Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges im Gebiete des Schulverbandes Wilhermsdorf Band IV: Gemeinde Kirchfarrnbach mit Ortsteil Dürrnfarrnbach
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 8
 
 

Aus dem gleichen Grunde wurden auch im Allgemeinen keine weißen Fahnen gehisst. So sind auch hier wiederum die unterschiedlichen Aussagen zu erklären: "Ja und nein" (Dok. Nr. 118). "Nein" (Dok. Nr. 119, 132, 133) oder "Ja, die US-Soldaten einen Tag später" (forderten ein Hissen der weißen Fahne d. Verf.) und zuletzt noch Dok. Nr. 125, das zu diesem Fragenkreis meint (62): "Ja, die amerikanischen Truppen, wurde dann aber doch nicht durchgeführt."

Dies war letztlich verständlich, denn am 16. April 1945, genau um „16 Uhr 30; es war ein schöner Tag - erstes Grün" (auf den Feldern und Wiesen - der Verf.) (63), als die US-Truppen mit Panzern und anderen Kraftfahrzeugen sich anschickten nach Waffen, Munition und evtl. deutschen Landsern zu suchen, dachte man nicht daran eine weiße Fahne zu hissen oder sich des schönen, herrlichen Tages zu erfreuen, vielmehr sah man zu, dass man möglichst ohne Schäden diese Stunden der Haussuchungen und des Durchmarsches der US-Truppen, die sofort Richtung Oberreichenbach - Cadolzburg und Seubersdorf weiter vorstießen und deshalb Kirchfarrnbach nicht besetzten, sondern wie Dok. Nr. 133 (64) richtig berichtet: "nur durchzogen...“, glimpflich überstehen würden. Und dies traf auch zu. Wie in allen anderen Ortschaften des Schulverbandes, so war das Benehmen der kämpfenden Truppe der deutschen Zivilbevölkerung gegenüber im Großen und Ganzen meist einwandfrei. Berichten doch über das Verhalten der US-Soldaten Dok. Nr. 123: "... nur Frage nach Waffen, sonst Verhalten einwandfrei." Die Dok. Nr. 118, 119, 132, 133 verneinen Plünderungen und Übergriffe der US?Soldaten, hingegen spricht Dok. Nr. 120: "Nicht gerade (von) Plünderungen", Dok. Nr. 123 meint darüber einschränkend: "Bei uns im Haus nicht". Im Gegensatz zu diesen Aussagen stehen diese: Dok. Nr. 125 bejaht die Frage nach evtl. Plünderungen mit einem deutlichen "ja" und Dok. Nr. 122 macht deutlich, was an diesem Nachmittag auch in Kirchfarrnbach geschah (65): "Ja, Schmuck und Uhren waren durch die Soldaten der US-Army gestohlen."

Übrigens waren in diesen Tagen des April und Mai 1945 viele US-Soldaten "scharf" auf Armbanduhren und Schmuck, so dass wir damals scherzhaft die US-Army eine "Uhrensammlerarmee" nannten (66).

Andere Sorgen bedrückten die Bevölkerung nach dem Durchmarsch der US-Truppen durch Kirchfarrnbach.

Hier galt es sich der Verwundeten anzunehmen, die Toten zu beklagen und zur Beerdigung vorzubereiten, die restlichen Brände zu löschen, aus den Trümmern der zerstörten Scheunen das eine oder andere noch zu retten, sich um die auch in Mitleidenschaft gezogene Kreatur zu kümmern. (67) "Sogar das Vieh in den Ställen musste unter den Einwirkungen des Krieges leiden: Hühner waren angeschossen, ja sogar unser Schwein war auf irgendeine Weise bewusstlos geworden. Später rührte es sich schon wieder, jedoch nach drei Wochen mussten wir es schlachten."

Als sich der Abend über Kirchfarrnbach am 16. April 1945 senkte, herrschte Bangigkeit vor der Nacht und vor der Zukunft in der Ortschaft und Traurigkeit in den Familien, die einen Toten zu beweinen hatten.

Nichts kann die Situation besser wiedergeben als diese Aussage (68): "In der ersten Nacht nach dem Durchzug der 'Amis' schliefen mein Stiefvater und meine Mutter wieder daheim. Wir hingegen blieben noch ein paar Tage im Keller. In dieser ersten Nacht wachte mein Vater am Fenster, eine weiße Fahne griffbereit, um sie - je nach Notwendigkeit aus dem Fenster zu hängen oder wieder hereinzutun. Denn wir fürchteten uns vor den Truppen der Waffen-SS, die - wie man sagte - im Hirschberg-Forst sein sollten."

Die Nacht vom 16. auf den 17. April 1945 war hell und kühl. Frische, kalte Luft drang vom Grund herein in die Häuser, in denen man erst in den Morgenstunden Schlaf fand.

Wie wird es nun weiter gehen?

Diese Frage, die konnte niemand beantworten, quälte aber die Menschen.

Die Bilanz dieses Tages war doch so schrecklich!

 


Montag, der 16. April 1942 in Dürrnfarrnbach.

Verlassen wir nun die Ortschaft Kirchfarrnbach und wenden uns dem Geschehen im Ortsteil Dürrnfarrnbach zu. Es ist kurz erzählt.

Panzeralarm wurde - wie schon erwähnt - auch in Dürrnfarrnbach nicht gegeben, vielmehr verständigte der "Ortsführer" die Bewohner darüber (Dok. Nr. 129). Dies geschah am 16, April 1945 wie die Dokumente Nr. 129, 130 und 131 bekunden. Auch hier begab man sich dann in die bereiteten Schutzräume oder Bunker und stellte Lebensmittel, Bekleidungsstücke und Bettwäsche sicher. Wenn auch aus den Fragebogen nicht hervorgeht, wo man dieselben versteckt hat, so darf man doch sicher annehmen, dass die Dürrnfarrnbacher Bürger und Bürgerinnen nicht weniger errfinderisch in dieser Hinsicht waren, als die anderen Bewohner im Gebiete des Schulverbandes.

Wie auch in den Ortschaften Meiersberg, Altkatterbach, Kreben und Oberndorf, so wurde in Dürrnfarrnbach auch keine Panzersperre errichtet und dies wegen Mangels an Zeit; denn sonst könnte Dok. Nr. 129 nicht berichten (69): "Nein, kam nicht mehr zustande." Dies ist umso mehr zu verstehen, da diese - wie schon aufgeführt - in diesem Gelände gar keinen Sinn gehabt hätte. Auch ein anderer Grund darf hier genannt werden. In diesen letzten Tagen vor dem ersten Durchmarsch und der späteren Besetzung durch die US-Truppen marschierten immer wieder deutsche Soldaten durch die Ortschaft oder besetzten den Wald in der Nähe derselben. So kam es auch, dass sich in Dürrnfarrnbach selbst keine deutschen Soldaten einquartierten, sondern nur da und dort sich aufhielten oder Posten bezogen. Deshalb berichten Dok. Nr 117 (70): "Nein, deutsche Truppen hatten östlich und westlich (der Ortschaft am 15. April 1945 - der Verf.) den Wald besetzt. Ein Beobachtungsposten war bei Brunner im Garten auf dem Strohstoß. Gegen Abend zogen sie wieder ab." Oder Dok. Nr. 129 (71): "Nein, zogen nur durch. Manchmal aßen Soldaten bei uns etwas und kleideten sich neu ein." Also bei dieser fortwährenden Truppenbewegung war es nicht möglich, eine Panzersperre zu errichten. Dies alles besagt nicht, dass man auch in Dürrnfarrnbach bang in die Zukunft sah, wusste man ja nicht, wie sich der Feind verhielt. Als man dann sorgenvoll am Sonntag, den 15. April 1945 sich zur Ruhe legte, dachte man mit Beklemmung an den morgigen Tag, der die Entscheidung bringen würde. Hörte man nicht in den Abendstunden am Sonntag die Detonationen der Granaten in Wilhermsdorf und in der Frühe des 16. April 1945 rissen die Detonationen, die von den Sprengungen in Wilhermsdorf herrührten, die Menschen aus den Betten.


Doch die Nacht vom Sonntag, den 15. April auf Montag, den 16. April 1945 ging nicht überall ungestört vorbei. So erzählt Dok. Nr. 128 (72): "Dies (dass die deutschen Truppen abgezogen waren - d. Verf.) hatte ich in Erfahrung gebracht, als man mich in der vergangenen Nacht (15. April 1945 - d. Verf.) so gegen Mitternacht aus dem Schlaf weckte. Ein deutscher Arzt war es, der mich weckte und mich bat, ihm den Weg nach Keidenzell zu zeigen. Wie wir nach Keidenzell fuhren, kamen uns deutsche Truppen entgegen. -- Ich war froh, als wir in Keidenzell waren.

Von dort wollte ich zu Fuß nach Hause gehen. Aber der Arzt fuhr mich wieder heim. Als wir nach Dürrnfarrnbach kamen, fluteten uns die deutschen Truppen von Meiersberg her entgegen. Ich stieg aus, damit der Doktor nicht noch einmal in diese Kolonnen geriet."

Deshalb war es bestimmt für die meisten Bürger der Ortschaft Dürrnfarrnbach keine allzu ruhige Nacht. Erst gegen Morgen wird man erschöpft eingeschlafen sein, um dann, wie schon berichtet, von den Detonationen unsanft aufgeschreckt zu werden. Diese Soldaten setzten sich alle Richtung Schwabach - wie schon aufgeführt - vom Feinde ab.

 
 
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