Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges in der Gemeinde Katterbach mit ihren Ortsteilen Altkatterbach, Kreben und Oberndorf
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 3
 
 

Der Tag der Besetzung im Ortsteil Altkatterbach am Montag, 16. April 1945

Strahlend brach der Tag an. Nach unruhiger Nacht verließen die Bürger unserer Gemeinde ihre Behausungen oder Unterkünfte, sie alle wußten, daß heute die Entscheidung fallen würde. Hörten sie nicht gestern Abend noch die Einschläge der feindlichen Granaten jenseits des Zenngrundes und der - das war klar - würde auch kein zu großes Hindernis für den Feind bedeuten. In den Ställen versorgte man das Vieh, molk es, gab ihm Futter und Wasser, ja und dann wartete man der Dinge, die da kommen sollten, von denen niemand was wußte oder sich diese Realität vorstellen konnte. Sollte allerdings die Propaganda eines Dr. Goebbels recht haben mit ihren Greuelnachrichten, dann stand ihnen allen - das wußten sie - Schreckenvolles bevor. Dieses Warten auf den Feind lähmte alle Initiative, lastete als Spannung ungeheuer auf den Menschen der Gemeinde Katterbach. Bald allerdings sollte sich diese Spannung lösen, denn der Feind stand vor der Ortschaft.

Um den Ereignissen dieses Tages gerechter zu werden, scheint es dem Verfasser angebracht, die Ereignisse nach den jeweiligen Ortsteilen getrennt zusammenzufassen und zu berichten. Im Falle der Gemeinde Altkatterbach ist dies insofern leicht, da wir bei unserer Schilderung auch dem tatsächlichen Kampfverlauf bzw. die tatsächliche Marschroute der US-Truppen verfolgen können.

Der 16. April 1945 im Ortsteil Altkatterbach

(12) „Wir hatten den Bier- und Felsenkeller in der Hohlgasse zwischen Alt- und Neukatterbach gesäubert und mit Bänken und Stühlen versehen. Er galt als bombensicher. Dort haben sich dann am Montag, 16. 4. 1945, als in der Frühe die Kanonade wieder einsetzte, die meisten Einwohner versteckt."

Panzeralarm wurde in Altkatterbach von niemandem gegeben. Die Bewohner suchten nach Eröffnung der Kanonade im Zenngrund oder bei Ansichtigwerden der feindlichen Panzer die Schutzräume auf. (13) Einige jedoch blieben auf der Straße und dachten dem Kommenden somit besser begegnen zu können. (14)

Welche Schutzräume wurden vorwiegend aufgesucht?
Dok. Nr. 97: „Felsenkeller an der Straße von Alt nach Neukatterbach. Der größte Teil der Einwohner."
Dok. Nr. 95: „Keller im Haus" ... Hier suchten Schutz die Familien Schweigt und Niebauer."
Dok. Nr. 96: „Keller ... Hier fand sich ebenfalls eine saarländische Familie namens Wags."

Während nun die Bürger Altkatterbachs sich in den Schutzräumen befanden, spielte sich draußen folgendes ab. Dok. Nr. 98 schildert dies genau (15): „Von einem erhöhten Platz aus sah man bald die Rauchwolken von Adelsdorf aufsteigen. Bald darauf sah man Adelsdorfer Leute auf den Feldern zwischen Altkatterbach und Dippoldsberg. Einige Zeit später sah man über die Hirschbergwaldung hinweg dichte Rauchschwaden ziehen. Es brannte Neuhof." (a. d. Zenn der Verf.)

Bei Herannahen des Feindes waren die Altkatterbacher nicht hilf- oder kopflos, sondern sie wußten was sie tun mußten, um das größte Unheil abzuwenden. Doch lesen wir im Dok. Nr. 98 weiter (15): „Wir waren noch vier Mann, die den ersten Weltkrieg mitgemacht hatten. Wir wußten, um was es geht, wenn der Feind kommt. Wir hatten ausgemacht, wenn der letzte deutsche Soldat die Ortschaft verlassen hätte, die weiße Fahne auszuhängen. Wir wußten nicht, wo der Feind herkommen würde. Hans Enßner und Konrad Eberlein waren an der Nordseite der Ortschaft. Sie hatten den Auftrag, sofort nach dem Verlassen der deutschen Soldaten die weiße Fahne aufzuhängen. Dies geschah dann auch. (16) Ich war auf der Südwestseite in Bereitschaft. In den ersten Nachmittagsstunden stand ich auf einem Miststapel, der an der Straße Richtung Kreben lag.

Von dieser Stelle sah ich Meiersberg liegen. Kaum stand ich dort, ging wieder eine größere Kanonade los. Ich sah, wie Granaten in Meiersberg einschlugen, ohne daß ein Brand entstanden wäre. Es sind aber viele Gebäude stark beschädigt worden. (17)

Ich stand noch auf diesem Platz, da hörte ich Panzer aus Richtung Adelsdorf kommen; sie fuhren den Mausersbuck heraus und gingen oben im Feld (Lichteneichen) in Stellung. Zwei Panzer bogen Richtung Osten ab mit Rohrmündung nach Altkatterbach. Sie fuhren dann in gleicher Höhe meines Standplatzes, in etwa 400 m Entfernung, zur Ortschaft. Dort blieben sie schußbereit stehen. Ein großes, weißes Bettuch war bereits ausgehängt. Ich ging dann zu den Leuten im Felsenkeller und sagte ihnen, daß der Feind nicht aus Richtung Neukatterbach käme, sondern von hinten herauf. Sie sollten vorläufig (im Keller) bleiben.

Ich ging dann zurück in mein Anwesen. Als ich im Hof war, rollten bereits die ersten Panzer an. Der erste Panzer hielt vor der Scheune meines Nachbarn. Ein Mann mit einem Maschinengewehr saß auf dem Panzer. Ich nahm die weiße Fahne, ging zum Hoftor und steckte sie auf. Der Amerikaner nickte mir zu, daß es in Ordnung wäre. In diesem Moment kamen hinter der Scheune Böhmländer zwei deutsche Soldaten mit erhobenen Händen hervor und begaben sich in Gefangenschaft.

Wahrscheinlich stand jedoch noch ein Kamerad dieser Soldaten hinter der Scheune. Er nahm ein Fahrrad, das er vorher aus dem Hofe Bergold holte, und fuhr damit in Richtung Kreben. Er muß sich dort längere Zeit aufgehalten haben. Die feindlichen Panzer nahmen den Wald, in welchem sich dieser Soldat aufhielt, in Beschuß. Im Wald Bergold, in einer Waldschneise lag er neben dem Fahrrad, durch Maschinengewehrkugeln gefallen."

Die Panzer der US-Army verhielten nicht lange in Altkatterbach, sondern fuhren, nachdem die Ortschaft die weiße Flagge zeigte, gleich weiter in Richtung Kreben (18), um dann von dort - dies läßt sich heute rekonstruieren - nach Oberndorf/Kirchfarrnbach/, Seubersdorf/Cadolzburg zu gelangen.

Hingegen marschierten die US-Truppen, die Meiersberg und Dippoldsberg eingenommen hatten und dort übernachteten, über Dürrnfarrnbach nach Kirchfarrnbach weiter. Letzteres geschah allerdings erst am 17. April 1945.

Nachdem US-Truppen in der Mittagszeit das Dorf passiert hatten, verließen die Altkatterbacher ihre Schutzräume und begaben sich in ihre unversehrten Höfe. Sie wurden somit Zeugen des Kampfes um Kreben.

 
 
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