Protokoll vom 13. August 1854
 
     
 
         
    [Ad Protokoll vom 13 Aug. 1854]
Wie Jedermann weiß, besitzt der Pfarrer sowohl eine Wiese ganz nahe an die Wohnung des Müllerm. Pfettner stoßend, in welcher das ganze Jahr hindurch die Hüner und Enten desselben das Gras niedertreten, u. Schaden bringen, sondern auch einen Acker mit Waizen, in welchem die Tauben, Hüner u. Enten den ganzen Tag hausen und, wie bekannt ist, großen Verlust an Körnern zufügen. Mein Sohn suchte sie durch Schreckschüsse aus einem kleinen Terzerol zu verscheuchen; was Niemanden einen Schaden bringt, auch dem Müllerm: nicht. Demungeachtet hat aber Müllermeister Pfettner meinen Sohn bei den Gensdarmen angezeigt, der ihm das Schießen verbot, so daß also mein Waizen ganz u. gar dem Geflügel des Müllerm. Preis gegeben wäre, der die Hüner durch seine Kinder aus seinem eigenen Waizenacker heraustreiben lässt, die dann auf meinem Acker Nahrung suchen. Nun aber halte ich meinen Waizenacker nicht für das Geflügel Anderer, und weil man es nicht mehr daraus mit Schreckschüssen vertreiben darf, es aber ausdrückliches Gesetz ist, dass das Geflügel zur Saatzeit u. zur Aerndtezeit eingesperrt werden müsse; so ersuche ich den Vorsteher von Policeiwegen dem Müllerm. Pfettner zu befehlen, auf der Stelle seine Tauben, Hüner u. Enten bis nach der Aerndte einzusperren. Geschieht das nicht, so ist bis morgen die Beschwerde im K. Landgericht angebracht. Wenn übrigens die Gensdarmen diejenigen anzeigen sollen, welche einzig u. allein zum Schutze der Früchte Schreckschüsse thun, die auch nicht den geringsten Schaden bringen, auch kein Frevel sind; so müssen sie nothwendig auch diejenigen anzeigen, welche zur Saat- u. Aerndtezeit Tauben fliegen u. Hüner u. Enten auf der Nachbarn Aecker u. Wiesen laufen lassen, das gleichfalls verboten ist.

Kirchf. den 31. Juli 1854
Lips

Herrn
Vorsteher Köninger
dahier.

   
         
   
   
         
    Geschehen: Kirchfarrnbach, 13 August 1854.    
         
    Da der Mühlermeister Georg Pfettner von dem K. Pfarrer Lips unter dem 31 Juli schriftlich beschuldigt wurde, dass dessen Hühner, Enten und Tauben den Waizen auf dem nahe der Mühle liegenden Pfarracker und das Gras auf der Wiese, welche daran liegt, stark beschädiget hätten, so stellte der Mühlermeister Pfettner bei der hiesigen Gemeindeverwaltung das ausdrückliche Verlangen, benannte Grundstücke in Augenschein zu nehmen und versicherte sogleich, dass er bereit sey, dem Pfarrer jeden verursachten Schaden ersetzen zu wollen. –

Die unterzeichneten Gemeindeverwaltungs-Mitglieder haben sich nun heute den Mühlacker und die Mühlwiese wirklich in Augenschein genommen, den Pfarrer Lips auch dazu berufen, sich aber überzeugt, dass das Gras auf dieser Wiese und auch der Waizen auf diesen Acker nicht im Geringsten beschädiget sind; ja sogar die Sperlinge, welche sich doch häufig in der, dem Pfarracker auf der einen Seite (nordwestlich) umgebenden Hecke aufhaltend, mochten nicht einhauen und einfallen.

Die Anzeige vom 31 Juli des Pfarrers Lips muß daher die Gemeindeverwaltung als ganz ungerecht und grundlos erklären; dem Mühlermeister Pfettner aber, so lange vom Besitzer nicht gerichtlicher Augenschein herberufen wird, von aller Schuld und Strafe freisprechen. –

Bemerkt wird noch, dass das Verbot des Fliegens der Tauben zur Saatzeit, auch Hühner betreffend, bei der öffentlichen Gemeindeversammlung wiederholt erinnert und eingeschärft wurde.

Mühlermeister Pfettner beharrt noch auf der Bemerkung, daß die Beschuldigung: „Er habe den Pfarrerssohn bei den Gensdarmen wegen Schießen angezeigt“ so lange eine Lüge bleibt, bis es bewiesen ist.

Dieses Protokoll wird pflichtgemäs und gewissenhaft unterzeichnet und bestätigt durch
G. w. o.
Die Gemeindeverwaltungsmitglieder
Köninger, Vorsteher,
Hufnagel
Enßner

   
         
       
   

   
 
 
 
 
  Anmerkungen  
 

Pfarrer Alexander Lips war von 1843 bis 1856 in Kirchfarrnbach. Sein Sohn, ein Baugehilfe, hat sich später erschossen.
Müller Johann Georg Pfettner Kirchfarrnbach Nr. 21
Beim Badbergfest 2003 wurde diese Geschichte nachgespielt. Den Vorsteher Köninger spielte dessen Ururenkel Peter Köninger aus Kreben.

von links: Pfettner (Martin Reichert), Köninger (Peter Köninger), Enßner (Ersnt Schneider), Hufnagel (Leonhard Seefried), Schriftführer Lehrer Graf (Karl Breitsprecher)

 
     
 
 
zurück zum Verz. "Heimatg. Leseb."