Aus
dem gleichen Grunde wurden auch im Allgemeinen keine
weißen Fahnen gehisst. So sind auch hier wiederum
die unterschiedlichen Aussagen zu erklären: "Ja
und nein" (Dok. Nr. 118). "Nein" (Dok.
Nr. 119, 132, 133) oder "Ja, die US-Soldaten
einen Tag später" (forderten ein Hissen
der weißen Fahne d. Verf.) und zuletzt noch
Dok. Nr. 125, das zu diesem Fragenkreis meint (62):
"Ja, die amerikanischen Truppen, wurde dann aber
doch nicht durchgeführt."
Dies
war letztlich verständlich, denn am 16. April
1945, genau um „16 Uhr 30; es war ein schöner
Tag - erstes Grün" (auf den Feldern und
Wiesen - der Verf.) (63), als die US-Truppen mit Panzern
und anderen Kraftfahrzeugen sich anschickten nach
Waffen, Munition und evtl. deutschen Landsern zu suchen,
dachte man nicht daran eine weiße Fahne zu hissen
oder sich des schönen, herrlichen Tages zu erfreuen,
vielmehr sah man zu, dass man möglichst ohne
Schäden diese Stunden der Haussuchungen und des
Durchmarsches der US-Truppen, die sofort Richtung
Oberreichenbach - Cadolzburg und Seubersdorf weiter
vorstießen und deshalb Kirchfarrnbach nicht
besetzten, sondern wie Dok. Nr. 133 (64) richtig berichtet:
"nur durchzogen...“, glimpflich überstehen
würden. Und dies traf auch zu. Wie in allen anderen
Ortschaften des Schulverbandes, so war das Benehmen
der kämpfenden Truppe der deutschen Zivilbevölkerung
gegenüber im Großen und Ganzen meist einwandfrei.
Berichten doch über das Verhalten der US-Soldaten
Dok. Nr. 123: "... nur Frage nach Waffen, sonst
Verhalten einwandfrei." Die Dok. Nr. 118, 119,
132, 133 verneinen Plünderungen und Übergriffe
der US?Soldaten, hingegen spricht Dok. Nr. 120: "Nicht
gerade (von) Plünderungen", Dok. Nr. 123
meint darüber einschränkend: "Bei uns
im Haus nicht". Im Gegensatz zu diesen Aussagen
stehen diese: Dok. Nr. 125 bejaht die Frage nach evtl.
Plünderungen mit einem deutlichen "ja"
und Dok. Nr. 122 macht deutlich, was an diesem Nachmittag
auch in Kirchfarrnbach geschah (65): "Ja, Schmuck
und Uhren waren durch die Soldaten der US-Army gestohlen."
Übrigens
waren in diesen Tagen des April und Mai 1945 viele
US-Soldaten "scharf" auf Armbanduhren und
Schmuck, so dass wir damals scherzhaft die US-Army
eine "Uhrensammlerarmee" nannten (66).
Andere
Sorgen bedrückten die Bevölkerung nach dem
Durchmarsch der US-Truppen durch Kirchfarrnbach.
Hier
galt es sich der Verwundeten anzunehmen, die Toten
zu beklagen und zur Beerdigung vorzubereiten, die
restlichen Brände zu löschen, aus den Trümmern
der zerstörten Scheunen das eine oder andere
noch zu retten, sich um die auch in Mitleidenschaft
gezogene Kreatur zu kümmern. (67) "Sogar
das Vieh in den Ställen musste unter den Einwirkungen
des Krieges leiden: Hühner waren angeschossen,
ja sogar unser Schwein war auf irgendeine Weise bewusstlos
geworden. Später rührte es sich schon wieder,
jedoch nach drei Wochen mussten wir es schlachten."
Als
sich der Abend über Kirchfarrnbach am 16. April
1945 senkte, herrschte Bangigkeit vor der Nacht und
vor der Zukunft in der Ortschaft und Traurigkeit in
den Familien, die einen Toten zu beweinen hatten.
Nichts
kann die Situation besser wiedergeben als diese Aussage
(68): "In der ersten Nacht nach dem Durchzug
der 'Amis' schliefen mein Stiefvater und meine Mutter
wieder daheim. Wir hingegen blieben noch ein paar
Tage im Keller. In dieser ersten Nacht wachte mein
Vater am Fenster, eine weiße Fahne griffbereit,
um sie - je nach Notwendigkeit aus dem Fenster zu
hängen oder wieder hereinzutun. Denn wir fürchteten
uns vor den Truppen der Waffen-SS, die - wie man sagte
- im Hirschberg-Forst sein sollten."
Die
Nacht vom 16. auf den 17. April 1945 war hell und
kühl. Frische, kalte Luft drang vom Grund herein
in die Häuser, in denen man erst in den Morgenstunden
Schlaf fand.
Wie
wird es nun weiter gehen?
Diese
Frage, die konnte niemand beantworten, quälte
aber die Menschen.
Die
Bilanz dieses Tages war doch so schrecklich!
Montag, der 16. April 1942 in Dürrnfarrnbach.
Verlassen
wir nun die Ortschaft Kirchfarrnbach und wenden uns
dem Geschehen im Ortsteil Dürrnfarrnbach zu.
Es ist kurz erzählt.
Panzeralarm
wurde - wie schon erwähnt - auch in Dürrnfarrnbach
nicht gegeben, vielmehr verständigte der "Ortsführer"
die Bewohner darüber (Dok. Nr. 129). Dies geschah
am 16, April 1945 wie die Dokumente Nr. 129, 130 und
131 bekunden. Auch hier begab man sich dann in die
bereiteten Schutzräume oder Bunker und stellte
Lebensmittel, Bekleidungsstücke und Bettwäsche
sicher. Wenn auch aus den Fragebogen nicht hervorgeht,
wo man dieselben versteckt hat, so darf man doch sicher
annehmen, dass die Dürrnfarrnbacher Bürger
und Bürgerinnen nicht weniger errfinderisch in
dieser Hinsicht waren, als die anderen Bewohner im
Gebiete des Schulverbandes.
Wie
auch in den Ortschaften Meiersberg, Altkatterbach,
Kreben und Oberndorf, so wurde in Dürrnfarrnbach
auch keine Panzersperre errichtet und dies wegen Mangels
an Zeit; denn sonst könnte Dok. Nr. 129 nicht
berichten (69): "Nein, kam nicht mehr zustande."
Dies ist umso mehr zu verstehen, da diese - wie schon
aufgeführt - in diesem Gelände gar keinen
Sinn gehabt hätte. Auch ein anderer Grund darf
hier genannt werden. In diesen letzten Tagen vor dem
ersten Durchmarsch und der späteren Besetzung
durch die US-Truppen marschierten immer wieder deutsche
Soldaten durch die Ortschaft oder besetzten den Wald
in der Nähe derselben. So kam es auch, dass sich
in Dürrnfarrnbach selbst keine deutschen Soldaten
einquartierten, sondern nur da und dort sich aufhielten
oder Posten bezogen. Deshalb berichten Dok. Nr 117
(70): "Nein, deutsche Truppen hatten östlich
und westlich (der Ortschaft am 15. April 1945 - der
Verf.) den Wald besetzt. Ein Beobachtungsposten war
bei Brunner im Garten auf dem Strohstoß. Gegen
Abend zogen sie wieder ab." Oder Dok. Nr. 129
(71): "Nein, zogen nur durch. Manchmal aßen
Soldaten bei uns etwas und kleideten sich neu ein."
Also bei dieser fortwährenden Truppenbewegung
war es nicht möglich, eine Panzersperre zu errichten.
Dies alles besagt nicht, dass man auch in Dürrnfarrnbach
bang in die Zukunft sah, wusste man ja nicht, wie
sich der Feind verhielt. Als man dann sorgenvoll am
Sonntag, den 15. April 1945 sich zur Ruhe legte, dachte
man mit Beklemmung an den morgigen Tag, der die Entscheidung
bringen würde. Hörte man nicht in den Abendstunden
am Sonntag die Detonationen der Granaten in Wilhermsdorf
und in der Frühe des 16. April 1945 rissen die
Detonationen, die von den Sprengungen in Wilhermsdorf
herrührten, die Menschen aus den Betten.
Doch die Nacht vom Sonntag, den 15. April auf Montag,
den 16. April 1945 ging nicht überall ungestört
vorbei. So erzählt Dok. Nr. 128 (72): "Dies
(dass die deutschen Truppen abgezogen waren - d. Verf.)
hatte ich in Erfahrung gebracht, als man mich in der
vergangenen Nacht (15. April 1945 - d. Verf.) so gegen
Mitternacht aus dem Schlaf weckte. Ein deutscher Arzt
war es, der mich weckte und mich bat, ihm den Weg
nach Keidenzell zu zeigen. Wie wir nach Keidenzell
fuhren, kamen uns deutsche Truppen entgegen. -- Ich
war froh, als wir in Keidenzell waren.
Von
dort wollte ich zu Fuß nach Hause gehen. Aber
der Arzt fuhr mich wieder heim. Als wir nach Dürrnfarrnbach
kamen, fluteten uns die deutschen Truppen von Meiersberg
her entgegen. Ich stieg aus, damit der Doktor nicht
noch einmal in diese Kolonnen geriet."
Deshalb
war es bestimmt für die meisten Bürger der
Ortschaft Dürrnfarrnbach keine allzu ruhige Nacht.
Erst gegen Morgen wird man erschöpft eingeschlafen
sein, um dann, wie schon berichtet, von den Detonationen
unsanft aufgeschreckt zu werden. Diese Soldaten setzten
sich alle Richtung Schwabach - wie schon aufgeführt
- vom Feinde ab.