Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges im Gebiete des Schulverbandes Wilhermsdorf Band II: Gemeinde Dippoldsberg mit Ortsteil Meiersberg
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 7
 
 

Sicherlich, beisammen waren die Familien der Dippoldsberger Bürger nur, viele durften in dieser Nacht nicht in ihren Wohnungen nächtigen; denn die US-Truppen machten hier, wie in Meiersberg "Nachtquartier". Für die Bewohner der Höfe bedeutete dies, den Hof nicht betreten zu dürfen. Dies war hart, aber in Bezug auf die militärische Lage verständlich.

Auf die Frage: Wurde Ihr Anwesen/Wohnung von den Amerikanern besetzt und mit Truppen belegt, antworteten:

Dok. Nr. 81: „ja, einen Tag (16. auf 17. April 1945)."
Dok. Nr. 83: „ja, vom 16. 4. 1945, 17.00 Uhr bis 17. 4. 1945, 11 Uhr."
Dok. Nr. 84: „ja, eine Nacht. Sie verhielten sich den Umständen entsprechend korrekt. Dies geschah am 16. April 1945 um 17 Uhr. Es war dies die Hauptkampftruppe der Amerikaner, die am nächsten Morgen nach Dürrnfarrnbach vorstieß (17. April 1045)."
Dok. Nr. 87 „ja. die Truppen verhielten sich den Bewohnern gegenüber ohne Beanstandung."
Dok. Nr. 88: „Ja, es war dies die erste Nacht. Die Amis durchwühlten das ganze Haus, nahmen nichts mit."
Dok. Nr. 89: „Ja, eine Nacht. Wir mussten jene Nacht (16./17. 4. 1945) bei den Nachbarn schlafen."
Dok. Nr. 90: "Ja, während der Nacht; 5 Personen fanden Quartier, sie waren uns nicht feindlich gesinnt."
Dok. Nr. 91: „Ja, die Nacht vom 16. auf den 17. April 1945"
Dok. Nr. 92: "Ja, es war die Nacht vom 16./17. April 1945. Die Truppe bestand aus 32 Mann; sie verhielten sich anständig."
Nur Dok. Nr. 94 verneint eine Belegung seines Gebäudes durch US-Truppen.

Dass solch eine Besetzung für den Besitzer nicht immer angenehm war, darüber sollen nur zwei Beispiele Auskunft geben (69):

"Am 16. April 1945 abends mussten wir unseren Betrieb eine Nacht den Amerikanern als Unterkunft überlassen. Unser Vieh mussten diesen Tag eine Russin und ein Pole, die bei uns beschäftigt waren, füttern. Wir Deutschen wurden von den Amerikanern angewiesen bei einem Nachbarn zu bleiben. Er bekam dafür keine Einquartierung. Ich glaube, dass dies eine Vorsichtsmaßnahme des feindlichen Hauptmanns war, denn in unserem Hofe waren 150 bis 200 Soldaten mit ihren Fahrzeugen.

Da in den letzten drei Wochen vor der Besetzung durch den Feind keine Eier mehr abgeliefert wurden, konnten die Soldaten diese essen. Was sie auch von abends bis in der Frühe, bis zum Abzug, reichlich taten. Nach dem Abzug fehlte in meinem Betrieb, mit Ausnahme der Eier und eines Sofakissens, nichts.

Wir verbrachten die Nacht vom 16. auf den 17. April 1945 im Keller meines Nachbarn. Den Hof konnten und durften wir erst wieder betreten, nachdem die Amerikaner abgezogen waren."

Dok. Nr. 93 erzählt über die Einquartierung (70): "Unser Vieh musste unser Nachbar Emmert versorgen, denn wir mussten wieder in den Keller (beim Nachbarn Weißkopf); denn in unserem Haus quartierten sich die Amis ein. Dort mussten wir die Nacht vom 16. auf den 17. April 1945 (von 19 Uhr bis 7 Uhr) verbringen."

In dieser Nacht wurden die Dippoldsberger Bürger zum ersten Male mit der von nun an in allen besetzten amerikanischen Gebieten eingeführten "Ausgangssperre bei Nacht" konfrontiert. Lautete sie noch im Herbst für die Zeiten von 20 Uhr abends bis 6 Uhr morgens und wurde erst im Laufe des Jahres 1946 abgebaut, so galt sie für die erste Nacht nach der Besetzung für Dippoldsberg von 19 Uhr bis 5 Uhr, oder bis 7 Uhr.

Wie die erste Nacht nach der Besetzung verlief, hier einige Stimmen.

Dok. Nr. 87: "... 19 Uhr bis 5 Uhr. Wir durften nicht in unser Anwesen, weil verwundete Amerikaner im Haus behandelt wurden."

Dok. Nr. 89: "Die Nacht über durfte man sich nicht sehen lassen."

Dok. Nr. 92: "... Wir wurden am Abend des 16. April 1945 in den Keller unseres Nachbarn Weißkopf geschickt und durften diesen von abends 19 Uhr bis morgens 7 Uhr nicht verlassen. Während der Nacht kam eine Kontrolle, die sich versicherte, dass wir noch da seien."

Trotz aller Widerwärtigkeiten in dieser Nacht, sie verlief für die Bewohner Dippoldsbergs ohne Gefährdung an Leib und Leben; denn auch hier benahmen sich die US-Truppen den Umständen entsprechend der Zivilbevölkerung gegenüber korrekt.

Als nun der Morgen des 17. April 1945 anbrach, rückten die US-Truppen, die am Vortage überwiegend über Adelsdorf kommend Dippoldsberg erreicht hatten, in Richtung Dürrnfarrnbach ab und somit konnten die Dippoldsberger ihre Höfe wieder beziehen, was natürlich nicht immer ohne Überraschung verlief So mussten m. E. im Anwesen Haus-Nr. 24 US-Truppen, die aus Städtern sich rekrutierten, übernachtet haben; denn sonst könnte Dok. Nr. 93 nicht folgendes aussagen (71): "Als wir dann am 17. April in der Frühe unser Anwesen wieder erreichten, sah es im Hause wie in einem Schlachthaus aus. Zum Abendbrot gab es bei den Amis - so hatte es den Anschein - Hühner. Diese schienen die Soldaten aber nicht, so wie wir, gebrüht und dann gerupft zu haben, sondern vielmehr haben sie die Hühner geschlachtet und dann wie Hasen abgezogen.

In den Zimmern standen Geschirr, ein Eimer mit Fett und ein Korb mit Eierschalen umher. Die von uns bereitgestellte Verpflegung für die deutschen Soldaten hatten die Amerikaner nicht angerührt. So konnten sich diese Verpflegung die Ausgebombten aus Nürnberg unter sich verteilen.

Die Panzerfäuste und die Munition, sowie alle Waffen holten die Amerikaner einige Tage nach der Besetzung ab."

Der Krieg war für die Bewohner der Gemeinde Dippoldsberg am 17. April 1945 mit dem Abzug der amerikanischen Fronttruppen vorbei. Die Not jedoch, die Angst um die Lieben an der Front und um die weitere Zukunft saß weiterhin jedem im Nacken.

Wie wird es weitergehen?, das war die Frage, die erst die Zukunft beantworten konnte.

Vorläufig hatte jeder Tag für die Bevölkerung unserer Gemeinde seine besonderen Mühen und Plagen. Wenn es auch durch die Fremdarbeiter in der Folgezeit zu keinen größeren Übergriffen kam; denn diese zogen meistens auswärts, hauptsächlich nach Langenzenn zum Plündern, wie Dok. Nr. 84 aussagt, so war es doch für alle Bewohner der Gemeinde Dippoldsberg eine bange Zeit, die nach der Besetzung anbrach.

Erst der Herbst 1945 brachte eine einigermaßen den Umständen entsprechende Konsolidierung der Lebensbedingungen.

 
 
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