Mein treuer Weggesell
 
         
 

Wie aus des Berges Grunde
sprudelt der Jungfernquell,
so ist er mir geworden
ein treuer Weggesell.
Die Wasserwellen treiben
wie ohne Rast und Ruh'
und ohne zu verweilen
dem fernen Meere zu.

Dem Wasser gleich geworden
ist uns're Lebensbahn.
So treibt die Zeit uns weiter
und niemals hält sie an.
Wir kennen nicht die Ziele
von unsrer Lebensfahrt,
ob eines oder vieles
auf unser Wirken harrt.

Wir kennen nur die Heimat,
aus der wir kommen her,
wir kennen nicht die Wegfahrt,
nur in der Fern das Meer.
Dazwischen ist das Leben
uns selber anvertraut,
an dem zu vielen Teilen
die Heimat mitgebaut.

 

So bin ich einst gegangen
durchs Dorf, das Tal entlang.
Noch immer hör ich klingen
der Heimatglocken Klang.
Im Talgrund noch die Quellen,
die sprudeln immerzu,
noch immer murmeln Wellen
dem fernen Meere zu.

Und jetzt im Alter kehr' ich
wieder bei dir ein.
Für alls, was du gewesen,
ich will dir dankbar sein.
Du hast mich ja begleitet
ein ganzes Leben lang,
will vor der Welt dir sagen
meines Herzens Dank.

So kehre ich jetzt wieder
hin zum Jungfernquell.
Ich beug' mich zu ihm nieder:
"Mein treuer Weggesell!"
Ich hör die Eichen rauschen
wie in der Jugendzeit.
Die Jahre sind vergangen
hin in die Ewigkeit.

 


 
     
Georg Enzner
 
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