Der
Tag der Besetzung im Ortsteil Altkatterbach am Montag,
16. April 1945
Strahlend
brach der Tag an. Nach unruhiger Nacht verließen
die Bürger unserer Gemeinde ihre Behausungen oder
Unterkünfte, sie alle wußten, daß heute
die Entscheidung fallen würde. Hörten sie
nicht gestern Abend noch die Einschläge der feindlichen
Granaten jenseits des Zenngrundes und der - das war
klar - würde auch kein zu großes Hindernis
für den Feind bedeuten. In den Ställen versorgte
man das Vieh, molk es, gab ihm Futter und Wasser, ja
und dann wartete man der Dinge, die da kommen sollten,
von denen niemand was wußte oder sich diese Realität
vorstellen konnte. Sollte allerdings die Propaganda
eines Dr. Goebbels recht haben mit ihren Greuelnachrichten,
dann stand ihnen allen - das wußten sie - Schreckenvolles
bevor. Dieses Warten auf den Feind lähmte alle
Initiative, lastete als Spannung ungeheuer auf den Menschen
der Gemeinde Katterbach. Bald allerdings sollte sich
diese Spannung lösen, denn der Feind stand vor
der Ortschaft.
Um
den Ereignissen dieses Tages gerechter zu werden, scheint
es dem Verfasser angebracht, die Ereignisse nach den
jeweiligen Ortsteilen getrennt zusammenzufassen und
zu berichten. Im Falle der Gemeinde Altkatterbach ist
dies insofern leicht, da wir bei unserer Schilderung
auch dem tatsächlichen Kampfverlauf bzw. die tatsächliche
Marschroute der US-Truppen verfolgen können.
Der
16. April 1945 im Ortsteil Altkatterbach
(12) „Wir hatten den Bier- und Felsenkeller in
der Hohlgasse zwischen Alt- und Neukatterbach gesäubert
und mit Bänken und Stühlen versehen. Er galt
als bombensicher. Dort haben sich dann am Montag, 16.
4. 1945, als in der Frühe die Kanonade wieder einsetzte,
die meisten Einwohner versteckt."
Panzeralarm
wurde in Altkatterbach von niemandem gegeben. Die Bewohner
suchten nach Eröffnung der Kanonade im Zenngrund
oder bei Ansichtigwerden der feindlichen Panzer die
Schutzräume auf. (13) Einige jedoch blieben auf
der Straße und dachten dem Kommenden somit besser
begegnen zu können. (14)
Welche
Schutzräume wurden vorwiegend aufgesucht?
Dok. Nr. 97: „Felsenkeller an der Straße
von Alt nach Neukatterbach. Der größte Teil
der Einwohner."
Dok. Nr. 95: „Keller im Haus" ... Hier suchten
Schutz die Familien Schweigt und Niebauer."
Dok. Nr. 96: „Keller ... Hier fand sich ebenfalls
eine saarländische Familie namens Wags."
Während
nun die Bürger Altkatterbachs sich in den Schutzräumen
befanden, spielte sich draußen folgendes ab. Dok.
Nr. 98 schildert dies genau (15): „Von einem erhöhten
Platz aus sah man bald die Rauchwolken von Adelsdorf
aufsteigen. Bald darauf sah man Adelsdorfer Leute auf
den Feldern zwischen Altkatterbach und Dippoldsberg.
Einige Zeit später sah man über die Hirschbergwaldung
hinweg dichte Rauchschwaden ziehen. Es brannte Neuhof."
(a. d. Zenn der Verf.)
Bei
Herannahen des Feindes waren die Altkatterbacher nicht
hilf- oder kopflos, sondern sie wußten was sie
tun mußten, um das größte Unheil abzuwenden.
Doch lesen wir im Dok. Nr. 98 weiter (15): „Wir
waren noch vier Mann, die den ersten Weltkrieg mitgemacht
hatten. Wir wußten, um was es geht, wenn der Feind
kommt. Wir hatten ausgemacht, wenn der letzte deutsche
Soldat die Ortschaft verlassen hätte, die weiße
Fahne auszuhängen. Wir wußten nicht, wo der
Feind herkommen würde. Hans Enßner und Konrad
Eberlein waren an der Nordseite der Ortschaft. Sie hatten
den Auftrag, sofort nach dem Verlassen der deutschen
Soldaten die weiße Fahne aufzuhängen. Dies
geschah dann auch. (16) Ich war auf der Südwestseite
in Bereitschaft. In den ersten Nachmittagsstunden stand
ich auf einem Miststapel, der an der Straße Richtung
Kreben lag.
Von
dieser Stelle sah ich Meiersberg liegen. Kaum stand
ich dort, ging wieder eine größere Kanonade
los. Ich sah, wie Granaten in Meiersberg einschlugen,
ohne daß ein Brand entstanden wäre. Es sind
aber viele Gebäude stark beschädigt worden.
(17)
Ich
stand noch auf diesem Platz, da hörte ich Panzer
aus Richtung Adelsdorf kommen; sie fuhren den Mausersbuck
heraus und gingen oben im Feld (Lichteneichen) in Stellung.
Zwei Panzer bogen Richtung Osten ab mit Rohrmündung
nach Altkatterbach. Sie fuhren dann in gleicher Höhe
meines Standplatzes, in etwa 400 m Entfernung, zur Ortschaft.
Dort blieben sie schußbereit stehen. Ein großes,
weißes Bettuch war bereits ausgehängt. Ich
ging dann zu den Leuten im Felsenkeller und sagte ihnen,
daß der Feind nicht aus Richtung Neukatterbach
käme, sondern von hinten herauf. Sie sollten vorläufig
(im Keller) bleiben.
Ich
ging dann zurück in mein Anwesen. Als ich im Hof
war, rollten bereits die ersten Panzer an. Der erste
Panzer hielt vor der Scheune meines Nachbarn. Ein Mann
mit einem Maschinengewehr saß auf dem Panzer.
Ich nahm die weiße Fahne, ging zum Hoftor und
steckte sie auf. Der Amerikaner nickte mir zu, daß
es in Ordnung wäre. In diesem Moment kamen hinter
der Scheune Böhmländer zwei deutsche Soldaten
mit erhobenen Händen hervor und begaben sich in
Gefangenschaft.
Wahrscheinlich
stand jedoch noch ein Kamerad dieser Soldaten hinter
der Scheune. Er nahm ein Fahrrad, das er vorher aus
dem Hofe Bergold holte, und fuhr damit in Richtung Kreben.
Er muß sich dort längere Zeit aufgehalten
haben. Die feindlichen Panzer nahmen den Wald, in welchem
sich dieser Soldat aufhielt, in Beschuß. Im Wald
Bergold, in einer Waldschneise lag er neben dem Fahrrad,
durch Maschinengewehrkugeln gefallen."
Die
Panzer der US-Army verhielten nicht lange in Altkatterbach,
sondern fuhren, nachdem die Ortschaft die weiße
Flagge zeigte, gleich weiter in Richtung Kreben (18),
um dann von dort - dies läßt sich heute rekonstruieren
- nach Oberndorf/Kirchfarrnbach/, Seubersdorf/Cadolzburg
zu gelangen.
Hingegen
marschierten die US-Truppen, die Meiersberg und Dippoldsberg
eingenommen hatten und dort übernachteten, über
Dürrnfarrnbach nach Kirchfarrnbach weiter. Letzteres
geschah allerdings erst am 17. April 1945.
Nachdem
US-Truppen in der Mittagszeit das Dorf passiert hatten,
verließen die Altkatterbacher ihre Schutzräume
und begaben sich in ihre unversehrten Höfe. Sie
wurden somit Zeugen des Kampfes um Kreben.
|