Die
letzten Kriegstage in der Gemeinde Katterbach
Sie
sind, wie in den anderen Gemeinden des Schulverbandes
geprägt von drei Ereignissen:
l.
Einsatz des Volkssturms.
2. Sicherung des eigenen Überlebens und
3. von der Besetzung unserer Gemeinde durch deutsche
Truppen.
Das
Problem des Panzersperrenbaus gab es in der Gemeinde
Katterbach nicht, weil in keiner der drei Ortschaften
Panzersperren angelegt wurden. Auch der Einsatz von
Volkssturmleuten aus der Gemeinde Katterbach war nicht
so problematisch, wie der aus den Gemeinden Wilhermsdorf
und Dippoldsberg. Wohl kamen Bürger aus der Gemeinde
zum Einsatz, jedoch Verluste an Menschenleben hatten
sie nicht zu beklagen.
Über
seinen Volkssturmeinsatz und seine Rückkehr von
demselben berichtet Dok. Nr. 108 kurz (6): „Am
13. und 14. April 1945 führte ich eine Volkssturmabteilung
in Obernzenn. Wir huben dort Schützenlöcher
und Schützengräben mit etwa 300 Zivilisten
aus. Die deutschen Soldaten belegten am Abend des 14.
April unsere Schützenlöcher. Danach lösten
wir unsere Gruppe auf, um Sonntagsurlaub zu nehmen.
Am Montag, den 16. April 1945, wollten wir wieder in
Obernzenn sein.
Ich
ging mit meinem Freunde Georg Kohler aus Kreben um Neuhof
a.d. Zenn herum, um über den Staatsforst „Hirschberg"
nach Kreben zu gelangen. In den Waldungen erfuhren wir,
daß man nach uns suchte. In einem Versteck hinter
Kreben konnten wir beobachten, wie eine geschlossene
Abteilung deutscher Soldaten mit Musik die Straße
von Kreben Richtung Altkatterbach marschierte."
Als
der Berichter mit seinem Freunde nach Kreben zurückkam,
ward schon der 16. April angebrochen und mit ihm der
Tag der Einnahme durch die US Truppen.
In ihrer Abwesenheit waren die Ortschaften der Gemeinde
Quartier für die zurückflutenden deutschen
Soldaten.
Wann
und warum dies geschah, hier einige Aussagen:
Altkatterbach:
Dok. Nr. 95: „Ja, am 14. April 1945, auf dem Rückzug."
Nr. 97:„Ja, am 9. April 1945. Der Troß eines
Infanteriebataillons war in der ganzen Ortschaft einquartiert.
Bei uns waren die Vorräte und Verpflegung untergebracht."
Dok Nr. 99: „15. und 16. April 1945, die Truppen
waren auf dem Rückzug, haben die Gegend fluchtartig
verlassen."
Oder
einige Stimmen aus Kreben:
Dok. Nr. 101: „Am 12. April 1945, wegen Unterkunft
und Nahrung."
Dok. Nr. 116: „Montag, den 16. April 1945, ungefähr
von 12 bis 15 Uhr. - Einrichtung einer Schreibstube."
Dok. Nr. 114: „Ja, in der Nacht zuvor (15./16.
April 1945 - der Verf.) waren deutsche Soldaten in unserem
Wohnzimmer, wo sie eine Schreibstube einrichteten. In
der Scheune lagerten sie Munition. Gott sei Dank schafften
sie diese am anderen Morgen um 4 Uhr wieder fort."
Nicht
nur Quartier bezogen deutsche Soldaten in den Tagen
vom 9. bis 16. April 1945 in den Ortschaften Altkatterbach
und Kreben, sondern auch andere Soldaten, deutsche Soldaten,
die die Sinnlosigkeit dieses Kampfes eingesehen hatten
und nun am Ende des Krieges nicht mehr ein Opfer des
Krieges werden wollten und sich deshalb von ihrer Truppe
entfernt hatten, durchzogen Altkatterbach und Kreben
mit dem Ziele gesund und heil aus diesem „Schlamassel"
herauszukommen. Davon berichten die Dok. Nr. 106 und
111. So kann man lesen (7): „Zwei Soldaten versteckten
sich im Stall. Sie wollten nicht in Gefangenschaft kommen
und baten uns um Zivilkleidung.“
Ausführlicher
wird Dok. Nr. 111, wenn es aussagt (8): „Der Wald
(hinter der Ortschaft Kreben - der Verf.) war in den
letzten Tagen meist von deutschen Soldaten besetzt.
Wir wurden am 13./14. April abends und in der Nacht
von deutschen Soldaten besucht; sie baten um Kleidung
und Nahrungsmittel. Um nicht in Gefangenschaft zu kommen,
verließen sie ihre Einheit. Meine Mutter kleidete
fünf Soldaten ein und versorgte sie mit Nahrungsmitteln.
Sie versteckten sich bei uns in der Scheune, als meine
Mutter ihnen jedoch noch einmal Milch bringen wollte,
waren sie verschwunden. Sie ließen nur eine Taschenlampe
und einen Zettel mit den Worten zurück: 'Leider
konnten wir nicht mehr länger warten, der liebe
Gott möge euch vergelten; Namen können wir
nicht nennen.' Wir wissen nur, daß sie aus Forchheim
waren."
Einen
ausführlicheren Bericht über die Zeit der
Quartiernahme durch die deutschen Truppen in unserer
Gemeinde haben wir aus dem Ortsteil Altkatterbach. Dok.
Nr. 98 erzählt über diese Ereignisse (9):
„Am 11. oder 12. April 1945 kamen drei Fuhrwerke
in meinen Hof gefahren, mit Säcken und Kisten beladen.
Es waren ein Feldwebel und drei Soldaten dabei. In den
Säcken waren Proviantvorräte, in den Kisten
Bekleidung und Schuhe. Die Sachen gehörten einem
Infanterieregiment, das in Coburg in Garnison war. Sie
luden alles in meiner Zimmereiwerkstatt ab. Die Fuhrwerksbesitzer
waren aus Walddachsbach, Landratsamt Uffenheim.
Die
Front rückte immer näher. Die deutschen Truppen
gingen immer weiter zurück. Am Freitagfrüh,
13. 4, 1945 kam dann der ganze Troß des Infanterieregiments
nach Altkatterbach und bezog in der Ortschaft Quartier.
Der Stab des Trosses richtete bei mir in meinem oberen
Zimmer die Schreibstube ein.
Am
Samstagnachmittag, 14. 4. 1945 hörte man schon
hinter Markt Erlbach die Granaten einschlagen. Am Sonntagfrüh,
15. 4. 1945 gab dann der Hauptmann den Befehl an den
Feldwebel: die ganzen Vorräte müssen nach
Ballersdorf gefahren werden."
Verlassen
wir für einen Augenblick den Abzug der deutschen
Soldaten aus Altkatterbach und aus den anderen Ortsteilen
und verweilen etwas bei der Bevölkerung dieser
Gemeinde.
Das
Zurückfluten der deutschen Truppen, nicht zuletzt
aber das stete Nähern der Front veranlaßte
die Bevölkerung Maßnahmen zu ergreifen, um
das persönliche Überleben zu sichern. So mußten
in der Unruhe und der Hast dieser Apriltage des Jahres
1945 Bettwäsche, Kleidungsstücke und Lebensmittel
sichergestellt werden, damit man nach der Einnahme oder
nach der Überrollung durch den Feind weiterleben
konnte. Daß dies natürlich in aller Heimlichkeit
geschehen mußte, war klar, denn die Verstecke
sollten ja nur die wissen und kennen, die sich ihres
Inhaltes auch bedienen sollten. Für die Augen der
Nachbarn oder für die der Fremdarbeiter waren die
Verstecke nicht bestimmt. Dies alles schuf in unserer
Gemeinde eine Atmosphäre der Unruhe, Hetze und
Angst, zumal ja die Zukunft wirklich im Dunklen lag,
ganz zu schweigen von den Sorgen um die Lieben an der
Front.
Bange
Stunden und lange Nächte erlebten die Bewohner
unserer Gemeinde. Auch am Tage war man seines Lebens
nicht immer sicher, denn wußte man wann und wo
ein feindlicher „Jabo" auftauchen und unbarmherzig
seine MG-Feuer auf einem lenken würde? Man wußte
in diesen Tagen, daß die Jabos sogar Vogelscheuchen,
die auf den Feldern standen, mit MG-Feuern belegten.
Nachts also, oder in aller Heimlichkeit, wurden Nahrungsmittel,
Bekleidungsgegenstände und Bettwäsche sichergestellt.
Wo und wie man Nahrungsmittel, Bekleidungsgegenstände
und Bettwäsche sicherstellte, darüber einige
Aussagen:
Nahrungsmittel:
Dok. Nr. 100: „Wir gruben alles in den Sand."
Dok. Nr. 110: „Im Hauskeller."
Dok. Nr. 106: „In einer Holzkiste versteckten
wir Fleisch, Mehl und Fett und vergruben es in einem
Reisigstoß."
Bekleidungsgegenstände:
Dok. Nr. 117: „In der Scheune vergraben"
Dok. Nr. 110: „Im Hauskeller"
Dok. Nr. 100: „Haben wir in der Scheune im Holzkoffer
vergraben."
Bettwäsche:
Dok. Nr. 100: „Haben wir in der Scheune im Holzkoffer
vergraben."
Dok. Nr. 110: „Im Hauskeller, Betten im Garten,"
Dok. Nr. 117: „In der Scheune vergraben."
Natürlich
wurden nicht alle Sachen getrennt von einander versteckt;
hierzu einige Aussagen:
Dok. Nr, 102 weiß zu berichten: „Es wurden
ein paar Kisten Nahrungsmittel, wie Wäsche und
Bekleidung eingestehen.''
Dok. Nr, 109 erzählt: „Wir haben eine große
Kiste mit Brettern zusammengenagelt. Darin legten wir
Bekleidungsstücke, Bettwäsche und Nahrungsmittel.
Diese verschlossene Kiste versteckten wir in einem Reisigbüschelhaufen,
daß nichts mehr von ihr zu sehen war."
und Dok. Nr. 114 meint zu diesem Fragenkomplex: „Bettwäsche
und Bekleidungsstücke haben wir im Wald vergraben."
Mitten
in diese Hast um die Sicherung des eigenen Überlebens
platzte nun in Altkatterbach die Nachricht herein, daß
„die ganzen Vorräte" der Wehrmacht nach
Ballersdorf gebracht werden müssen. Wie aber sollten
sie nach Ballersdorf gebracht werden? Lassen wir doch
darüber und über den ganzen Transport Dok.
Nr. 98 berichten (10): „Beim Troß hatten
sie nur einen Wagen mit zwei Pferden übrig, von
denen eines lahm ging. So mußte ich mit meinen
zwei Pferden und meinem Wagen, sowie vom unteren Eberlein
ein Fuhrwerk - der Fahrer war ein kriegsgefangener Pole
- mitfahren. Der Soldat ließ sein lahmes Pferd
stehen (er war bei Frau Bergold einquartiert) und nahm
ein Pferd vom oberen Eberlein mit.
Wir
fuhren dann über Kirchfarrnbach, Oberreichenbach,
Hornsegen nach Ballersdorf. Als wir dort ankamen, war
alles schon belegt. Da sagte der Feldwebel: 'Wir fahren
weiter nach Vogtsreichenbach.’ Wir fuhren dann
über Rütteldorf dorthin. Der damalige Militärflugplatz
lag zwischen diesen Ortschaften um Großhabersdorf.
Der Flugplatz wurde immer wieder von feindlichen Flugzeugen
mit Maschinengewehrfeuer abgestreut. Wir fuhren mit
großem Abstand hintereinander und sind gut in
Vogtsreichenbach angekommen.
Das
Pferd vom oberen Eberlein durfte ich wieder mitnehmen.
Ich band es am Geschirr meines Handpferdes an, wo es
dann nebenher lief. Wir zwei Fuhrwerke schlugen dann
heimwärts eine andere Richtung ein. Wir fuhren
von Vogtsreichenbach über Deberndorf, von da aus
in den Dillenbergwald, auf der alten Hochstraße
nach Hause.
In
Deberndorf sah mich unser damaliger Milchfahrer Kilian
Horneber. Er sagte zu mir: 'Sei so gut und sage es allen
Milchlieferanten von Alt- und Neukatterbach, sie sollen
morgen früh keine Milch mehr ins Milchhaus bringen,
denn die Amerikaner sind morgen in Nürnberg.'
Als
meine Pferde wieder im Stall waren, ging ich gleich
in die Schreibstube und sagte den Herren, daß
wir nicht in Ballersdorf, sondern in Vogtsreichenbach
abgeladen hätten. Ich fragte dann so nebenbei,
wie bei uns die Kriegslage stände. Ein junger Leutnant
antwortete: 'Noch wie gestern'. Ich erzählte den
Herren, was mir unser Milchabholer gesagt hatte. Ich
sagte: 'Wenn ihr mit euren Vorräten rechtzeitig
über Ammerndorf Roßtal - Schwabach hinauskommen
wollt, dürft ihr nicht mehr lange warten.'
Ich
ging dann wieder. Kurze Zeit später riefen sie
nach einigen Soldaten, die bei uns im Wohnzimmer waren.
Diese liefen dann im Dorf zu ihren Kameraden und erteilten
den Befehl zum Abrücken. Am Sonntagnachtmittag,
15. 4. 1945, gegen 12 Uhr, zog der ganze Troß,
ungefähr 12 bis 15 Wagen, von Altkatterbach ab."
Froh
war man an diesem Sonntag, den 15. April 1945 darüber,
daß die deutschen Soldaten die Gemeinde verließen,
war somit doch die Wahrscheinlichkeit gegeben, daß
es um diese Ortschaften nicht zum Kampfe kommen wird;
denn daß der morgige Tag, der 16. April 1945 die
Entscheidung für die Gemeinde Altkatterbach bringen
würde, war jedermann klar, die Umstände sprachen
eine beredte Sprache (1): „Feindliche Aufklärungsflieger
überflogen die Ortschaft, schossen aber nicht.
Zu dieser Zeit, als die deutschen Soldaten abzogen (Sonntag,
15. April 1945 - der Verf.) schlugen bereits die feindlichen
Granaten in Adelsdorf, in der Waldung nördlich
des Bahnhofs, im sogenannten Hammelein, ein. Unser Dorf
(Altkatterbach der Verf.) war dann frei von einer größeren
Einheit. Nur einige versprengte Landser kamen noch dann
und wann, wenn sie Hunger oder Durst hatten. Wir gaben
ihnen etwas und schauten, daß wir sie wieder fortbrachten."
Ihr
Aufenthalt in einer Ortschaft bedeutete ja Kampf um
dieselbe und wer wollte das denn in diesen letzten Tagen
dieses Krieges noch. Als dann am Sonntag, 15. April
1945, sich die Nacht über die Gemeinde Katterbach
senkte, fanden wohl viele Bürger kaum die notwendige
Nachtruhe. Wohl war man etwas vorbereitet, jedoch Bangigkeit
und Spannung lasteten über der gesamten Bevölkerung.
Was wird der morgige Tag jedem Einzelnen bringen?
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