Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges im Gebiete des Schulverbandes Wilhermsdorf Band IV: Gemeinde Kirchfarrnbach mit Ortsteil Dürrnfarrnbach
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 3

 
 
Um so dumpfer war dann das Gefühl, am Sonntag, den 22. Juni 1941, als Hitler durch eine Proklamation, verkündet im "Großdeutschen Rundfunk" von Propagandaminister Dr. Josef Goebbels, in den Morgenstunden dieses Tages dem deutschen Volke kund tat, dass deutsche Soldaten in Verbindung mit den Truppen Finnlands, Rumäniens, Italiens und der Slowakei um 3 Uhr morgens auf "breiter Front" zum Angriff gegen die Sowjetunion "angetreten“ seien. Trotz des strahlend hellen, sommerlichen Tages war diese Nachricht - eigenartiger Weise - vielen Gemeindebürgern unheimlich; nein, sie hatte etwas Schreckliches an sich. -- Nun war der "Zweifrontenkrieg", den Hitler doch immer vermeiden wollte, da. Die Begeisterung war verflogen. Auch die folgenden Sondermeldungen, die von Siegen bei Byalistok, Minsk, bei Wjasma oder bei Kiew und Uman, sogar bei Rostow erzählten, ließen wohl Stolz, aber keine Begeisterung mehr aufkommen.

Dazu kamen von nun an die immer häufiger werdenden Luftalarme und Terrorangriffe der Royal-Air-Forces gegen deutsche Städte. Mancher Kirchfarrnbacher Bürger, der während der Fliegeralarme in seinem Luftschutzkeller saß, das Motorengedröhn der britischen Bomber hörte, die in der Nacht ihren Weg nach Nürnberg suchten, wird mit bangem Herzen daran gedacht haben, dass in der Nähe ja der Militärflugplatz Oberreichenbach auch ein Ziel der Angriffe werden könnte!

Als dann am 5. Dezember 1941, mitten im eisigen Winter 1941/42 die Ostfront zum Stehen kam, der deutsche Angriff vor Moskau zusammenbrach, die deutschen Soldaten unter unmenschlichen Anstrengungen sich vom hohen Norden bis zum tiefen Süden, am Don und am Mius der sowjetischen Angriffe erwehren mussten, und die Nachricht sich in der Gemeinde verbreitete, dass am 5. Dezember 1941 als erster Bürger Dürrnfarrnbachs Michael Probst an der Ostfront gefallen sei, da spürte man, trotz kirchlichen Trauergottesdienst und Trauerfeiern der Gemeinde bzw. der Partei, dass der Krieg nun auch nach Kirchfarrnbach gekommen war. (5)

So wurden die Jahre des Krieges immer härter, an der Front und für die Bevölkerung in der Heimat, die immer mehr arbeiten, in die Luftschutzkeller gehen und - je länger der Krieg nun dauerte - immer mehr junge Männer zur Front abstellen musste. 1944 war es dann soweit, dass die jungen Burschen, die zu Beginn des Krieges die 6. und 7. Klassen der Volksschulen besuchten, nun auch zum Kriegsdienst eingezogen wurden. 1944 wurde der Geburtsjahrgang 1927 zum Dienst mit der Waffe einberufen. Schließlich kämpften wir in diesem Jahr an drei Fronten: im Süden in Italien; im Westen in Frankreich, Belgien und Holland; im Osten in Ungarn, Polen und in Ostpreußen. Wenn ich die Kämpfe über dem Reich, also die des Luftkrieges und die gegen die Partisanen auf dem Balkan und in anderen besetzten Gebieten noch hinzurechne, dann kämpfte das tapfere deutsche Volk 1944 an fünf Fronten zu gleicher Zeit einen Schicksalskampf. --

Ende 1944 standen die ersten Truppen des Feindes auf deutschem Boden: Im Westen fiel Aachen den Westalliierten in die Hand und im Osten war es ein Stück Land Ostpreußens und mit ihm die Stadt Goldap.


Nun, 1945 war jedem klar, dass dieses Jahr die Entscheidung, d.h. das Ende dieses sechsjährigen Krieges - wie der später gefallene Generalfeldmarschall v. Reichenau am 22. August 1939 prophezeite - bringen musste.

Als dann Hitlers Ardennenoffensive fehlschlug, Ende Februar 1945 die Rote Armee an der Oder stand und am 11. April 1945 (10) der Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht um 13 Uhr folgendes aussagte: "Zwischen Drau und Donau wurde der vorübergehend verlorengegangene Zusammenhang der Front wieder hergestellt. Die zäh kämpfende Besatzung von Wien wurde nach schwerem Ringen auf den Donau-Kanal zurückgedrückt. Im Donau-March-Winkel fingen unsere Truppen starke Angriffe auf. Nördlich der Weißen Karpaten drängten die Bolschewisten mit Schwerpunkt bei Holic und Trentschin nach Norden, wurden aber abgewiesen.

Zwischen der Kleinen Tatra und der Pommerschen Bucht halten die Kämpfe südöstlich Ratibor an.

Die Verteidiger von Breslau wehrten starke Angriffe gegen die Süd- und Westfront der Festung ab. Einbrüche am Friedhof St. Bernhardin und westlich des Manfred-von-Richthofen-Platzes wurden abgeriegelt. An der Danziger Bucht verwehrten unsere Truppen dem Gegner den Zugang zur Putzinger Nehrung. In der westlichen Weichselniederung wird seit Tagen der Ort Gottswalde heiß umkämpft.

Bei seinen Angriffen gegen die Samlandfront verlor der Feind gestern 20 Panzer.

In Luftkämpfen wurden über der Ostfront in den letzten 48 Stunden 43 Flugzeuge zum Absturz gebracht.

In Holland werden Kämpfe um Deventer und bei Meppel gemeldet. In Nordwestdeutschland warfen unsere Truppen die auf Quakenbrück und Bersenbrück vorgestoßenen britischen Kräfte zurück und behaupteten ihre Stellungen gegen erneute Durchbruchsversuche.

Während der Feind zwischen der unteren Weser und der Aller unter Verlust zahlreicher Panzer abgewiesen wurde, ging Hannover nach erbitterten Straßenkämpfen verloren. Feindliche Panzerkräfte stoßen beiderseits der Stadt weiter nach Osten vor.

Aus der Linie Hameln - Hildesheim nach Osten angreifende amerikanische Panzergruppen stehen an den Nordwestausläufern des Harzes im Kampf mit eigenen Kräften.

Die Abwehrschlacht im Ruhrgebiet und in dem Frontbogen von der Siegmündung bis zur Möhne-Talsperre nahm an Heftigkeit zu. Der auf breiter Front angreifende Gegner drängte unsere Truppen aus Wanne-Eickel und Gelsenkirchen auf den Nordrand von Bochum und Essen zurück, wo das erbitterte Ringen andauert. Übersetzversuche über die Ruhr bei Steele wurden abgewiesen. Zwischen Siegburg und Olpe sowie weiter nordöstlich erwehren sich unsere Verbände der von Süden und Osten angreifenden Amerikaner.

Nördlich des Thüringer Waldes nahm der Feind seine Angriffe wieder auf, wobei westlich Erfurt heftige Kämpfe entbrannten.

Zwischen dem Thüringer Wald und dem Main drangen starke feindliche Panzer- und Infanterieverbände nach Südosten. Bei Schweinfurt hielten unsere Truppen dem starken Druck weiterhin stand. Auch östlich Würzburg und nördlich Uffenheim blieb dem Gegner größerer Bodengewinn versagt.

Crailsheim wechselte gestern in harten Kämpfen mehrmals den Besitzer und blieb schließlich in unserer Hand. Eine nach Nordwesten ausgebrochene feindliche Kampfgruppe wurde in der Flanke gefasst und erlitt hohe Verluste. Zwischen dem Neckar und dem Rhein südwestlich Karlsruhe kam es zu heftigen Kämpfen, ohne dass sich der Frontverlauf wesentlich veränderte.

An der Westalpenfront schlugen unsere Stützpunktbesatzungen zahlreiche stärkere Aufklärungsvorstöße gaullistischer Truppen zurück.

In Italien setzt die 8. englische Armee ihre Angriffe südwestlich des Comacchio-Sees auf breiterer Front fort. Unter stärkstem Materialeinsatz konnte der Gegner unsere Hauptkampflinien im Abschnitt Lugo-Alfonsine einige Kilometer zurückdrängen. An der Ligurischen Küste blieben dagegen alle feindlichen Angriffe im Abwehrfeuer liegen.

Der mitteldeutsche Raum war bei Tag und Nacht das Angriffsziel anglo-amerikanischer Bomberverbände. Besonders schwer wurden Leipzig und Plauen betroffen. Auch in der Reichshauptstadt entstanden Personenverluste und Gebäudeschäden. Der Feind verlor nach bisherigen Meldungen 40, überwiegend viermotorige, Bomber.

 
 
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