Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges im Gebiete des Schulverbandes Wilhermsdorf Band IV: Gemeinde Kirchfarrnbach mit Ortsteil Dürrnfarrnbach
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 4
 
 

Ergänzend zum Wehrmachtsbericht wird gemeldet:


Wie bereits im Wehrmachtsbericht vom 8. April gemeldet, zeichneten sich deutsche Jagdverbände bei der Abwehr amerikanischer Terrorangriffe gegen den norddeutschen Raum am 7. April durch hervorragenden Kampfgeist aus. Die Jäger durchbrachen in erbitterten Luftkämpfen die starke feindliche Jagdsperre und stürzten sich ungeachtet des heftigen Abwehrfeuers, das ihnen aus zahlreichen Bordwaffen entgegenschlug, in todesmutiger Selbstaufopferung auf die viermotorigen Kampfflugzeuge. Die amerikanischen Verbände erlitten, in den auch für die deutschen Jäger opferreichen Kämpfen, schwere Verluste. Über 60 viermotorige Bomber wurden allein durch Rammstoß vernichtet. Ein Teil der Jäger konnte sich durch Fallschirmabsprung retten.", war sich jeder über die Härte des Kampfes, aber auch darüber im Klaren, dass es sich nur noch um wenige Tage handeln würde, bis auch der Feind vor Kirchfarrnbach erscheint.

Zumal am Dienstag, dem 10. April 1945 der Volkssturmmann Peter Brunner (11 a), Bauer aus Dippoldsberg, um 7 Uhr - wegen der Luftgefahr - von Pfarrer König, unter Anteilnahme der Bevölkerung, beerdigt wurde. In den Bemerkungen des Beerdigungsbuches der Evang.-Luth. Kirchengemeinde von Kirchfarrnbach auf Seite 77, laufende Nummer 9 kann man darüber lesen (11 a): "Brunner war das Opfer eines Fliegerangriffes in Neustadt a. d. Aisch, wohin er als Volkssturmmann einberufen war. Einsegnung mit Predigt über PS.39/8.0 (Vergl. hierzu auch die Ausführungen dieser Dokumentation im Band II, hier S. 5 und im Anhang dieses Bandes die dort aufgeführte Nachricht des Standesamtes der Stadt Neustadt a. d. Aisch - d. Verf.). Die Schwere dieses Trauerfalles geht aus dem Einsegnungs- und Predigttext hervor, war dieser nicht auch für alle auf dem Friedhof von Kirchfarrnbach weilenden Trauergäste gedacht, wenn er ihnen, in dieser Zeit der Ungewissheit vor der Zukunft, verkündete: "Nun, Herr, wes' soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich."

Nachdem von Uffenheim her schon das Grollen der Geschütze zu hören war, galt es für diesen Tag und für die Tage nach Beendigung des Kampfes zu sorgen.

Wer hätte das gedacht, dass dieser Krieg solch ein Ende nehmen würde? Wie viele Opfer wurden dem Vaterland in diesem unseligen Kampfe vom deutschen Volke und somit auch von der Bevölkerung unserer Gemeinde gebracht? - und sie waren vergebens? die Gefallenen?? Nein, man durfte in diesen letzten Kriegstagen nicht daran denken, sonst hätte man verzweifeln müssen. Gut, die Ereignisse der ersten Apriltage 1945 ließen hierzu der Bevölkerung auch keine Zeit.

Jedoch, was nun? Was wird die Zukunft bringen? Diese Fragen standen bang in den Herzen aller Gemeindebürger. Gutes allerdings - wenn man an die harte Kriegführung der "Jabos", wie man die Jagdbomber der US-Luftwaffe nannte, dachte - versprach die Zukunft nicht! Das wussten oder ahnten sie alle. Und trotzdem, der lange, harte, grausame Krieg hatte sie abgestumpft, sehnte man sich nach dem Ende, dem Ende dieses Infernos.

Dies nun, das ließ auf sich nicht warten. -

 

Die letzten Kriegstage in der Gemeinde Kirchfarrnbach

In der Zeit, als man das Grollen der Front von Ferne vernahm, dachte man in der Gemeinde Kirchfarrnbach daran für den "Ernstfall" zu sorgen. Man dachte also an die Sicherung des Überlebens.

Hier lassen die Berichte und Fragebogen erkennen, dass man vor allem sich mit drei Arbeiten beschäftigte:

1. Schaffung eines Schutzraumes
2. Vorsorge für das leibliche Wohl
3. Panzersperrenbau.


1. Schaffung eines Schutzraumes.

Nachdem der Flugplatz der Luftwaffe Oberreichenbach ganz in der Nähe der Gemeinde Kirchfarrnbach liegt, d.h. an der Gemeindeflur angrenzt, war es schon zu Beginn des Krieges notwendig, für den Luftschutz vorzusorgen. Also wurden Keller, bzw. die eigenen Keller so eingerichtet, dass sie ständig als Schutzraum zu benützen waren. Diese Schutzräume befanden sich u.a. im Keller des eigenen Hauses (11) oder "Kellerraum unserer Scheune" (12), aber auch "im Keller des Pfarrhauses" (13); natürlich blieb noch eine andere Möglichkeit: ".., es hatte jedoch jede Familie einen eigenen Bunker im Garten" (14). Da die Berichte und Fragebögen auf diese Art der Vorbereitung bzw. Sicherung des eigenen Überlebens wenig eingehen, dürfen wir heute sicherlich annehmen, dass Keller und Schutzräume sowie einige Bunkerbauten in den letzten Tagen vor dem Durchmarsch der US-Truppen durch unsere Gemeinde nicht wesentliche Zeit in Anspruch nahmen; hierfür dürfte man m.E. schon im Laufe des Krieges gesorgt haben. Anders liegen die Dinge bei Thema


2. Vorsorge für das leibliche Wohl.

"Tage vor dem 16. April 1945 hörte man in Kirchfarrnbach schon das Schießen der Front. Wenn es auch noch weit entfernt war, so trafen wir unsere Vorkehrungen. So stellten wir Betten und Bekleidungssachen sicher." (15) Wohin man diese Sachen in Sicherheit brachte, darüber geben nicht alle Fragebögen Auskunft. Hier deshalb nur einige Angaben.

Bettwäsche: "auch in den Keller" (Dok. Nr. 132) "Versteckten wir" (Dok. Nr. 120) "In Bündeln geschnürt" (Dok. Nr. 123)

oder bei

Bekleidungsstücken: "In Wäschekörben in den Keller" (132)
"In Kisten an trockenen Platz vergraben" (123);

deutlicher werden die Aussagen der Fragebögen bei

Nahrungsmittel: "Alles wurde im Keller aufbewahrt, für einen Aufenthalt von ca. 3 Tagen" (Dok. Nr. 122).
"Kartoffeln vergraben im Wald" (Dok. Nr. 123.
"In Kisten im Garten vergraben" (Dok. Nr. 132).

Und was man an Nahrungsmitteln sichergestellt hat, darüber gewährt Dok. Nr, 129 einen kleinen Einblick, wenn es aussagt: „Brot, Mehl, Eier, Fett usw.."

Da man annehmen kann, dass dieses "Sicherstellen" von Bekleidungsstücken, Bettwäsche und Nahrungsmitteln im Geheimen vor sich ging, denn man war ja nicht daran interessiert, dass ein Unbefugter Zutritt zu den Gegenständen fand; so kann man sich vorstellen, welche Geschäftigkeit in den Häusern unserer Gemeinde in den letzten Nächten vor der Besetzung durch die US-Truppen herrschte.

Mitten in diese Hektik der heimlichen Arbeiten bekam die Bevölkerung den Befehl eine Panzersperre zu bauen.


3. Panzersperrenbau

Wer den Befehl hierzu erteilt hatte, ist heute nicht mit Sicherheit festzustellen, denn die Fragebögen sagen unterschiedlich aus.
So Dok. Nr. 132 "Die Partei NSDAP",
Dok. Nr. 123 "Der Bürgermeister",
Dok. Nr. 122 und 119 "Die Wehrmacht".

Sicherlich jedoch darf man annehmen, dass die Organe der Partei in Verbindung mit dem Volkssturm dem Bürgermeister den Befehl erteilten in Kirchfarrnbach eine Panzersperre errichten zu lassen. Und so begann dann der Volkssturm (16) und, da er zum Großteil aus der Bevölkerung bestand (17), die Bevölkerung den Bau einer Panzersperre. Wo sollte sie nun liegen?

 
 
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