Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges im Gebiete des Schulverbandes Wilhermsdorf Band IV: Gemeinde Kirchfarrnbach mit Ortsteil Dürrnfarrnbach
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 6
 
 

Aber lassen wir doch wieder Dok. Nr. 126 zu Worte kommen (28): "Mittags gegen 12 Uhr erschien in Kirchfarrnbach ein deutscher Leutnant. Wir unterhielten uns mit ihm. Er fragte uns, ob wir wüssten wo in Kirchfarrnbach Schokolade und Bonbons gelagert seien. Als er bei Familie Behringer danach fragte, musste er feststellen, dass schon alles abgeholt worden war. Was ihm blieb waren Tüten mit Schokoladenbröselchen. Davon gab er uns eine Tüte voll. Während dies geschah, wurde in unserer Ortschaft erzählt, dass die Amis in Meiersberg seien. Der Leutnant fuhr dann Richtung Meiersberg, berichtete uns dann aber, dass an dieser Behauptung nichts Wahres dran sei. Nachdem er uns versprach am Abend nochmals zu kommen, verließ er Kirchfarrnbach. Kaum hatte der Leutnant ausgesprochen, fiel nach Kirchfarrnbach der erste Schuss, die erste Granate. Das war gegen 12.30 Uhr am 16. April 1945. Der Leutnant brauste davon und wir eilten in den Keller des Pfarrhauses, den wir schon vorher für alle Fälle gerichtet hatten."


Diese Aussage lässt erkennen, dass auch hier - wie in den anderen Orten des Schulverbandes - im eigentlichen Sinne kein Panzeralarm gegeben wurde. Wie hätte dies auch in Kirchfarrnbach geschehen sollen, man hatte ja nicht einmal eine Sirene am Ort? (29) So begab sich der Großteil der Bevölkerung mit Beginn des Kampfes bzw. der Kampfhandlungen um Kirchfarrnbach bzw. Dürrnfarrnbach in die gerichteten Schutzräume, Keller und andere Unterschlupfe, wie selbstgebaute Bunker (30). Dok. Nr. 121 meint hierzu (31): "Als die Amerikaner im Anzug waren und das Dorf verteidigt wurde, flüchteten meine Eltern, meine Frau mit drei Kindern, meine Schwester Katharine Ruf mit ihren drei Kindern, unsere Nachbarsleute Peter und Lena Löw, unsere Nachbarin Frau Westernacher in unseren Keller neben unserem Wohnhaus."

Allerdings, nicht nur die Zeichen des einsetzenden Kampfes veranlasste die Bevölkerung sich so zu verhalten als wäre "Panzeralarm" gegeben worden, sondern auch Nachbarn veranlassten einander nun doch die Schutzräume aufzusuchen (32) oder in Dürrnfarrnbach tat dies der "Ortsführer". (33) Oft waren in einem Keller mehrere Familien untergebracht, so z.B. im Keller des Pfarrhauses, der als Schutzraum vorzüglich geeignet war sonst könnte Dok. Nr. 126 nicht erzählen (34): "Dieser Keller war wirklich ein guter Unterschlupf, denn er hatte für den Notfall zwei Notausgänge. In diesem Keller befanden sich meine Eltern, Franz und Marie König, meine Schwestern, ich und die auf dem Fragebogen erwähnten Familien." Das waren "der damalige Pfarrer König, die Fam. Dietrich, zwei Saarländer-Familien namens Bastian und Aman." (35)

Während nun die Bevölkerung Kirchfarrnbachs ängstlich in den Kellern und Schutzräumen sich aufhielt, spielte sich draußen so etwas wie ein "Kampf um die Ortschaft" ab. Lassen wir doch besser Augenzeugen berichten (36): "SS-Einheiten waren in der Frühe des 16. April 1945 noch in der Ortschaft, zogen jedoch über die Mühle durch den Wald nach Oberreichenbach ab. Auch ein Trupp deutscher Soldaten lagerte in Kirchfarrnbach. Sie hätten Kirchfarrnbach verteidigen sollen. Da die Lage aussichtslos war, zogen die Soldaten ab und so kam es zu keiner Kampfhandlung (Infanteriekampf) um Kirchfarrnbach."

Das Absetzen dieser deutschen Truppe scheint aber nicht schnell genug vorangeschritten zu sein, so dass - wie wir später sehen werden - ein deutscher Soldat an der Panzersperre fiel.

Nun, zu einem regelrechten Infanteriekampf kam es in der Tat um Kirchfarrnbach nicht. Hingegen lieferten sich Panzer und auch Artillerie ein Gefecht (37).

Zuerst (37) kamen US?Truppen aus nordwestlicher Richtung, aus Dürrnfarrnbach. Dies dürfte (38) gegen 13 Uhr am 16. April 1945 gewesen sein. Der Vorstoß der US-Truppen führte zu einem Misserfolg, denn drei deutsche Panzer standen auf der Straße von Kirchfarrnbach nach Keidenzell (Langenzenn), ungefähr 500 Meter vom Ortsrand entfernt, an dem dortigen Weiher und nahmen die herannahenden US-Truppen unter heftigen Beschuss. Daraufhin zogen sich die Amerikaner zurück. Über diesen Kampfabschnitt berichtet instruktiv Dok. Nr. 128 (39): "16. April 1945. Die Amerikaner waren in Meiersberg. (40) Von dort schossen sie mit Granatwerfern in den Wald. (41) Später verwendeten sie Nebelgranaten. Im Schutze des "Nebels" fuhr ein Spähwagen der US-Army durch unsere Ortschaft (gemeint ist Dürrnfarrnbach d. Verf.) Das Feuer der US-Truppen erwiderte ein Panzer unserer Armee. Jedoch erwischte er die Amis nicht. Auf Widerstand gestoßen, warteten die Amerikaner den Einbruch der Dunkelheit ab."

Die US-Truppen setzten sich ab und starteten nun ihrerseits den Hauptangriff auf Kirchfarrnbach über Oberndorf, von Kreben aus (42)! Sicherlich hatten nach dem kurzen Feuerduell die deutschen Panzer ihre Munition verschossen oder waren wegen Benzinmangel bewegungsunfähig; denn anschließend sprengten unsere Panzermänner ihre Panzer, legten noch einige Tellerminen, so war die Straße Kirchfarrnbach - Langenzenn durch die drei Panzerwracks und die Tellerminen für den Feind total gesperrt und setzten sich über den Dillenberg vom Feind ab.

Die US-Truppen griffen nun, von Kreben kommend, Oberndorf und somit Kirchfarrnbach an. Dieser Angriff blieb natürlich den deutschen Truppen nicht verborgen und so begannen sie nun ihrerseits mit Artillerie von Hornsegen aus die US-Panzer zu beschießen. Auch als die US-Truppen schon in Oberndorf und Kirchfarrnbach eingedrungen waren, dauerte die Beschießung deutscherseits noch an und forderte Opfer an Gebäuden und Menschen in Oberndorf (siehe Band 3 dieser Dokumentation) und in Kirchfarrnbach.

Bald brannten in Kirchfarrnbach, wie in Oberndorf, Scheunen, Stallungen und Wohngebäude. Angst breitete sich in den Schutzräumen aus. Hier nun eine Aussage (43): "Wir waren nicht lange im Keller, als man schon das Fahren von Kraftfahrzeugen deutlich vernahm. Die Tochter des Pfarrer König ging in diesem Augenblick nach oben, in die Wohnung, um ihren kleinen Buben etwas zu kochen. Als sie wieder zu uns kam, berichtete sie davon, dass amerikanische Fahrzeuge - sie hätten einen Stern auf ihren Fahrzeugen - diese Geräusche erzeugten. Der Gefechtslärm nahm unterdessen zu. Stärker und stärker wurde das Schießen. In dieser Situation bat meine Schwester den Herrn Pfarrer doch mit uns zu beten. Und wirklich, als das Gebet zu Ende war, war auch der Gefechtslärm verstummt."


Noch während des Beschusses musste die Familie Ruf ihren Schutzraum, der im Keller der Scheune sich befand, räumen. Nur der diese Tage selbst erlebt hat, mag erahnen, was folgende knappe Schilderung des Tatbestandes in Wirklichkeit für die Menschen damals bedeutete (44): "Als die Scheune in Brand geschossen war, verließen wir den Keller und flüchteten zum Nachbarn, Familie Schwarz. Dabei nahmen ich und L. Winkler in einem Erdloch Deckung. Dort sahen wir in unserem Garten einen amerikanischen Panzer mit Neger besetzt."

Wer alles diesen Keller verlassen musste, davon erzählt Dok. Nr. 122 weiter (44):

"Im Keller hielten sich auf:
Familie Ruf: 1. Philippine Ruf (Großmutter)
2. Babette Ruf (Mutter)
3. Anna Ruf (Schwester)
4. Fritz Ruf (Berichter)
5. Hans Ruf (Bruder)
Familie Winkler: 1, Fritz Rupp (Großvater)
2. Helene Winkler (Mutter)
3. Tina Winkler (Tochter)
4. Gerda Winkler (Tochter)
5, Ludwig Winkler (Sohn)
6. Fritz Winkler (Sohn)
7. Richard Winkler (Sohn)

Familie Krier, Saarländer: (wohnten bei Kriegsende bei uns)
1. Krier Großvater)
2. Krier (Großmutter)
3. Günter Krier (Enkelkind).

 
 
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