Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges im Gebiete des Schulverbandes Wilhermsdorf Band II: Gemeinde Dippoldsberg mit Ortsteil Meiersberg
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
(aus: Fürther Heimatblätter, 1978/3)

Teil 1
 
 

Die Kriegsjahre 1939 - 1945 in Dippoldsberg und Meiersberg

Es gab unter der Bevölkerung dieser Ortschaften niemanden, der vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 begeistert gewesen wäre, vielmehr blickte man den kommenden Ereignissen mit Ernst entgegen, jedoch - auch das darf gesagt werden - glaubte wohl keiner der Bewohner dieser beiden Ortschaften, die damals noch die Gemeinde Dippoldsberg verkörperten und heute als Ortsteile der Marktgemeinde Wilhermsdorf angehören, daran, dass dieser Krieg ein solches Ende nehmen würde. Ein Ende, das in keinem Vergleich zu dem des Ersten Weltkrieges stand.

Mit Beginn dieses so unseligen Krieges veränderte sich das Leben in den beiden ländlichen Ortschaften fast schlagartig; denn die meisten wehrfähigen Männer mussten von ihren Höfen und Arbeitsstellen weg, um als Soldaten ihren schweren Dienst zu erfüllen.

So blieb die Einbringung der ausstehenden Kartoffelernte den daheimgebliebenen Frauen, alten Männern und Kindern. Es war für diese eine schwere Zeit; denn damals gab es ja nur wenige Bauernhöfe in Mittelfranken, die sich bei diesen Erntearbeiten der Maschine bedienen konnten. Erst der kalte Winter 1939/40 brachte etwas Ruhe in die Betriebsamkeit der Höfe.

Längst hatte man sich schon an die Unbill der Lebensmittelrationierung, die ja für alle Deutsche in den ersten Kriegsmonaten keine große Belastung darstellte, gewöhnt, zumal die Einwohner Meiersbergs und Dippoldsbergs meist doch - im Gegensatz zu der Stadtbevölkerung, welche der Gruppe der "Normalverbraucher" angehörte - zur Kategorie der "Selbstversorger" gezählt wurden. Dies bedeutete, dass für die meisten Grundnahrungsmittel - wie Fleisch, Mehl, Eier, Fett - da man sie ja selbst auf dem Hofe erzeugte, keine Lebensmittelkarten ausgegeben wurden und dass die Zuteilung und die Errechnung einer den Stadtbewohnern adäquaten Ration, nie genau durchgeführt werden konnte. Allerdings, monatlich an einem bestimmten Tag, mussten für jede Person, die im Bereich der Gemeinde Dippolsberg lebte, beim Bürgermeister der Gemeinde, der damals in Meiersberg wohnte, die Lebensmittelkarten für "Selbstversorger" abgeholt werden.

Die Erzeugnisse der Landwirte wurden vom Landratsamt Neustadt a. d. Aisch erfasst und die abgabepflichtigen Produkte, u.a. Eier, Getreide, Schlachtvieh, abgeholt oder mussten abgeliefert werden. So zum Beispiel wurden die abgabepflichtigen Eier von Frau Heinlein eingesammelt und beim Ortsgruppenleiter in Wilhermsdorf abgegeben. Der Großhändler Ringel von Nürnberg holte sie dort ab, damit sie dann über den Handel den Normalverbrauchern oder der Wehrmacht zugeführt werden konnten.

Auch daran musste man sich in den ersten Kriegsmonaten gewöhnen, dass plötzlich Viehzählungen und Überprüfungen der Bestände von Getreide, Kartoffeln oder Zuckerrüben vorgenommen wurden.

Nun, die Dauer des Krieges und die damit verbundene, zunehmend angespanntere Ernährungslage des deutschen Volkes brachte es mit sich, dass man mit einigem Geschick die Auswirkungen der "Beständeerfassungen" etwas mildern konnte. Auch das von der Regierung erlassene Verbot von "Schwarzschlachtungen" konnte da und dort eine solche nicht verhindern. War das der Bevölkerung zu verübeln, wenn sie, um Leitseil, ein Kuhgeschirr oder - um nur einige Beispiele aufzuführen - ein Fahrrad benötigte, doch "unter dem Ladentisch" diese notwendigen Stücke gegen Naturalien eintauschen musste? Nein, unter den gegebenen Umständen und unter dem Zwange des Selbsterhaltungstriebes war diese Handlungsweise durchaus verständlich.

Besser wurden die Zeiten für die überlasteten Bauersfrauen, die ja unter dem Stress der ständig noch von ihr fordernden Kriegszeiten eine immense Arbeitskraft einsetzten alles erschwert unter der Sorge um die im Felde stehenden Lieben - erst nach den Erfolgen der deutschen Wehrmacht in diesem Kriege.

Nach der Niederringung Polens, Norwegens und Frankreichs, nach der siegreichen Beendigung des Balkanfeldzuges und dem siegreichen Vorgehen der deutschen Soldaten in der UdSSR, wurde ihr, der überlasteten Bauersfrau, Erleichterung ihres Daseins insofern zuteil, dass Kriegsgefangene aus Polen, Frankreich, Jugoslawien oder Fremdarbeiter und -arbeiterinnen aus den besetzten Ostgebieten - im wesentlichen aus der Ukraine und Polen - als Arbeitskräfte auf den Höfen eingesetzt wurden. Viele von ihnen waren keine "Landwirte", so mussten sie sich - auch unter persönlichen Überwindungen, ja auch durch Begeben auf einen wesentlichen niedrigeren Lebensstandard als man in der Heimat, z. B. Frankreich, gewöhnt war - an die Arbeit eines Landwirts gewöhnen. Allerdings gelang dies fast immer rasch und gut, dank der Aufgeschlossenheit unserer ländlichen Bevölkerung, die weit weg - in diesem Falle - von einem "Freund-Feind-Denken" war. Sicherlich brachte die Beschäftigung von Kriegsgefangenen und männlichen Fremdarbeitern auf den Bauernhöfen menschliche Probleme mit sich; trotz allem waren sie eine echte Arbeitshilfe für die überlasteten Bauersfrauen.

Nun, die Arbeit auf den Feldern, also - um mit einem Slogan der damaligen Herrscher zu sprechen - die Erfolge des Kampfes in der "Erzeugungsschlacht" wurde mit Hilfe der fremden Arbeitskräfte erzielt.

Der Beginn des Krieges brachte auch auf dem Gebiete des Luftschutzes, der Luftverteidigung einige Veränderungen. Im wesentlichen die totale Verdunkelung und die Vorbereitung der Schutzräume. Lagen unsere beiden Ortschaften auch nicht im Bereich echter militärischer Ziele und war die Wahrscheinlichkeit eines feindlichen Luftangriffes auf Meiersberg und Dippolsberg nicht gegeben, so erinnerte sich seit 1941, spätestens mit der Zunahme der britischen Luftangriffe auf Städte und Dörfer des Deutschen Reiches, auch die Bevölkerung unseres Gebietes an den Ernst der Lage, zumal Luftalarm im zunehmenden Maße auch hier gegeben wurde. Seit 1942 konnten die Bewohner der Gemeinde Dippoldsberg des öfteren den Feuerschein der durch Luftangriffe der Royal-Airforces auf Nürnberg entstandenen Feuersbrünste am nächtlichen Himmel sehen, und nicht selten überflogen - wohl für manchen Bangigkeit hervorrufend - die Pulks der alliierten Bomberverbände Meiersberg und Dippoldsberg.

So wurde in den Jahren des Krieges das Leben der Bevölkerung zunehmend von den Ereignissen des Krieges geprägt. Besonders tief griffen die Todesmeldungen von den Kriegsschauplätzen in das Leben der ländlichen Bevölkerung ein.

Im Oktober 1944, mit der Schaffung des "Deutschen Volkssturms" und der Erfassung der männlichen Bevölkerung zwischen 16 und 60 Jahren, war es dann soweit, dass man das Katastrophale des Endes vorausahnte, aber im Allgemeinen nicht glauben konnte und vielleicht auch nicht glauben wollte.

Im März 1945, als die Front sich mit unheimlicher Schnelligkeit der fränkischen Heimat näherte, wusste man, dass alle Tapferkeit und Aufopferung vergeblich und das Ende auch für die Gemeinde Dippoldsberg in absehbarer Zeit zu erwarten war.

Der Blutzoll, den die kleine Gemeinde in diesem Zweiten Weltkrieg entrichten musste, war ungeheuer.

So fielen aus Meiersberg:

Braunbeck Hans
Brendel Leonhard
Reiß Johann (Todesanzeige)
Wedel Georg
Weißfloch Georg
Zeilinger Georg
Ringler Georg (vermisst)


Aus Dippoldsberg:

Brunner Fritz
Brunner Peter
Fischer Hans
Ginser Georg
Lehrer Reiß

Die davon betroffenen Familien mögen sich gefragt haben: "Warum? Wofür?"

 
 
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