Aber
lassen wir doch wieder Dok. Nr. 126 zu Worte kommen
(28): "Mittags gegen 12 Uhr erschien in Kirchfarrnbach
ein deutscher Leutnant. Wir unterhielten uns mit ihm.
Er fragte uns, ob wir wüssten wo in Kirchfarrnbach
Schokolade und Bonbons gelagert seien. Als er bei
Familie Behringer danach fragte, musste er feststellen,
dass schon alles abgeholt worden war. Was ihm blieb
waren Tüten mit Schokoladenbröselchen. Davon
gab er uns eine Tüte voll. Während dies
geschah, wurde in unserer Ortschaft erzählt,
dass die Amis in Meiersberg seien. Der Leutnant fuhr
dann Richtung Meiersberg, berichtete uns dann aber,
dass an dieser Behauptung nichts Wahres dran sei.
Nachdem er uns versprach am Abend nochmals zu kommen,
verließ er Kirchfarrnbach. Kaum hatte der Leutnant
ausgesprochen, fiel nach Kirchfarrnbach der erste
Schuss, die erste Granate. Das war gegen 12.30 Uhr
am 16. April 1945. Der Leutnant brauste davon und
wir eilten in den Keller des Pfarrhauses, den wir
schon vorher für alle Fälle gerichtet hatten."
Diese Aussage lässt erkennen, dass auch hier
- wie in den anderen Orten des Schulverbandes - im
eigentlichen Sinne kein Panzeralarm gegeben wurde.
Wie hätte dies auch in Kirchfarrnbach geschehen
sollen, man hatte ja nicht einmal eine Sirene am Ort?
(29) So begab sich der Großteil der Bevölkerung
mit Beginn des Kampfes bzw. der Kampfhandlungen um
Kirchfarrnbach bzw. Dürrnfarrnbach in die gerichteten
Schutzräume, Keller und andere Unterschlupfe,
wie selbstgebaute Bunker (30). Dok. Nr. 121 meint
hierzu (31): "Als die Amerikaner im Anzug waren
und das Dorf verteidigt wurde, flüchteten meine
Eltern, meine Frau mit drei Kindern, meine Schwester
Katharine Ruf mit ihren drei Kindern, unsere Nachbarsleute
Peter und Lena Löw, unsere Nachbarin Frau Westernacher
in unseren Keller neben unserem Wohnhaus."
Allerdings,
nicht nur die Zeichen des einsetzenden Kampfes veranlasste
die Bevölkerung sich so zu verhalten als wäre
"Panzeralarm" gegeben worden, sondern auch
Nachbarn veranlassten einander nun doch die Schutzräume
aufzusuchen (32) oder in Dürrnfarrnbach tat dies
der "Ortsführer". (33) Oft waren in
einem Keller mehrere Familien untergebracht, so z.B.
im Keller des Pfarrhauses, der als Schutzraum vorzüglich
geeignet war sonst könnte Dok. Nr. 126 nicht
erzählen (34): "Dieser Keller war wirklich
ein guter Unterschlupf, denn er hatte für den
Notfall zwei Notausgänge. In diesem Keller befanden
sich meine Eltern, Franz und Marie König, meine
Schwestern, ich und die auf dem Fragebogen erwähnten
Familien." Das waren "der damalige Pfarrer
König, die Fam. Dietrich, zwei Saarländer-Familien
namens Bastian und Aman." (35)
Während
nun die Bevölkerung Kirchfarrnbachs ängstlich
in den Kellern und Schutzräumen sich aufhielt,
spielte sich draußen so etwas wie ein "Kampf
um die Ortschaft" ab. Lassen wir doch besser
Augenzeugen berichten (36): "SS-Einheiten waren
in der Frühe des 16. April 1945 noch in der Ortschaft,
zogen jedoch über die Mühle durch den Wald
nach Oberreichenbach ab. Auch ein Trupp deutscher
Soldaten lagerte in Kirchfarrnbach. Sie hätten
Kirchfarrnbach verteidigen sollen. Da die Lage aussichtslos
war, zogen die Soldaten ab und so kam es zu keiner
Kampfhandlung (Infanteriekampf) um Kirchfarrnbach."
Das
Absetzen dieser deutschen Truppe scheint aber nicht
schnell genug vorangeschritten zu sein, so dass -
wie wir später sehen werden - ein deutscher Soldat
an der Panzersperre fiel.
Nun,
zu einem regelrechten Infanteriekampf kam es in der
Tat um Kirchfarrnbach nicht. Hingegen lieferten sich
Panzer und auch Artillerie ein Gefecht (37).
Zuerst
(37) kamen US?Truppen aus nordwestlicher Richtung,
aus Dürrnfarrnbach. Dies dürfte (38) gegen
13 Uhr am 16. April 1945 gewesen sein. Der Vorstoß
der US-Truppen führte zu einem Misserfolg, denn
drei deutsche Panzer standen auf der Straße
von Kirchfarrnbach nach Keidenzell (Langenzenn), ungefähr
500 Meter vom Ortsrand entfernt, an dem dortigen Weiher
und nahmen die herannahenden US-Truppen unter heftigen
Beschuss. Daraufhin zogen sich die Amerikaner zurück.
Über diesen Kampfabschnitt berichtet instruktiv
Dok. Nr. 128 (39): "16. April 1945. Die Amerikaner
waren in Meiersberg. (40) Von dort schossen sie mit
Granatwerfern in den Wald. (41) Später verwendeten
sie Nebelgranaten. Im Schutze des "Nebels"
fuhr ein Spähwagen der US-Army durch unsere Ortschaft
(gemeint ist Dürrnfarrnbach d. Verf.) Das Feuer
der US-Truppen erwiderte ein Panzer unserer Armee.
Jedoch erwischte er die Amis nicht. Auf Widerstand
gestoßen, warteten die Amerikaner den Einbruch
der Dunkelheit ab."
Die
US-Truppen setzten sich ab und starteten nun ihrerseits
den Hauptangriff auf Kirchfarrnbach über Oberndorf,
von Kreben aus (42)! Sicherlich hatten nach dem kurzen
Feuerduell die deutschen Panzer ihre Munition verschossen
oder waren wegen Benzinmangel bewegungsunfähig;
denn anschließend sprengten unsere Panzermänner
ihre Panzer, legten noch einige Tellerminen, so war
die Straße Kirchfarrnbach - Langenzenn durch
die drei Panzerwracks und die Tellerminen für
den Feind total gesperrt und setzten sich über
den Dillenberg vom Feind ab.
Die
US-Truppen griffen nun, von Kreben kommend, Oberndorf
und somit Kirchfarrnbach an. Dieser Angriff blieb
natürlich den deutschen Truppen nicht verborgen
und so begannen sie nun ihrerseits mit Artillerie
von Hornsegen aus die US-Panzer zu beschießen.
Auch als die US-Truppen schon in Oberndorf und Kirchfarrnbach
eingedrungen waren, dauerte die Beschießung
deutscherseits noch an und forderte Opfer an Gebäuden
und Menschen in Oberndorf (siehe Band 3 dieser Dokumentation)
und in Kirchfarrnbach.
Bald
brannten in Kirchfarrnbach, wie in Oberndorf, Scheunen,
Stallungen und Wohngebäude. Angst breitete sich
in den Schutzräumen aus. Hier nun eine Aussage
(43): "Wir waren nicht lange im Keller, als man
schon das Fahren von Kraftfahrzeugen deutlich vernahm.
Die Tochter des Pfarrer König ging in diesem
Augenblick nach oben, in die Wohnung, um ihren kleinen
Buben etwas zu kochen. Als sie wieder zu uns kam,
berichtete sie davon, dass amerikanische Fahrzeuge
- sie hätten einen Stern auf ihren Fahrzeugen
- diese Geräusche erzeugten. Der Gefechtslärm
nahm unterdessen zu. Stärker und stärker
wurde das Schießen. In dieser Situation bat
meine Schwester den Herrn Pfarrer doch mit uns zu
beten. Und wirklich, als das Gebet zu Ende war, war
auch der Gefechtslärm verstummt."
Noch während des Beschusses musste die Familie
Ruf ihren Schutzraum, der im Keller der Scheune sich
befand, räumen. Nur der diese Tage selbst erlebt
hat, mag erahnen, was folgende knappe Schilderung
des Tatbestandes in Wirklichkeit für die Menschen
damals bedeutete (44): "Als die Scheune in Brand
geschossen war, verließen wir den Keller und
flüchteten zum Nachbarn, Familie Schwarz. Dabei
nahmen ich und L. Winkler in einem Erdloch Deckung.
Dort sahen wir in unserem Garten einen amerikanischen
Panzer mit Neger besetzt."
Wer alles
diesen Keller verlassen musste, davon erzählt
Dok. Nr. 122 weiter (44):
"Im
Keller hielten sich auf:
Familie Ruf: 1. Philippine Ruf (Großmutter)
2. Babette Ruf (Mutter)
3. Anna Ruf (Schwester)
4. Fritz Ruf (Berichter)
5. Hans Ruf (Bruder)
Familie Winkler: 1, Fritz Rupp (Großvater)
2. Helene Winkler (Mutter)
3. Tina Winkler (Tochter)
4. Gerda Winkler (Tochter)
5, Ludwig Winkler (Sohn)
6. Fritz Winkler (Sohn)
7. Richard Winkler (Sohn)
Familie
Krier, Saarländer: (wohnten bei Kriegsende bei
uns)
1. Krier Großvater)
2. Krier (Großmutter)
3. Günter Krier (Enkelkind).