Die
Pflege der Verwundeten
Der
am Kopf verletzte Junge Paul Ruf wurde von seiner
Großmutter, Frau Kleinschroth, selbst wieder
gesundgepflegt, da seine Verletzungen die er sich,
als er auf dem Schoß seiner Mutter, die von
den gleichen Kugeln tödlich verletzt wurde, saß,
zugezogen hatte, nicht so ernster Natur waren.
Anders
lagen die Dinge bei der schwer verwundeten Lehrersfrau
Frau Marie Westernacher, die auf keinem Fall zuhause
behandelt werden konnte. Sie wurde dann, wie Dok.
Nr. 125 berichtet (84): "... von Frau (verbessert)
Probst aus Dürrnfarrnbach mit dem Pferdewagen
nach Neustadt a. d. Aisch zur Behandlung gefahren."
Genauere Recherchen des Verfassers ergaben, dass die
schwer verwundete Lehrersfrau Frau Marie Westernacher
mit dem Leiterwagen von Frau (verbessert) Probst aus
Dürrnfarrnbach in das von Herrn Dr. Max Nitsche
betreute Krankenhaus in Wilhermsdorf gefahren wurde.
Eine dort arbeitende Krankenschwester brachte es zuwege,
dass US-Soldaten nach einigen Tagen Frau Westernacher
ins Krankenhaus nach Neustadt a. d, Aisch transportierten.
Die Beerdigung der Toten unter der Zivilbevölkerung
und der Gefallenen.
Nachdem
das Feuer eingestellt war, wurden die Gefallenen von
Bürgern unserer Gemeinde in dem auf dem Friedhof
stehenden Gerätehaus, in welchem ein kleiner
Raum ausgeräumt wurde, aufgebahrt. (85)
Am
Donnerstag, 19. April 1945, abends 6 Uhr war es dann
soweit, dass in einer kleinen Feierstunde, unter Anteilnahme
von einigen Bürgern unserer Gemeinde, die Gefallenen
Gefreiter
Leonhard Richter
Oberfeldwebel Otto Knobloch
von
Pfarrer König auf dem Kirchfarrnbacher Friedhof
in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt wurden. Im Beerdigungsbuch
der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Kirchfarrnbach
kann man darüber nachlesen (Dok. Nr. 134): "Die
unter 10 und 11 verzeichneten Angehörigen der
deutschen Wehrmacht fielen bei den Kämpfen am
15. und 16, April 1945 und wurden auf dem hiesigen
Friedhof unter Gebet und Gottes Wort kirchlich beerdigt."
Sicherlich gestatteten die Umstände der damaligen
Tage nicht eine größere Feier einerseits
und andererseits war es dringend notwendig, die Toten
des Kampfes, aufgrund der heißen Witterung,
zu begraben.
Wenn
man die Tage des Zweiten Weltkrieges, seinen Beginn
und das Ende, für Kirchfarrnbach bedenkt, so
stehen eigentlich am Anfang dieser Tage und am Ende
Beerdigungen von Bürgern unserer Kirchengemeinde.
Und
so war es dann auch am Freitag, 20. April 1945, als
sich die Glieder unserer Kirchengemeinde auf dem Friedhof
trafen, um von ihren Mitbürgern und Mitbürgerinnen
für immer Abschied zu nehmen.
Es
waren dies
Frau
Magdalena Löw geb. Büttner aus Kirchfarrnbach
Frau Margarete Löslein geb. Krehn aus Oberndorf
Frau Katharina Ruf geb. Kleinschroth aus Kirchfarrnbach
Herr Georg Kohler aus Kreben
Frau Anna Barbara Kohler geb. Weißkopf aus Kreben
Grenadier Willy Gampf, gefallen bei Kreben.
Im
Beerdigungsbuch der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde
kann man darüber lesen (Dok. Nr. 134): "Die
unter 12 bis 16 genannten Mitglieder unserer Gemeinde
sind alle Opfer der Beschießung beim Einzug
der Amerikaner geworden, am Montag, 16. April 1945;
die Beerdigung erfolgte in einer gemeinsamen Feier
am Freitag, 20. 4. durch Pfarrer König auf dem
Friedhof zu Kirchfarrnbach. Einsegnung mit Grabrede
über Jes. 55, 9 + 10.11 Dieser Bibeltext lautet:
" ... sondern soviel der Himmel höher ist
denn die Erde, so sind auch meine Wege höher
denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken.
Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt
und nicht wieder dahinkommt, sondern feuchtet die
Erde und macht sie fruchtbar und wachsend, dass sie
gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen."
Ergriffen
lauschte die Trauergemeinde den Worten des Geistlichen
und gar manche Gedanken waren wohl bei den in der
Ferne, an den Fronten weilenden Lieben, von denen
sie ja alle schon seit Wochen keine Nachricht mehr
hatten.
Bedrückt
ging man nach Hause, denn die Zukunft war ungewiss
und fraglich.
Die
Tage nach der Beerdigung brachten noch einige Mühsale
und ungewohnte Begebenheiten, die am besten das Dok.
Nr. 126 schildert (86): "Auch die nächsten
Tage brachten eine Reihe von Geschehnissen, die ich
hier kurz andeuten möchte. Einmal wuschen zwei
Amis bei uns ihre Hände. Diese sagten, dass unser
Haus von deutschen Kugeln getroffen worden sei. Übrigens,
die Friedhofmauer um unsere Kirche hielten die Amis
oft dicht besetzt. Auch mussten wir eine Zeitlang
eine weiße Armbinde tragen. Als dann Neger unser
Haus und die Häuser unserer Ortschaft durchsuchten,
versteckten wir Mädchen uns alle (87). Die Zeit
nach der Besetzung war nicht schön, denn wir
mussten auf vieles verzichten. So blieb oft der Strom
weg und wir mussten oft Kerzen zur Aushilfe verwenden.
Als einmal wieder kein Strom da war und ein 'Schwarzer'
in unsere Stube kam und die Katze auf dem Sofa schlafen
sah, lachte er über das ganze Gesicht und seine
Zähne schimmerten dabei weiß. (87) Wieder
ein anderes Mal mussten die Bewohner unserer Ortschaft
zum Bürgermeister Vogel und die Personalausweise
mitbringen. Weiter mussten wir die Haustüren
offen halten. In dieser Zeit waren die Amis in den
Häusern und durchsuchten sie. Hernach fehlte
da und dort etwas, jedoch bei uns blieb alles wie
es gewesen war."
Mitten
in dieser unheilvollen Zeit wurde die Bevölkerung
am 16. Mai 1945 von einer Explosion aufgeschreckt.
Was war geschehen?
Der
ehemalige Volkssturmmann Johann Beugler aus Schwaig
bei Nürnberg, der aus dem US-Gefangenenlager
Langenzenn entlassen worden war und vorübergehend
Aufnahme in Dürrnfarrnbach Nr. 14 bei der Familie
Krehn fand, arbeitete dortselbst. Am 16. Mai wollte
er mit dem Sohn des Gastwirts Hans Krehn in den Wald
fahren. An der Straße zwischen Keidenzell und
Kirchfarrnbach fuhr er auf eine dort noch nicht geräumte
deutsche Tellermine.
Dok.
Nr. 136 berichtet davon: "Sie wollten in den
Wald fahren. Am Straßenrand hatten die Deutschen
Tellerminen vergraben. Während des Fahrens fraßen
die Kühe am rechten Straßenrand. Auf einmal
kam das vordere rechte Rad auf eine Mine. Diese explodierte,
schnitt den Wagen - wie mit einem Messer geschnitten
- in der Mitte auseinander. Dem vorne rechts sitzenden
Volkssturmmann wurde das rechte Bein abgerissen. Vermutlich
war er sofort tot. In Kirchfarrnbach hörte man
diesen Schlag. Mein Vater und ein anderer Dorfbewohner
sahen eine schwarze Rauchwolke und sie eilten zur
Unglücksstelle. Der Junge Hans Krehn war am Kopf
und an beiden Beinen schwer verletzt. Sofort versuchten
mein Vater und ein anderer Mitbürger unserer
Gemeinde den schwer verletzten Jungen zu "verarzten".
Glücklicher Weise kamen US-Soldaten auf einem
Jeep fahrend an der Unglücksstelle vorbei und
sie riefen per Funk einen amerikanischen Sanitätskraftwagen.
Dieser kam nach kurzer Zeit und transportierte den
verwundeten Hans Krehn in das Wilhermsdorfer Krankenhaus.
Dortselbst genaß er wieder dank der fürsorglichen
Pflege des Arztes und Leiter des Krankenhauses und
dem 'Krankenpersonal.'."