war die Antwort. „Hier lesen Sie selbst das Neueste." Feuchten Auges nahm der Bauer, dessen beide Söhne militärpflichtig waren, das dargereichte Zeitungsblatt in die Hand und las. „Gottlob, dass wir ein tüchtiges Heer haben; wie nötig war doch die Wehrvorlage; nun sieht man, dass das Geld für diesen Zweck nicht umsonst war." „Noch mehr hätte man zahlen müssen", mischte sich die Bäuerin in das Gespräch. - Merkwürdig - die Genannten hatten als die Höchstbesteuerten einen bedeutenden Wehrbeitrag zu entrichten.

Der Abend brachte die Verhängung des Kriegszustandes. Erregt eilten die Leute aus den Häusern, als zu so ungewohnter Zeit die Gemeindeglocke erscholl; alle erkannten den Ernst der Lage.

Vierundzwanzig Stunden später - am Abend des 1. August - es war ein Samstag, erfolgte der Mobilisierungsbefehl; tiefer Ernst
prägte sich in den Mienen aus. In vielen Augen standen die Tränen.


a Die Gottesdienste nach der Kriegserklärung und am allgemeinen Buß- und Bettag (2. u. 9. Aug.)

Am folgenden Sonntag (8. n. Trinit.) hatte der Chronist im Filial Hirschneuses zu predigen; der vorgeschriebene Text war Apgsch.16.16-32. Die betreffende Predigt wurde nicht gehalten; soweit die Zeit reichte, wurde eine Predigt über Psalm 46 entworfen; ebenso wurde für Sonntag Nachmittag ein Uhr in Kirchfarrnbach, wo sonst an den Filialtagen kein Gottesdienst stattfindet, Predigtgottesdienst angesetzt. Hier wie dort war die zahlreich versammelte Gemeinde tief bewegt.

Gleiches gilt von der Feier des am darauffolgenden Sonntag dem 9. August veranstalteten Buß- und Bettags mit dem Predigttext Jer. 9.22-23. Wie andernorts so wirkte auch in der hiesigen Gemeinde die Kriegsnot auf die Gemeinde ein und verursachte eine unverkennbare anhaltende Steigerung des Besuchs der sonntäglichen Gottesdienste sowohl am Vor- wie Nachmittag.


b Kirchliche Verabschiedung der abrückenden Soldaten und seelsorgerlicher Verkehr mit ihnen während des Feldzuges (Briefe, Sonntagsblätter etc.)

Die Anordnung von Abendmahlsfeiern zur kirchlichen Verabschiedung der abrückenden Soldaten in der ersten Kriegswoche kam einem allgemeinen Bedürfnis entgegen. Meist nahmen auch die Frauen der betroffenen Kriegsteilnehmer, welchen der Chronist bei der Feier des heiligen Abendmahls die Hand zum Abschied reichte, an der Feier teil. Auch von anderen Gemeindegliedern wurden diese Gottesdienste besucht.

a. Kirchfarrnbach
d. 4.Aug. = 38 Kommk. 20 männl. 18 weibl.
d. 5.Aug. = 32 Kommk. 21 männl. 11 weibl.
d. 9.Aug. = 15 Kommk. 8 männl. 7 weibl.
b. Hirschneuses
d. 7.Aug. = 17 Kommk. 10 männl. 7 weibl.
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i.S. = 102 Kommk. 59 männl. 43 weibl.

Unter den Kommunikanten befanden sich auch einige Rekruten des Jahrgangs 1914. Etliche Kriegsteilnehmer, die später als Leichtverwundete in der Heimat weilten, empfingen bei den üblichen Herbstbeichten das heilige Abendmahl.

In der Folgezeit entwickelte sich zwischen Soldaten und Geistlichen ein reger Briefwechsel. Jeder Gruß aus dem Feld wurde erwidert, zunächst mit einem Brief, sodann mit Karten. Das seelsorgerliche Moment wurde nirgends außer Acht gelassen. Als Karten wurden solche mit Spruchvordruck aus dem Verlag des Rauhen Hauses verwendet. Auch mit den in der Garnison Weilenden wurde korrespondiert. Einzelne Feldzugssoldaten abonnierten auch das bayerische Sonntagsblatt. Die Abonnenten in der Heimat wurden von der Kanzel aus ermahnt, den Ihrigen das Sonntagsblatt ins Feld nachzusenden. Auch neue Testamenti wurden begehrt. Bei Gelegenheit wurden auch Blätter wie das bayerische Diasporablatt oder Flugblätter des Vereins für innere Mission übersandt, ebenso erhielt jeder Soldat Gebetslieder als Mitgabe in den Feldzug bzw. das Feldgebetbüchlein für Soldaten sowie zu Weihnachten 1914 "Im Krieg" Gruß aus der Heimat aus dem Verlag von Perschmann in Würzburg. Alle Sachreichen und Gaben wurden stets mit großem Dank entgegengenommen, der namentlich bei den zahlreichen Besuchen zum Ausdruck kam, mit welchen der Chronist durch Feldurlauber erfreut wurde; kaum dass es einer versäumt hätte, sich während des Urlaubs im Pfarrhause sehen zu lassen.

 
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