Der
16. April im Ortsteil Oberndorf
Dieser Tag wird die Entscheidung bringen, so dachten
auch die Bewohner der kleinen, an die Gemeinde Kirchfarrnbach
angrenzenden Ortschaft Oberndorf über den 16. April
1945. Längst war man in Kirchfarrnbach und hatte
sich mit nötigen und noch zu erhaschenden Waren
und Gegenständen etwas versorgt. Wie überall
im Zenngrund und seinen angrenzenden Ortschaften, so
fürchtete man auch in Oberndorf die Jabos und,
wie überall in fränkischen Landen, so auch
in Oberndorf, war man froh, wenn es nicht hier zu Kampfhandlungen
zwischen den deutschen und den amerikanischen Truppen
kommen würde.
Vieles
sprach dafür, denn die zurückflutenden deutschen
Landser zogen in der Überzahl durch Kirchfarrnbach
und weniger durch das kleine Oberndorf. Auch konnte
man sich nicht vorstellen, daß US-Truppen bei
ihrem Vormarsch die Ortschaft von Kreben kommend besetzen
oder einnehmen würden. Dies bedeutete doch, daß
die US-Truppen entweder von Neuhof a. d. Zenn kommend
den schlechten Gemeindeverbindungsweg Hirschneuses -
Kreben oder den ebensolchen von Altkatterbach - Kreben
als Vormarschstraße benutzen würden. Vielmehr,
der Straßenzustand sprach dafür, so war anzunehmen,
würden die US-Truppen von Kirchfarrnbach kommend
Oberndorf besetzen. Letzteres würde dann bedeuten,
daß die US-Truppen entweder den Weg: Wilhermsdorf
- Meiersberg - Dürrnfarrnbach - Kirchfarrnbach
oder den Langenzenn - Burggrafenhof - Keidenzell - Kirchfarrnbach
nehmen würden.
Dem
war nicht so, denn kaum hatte man am Montag, den 16.
April 1945 von Kreben den Gefechtslärm, so gegen
13/14 Uhr, vernommen, als die Bewohner Oberndorfs auch
schon der US-Panzer ansichtig wurden. Sie kamen aus
Richtung Kreben!
Dieser
Moment war mit der Auslösung des Panzeralarms gleichzusetzen.
Die Bewohner Oberndorfs begaben sich eiligst in die
vorgesehenen Zivilschutzräume. Diese waren:
Dok.
Nr. 115: „...Keller unter dem Haus"
Dok. Nr. 116: „Hauskeller"
Dok. Nr. 117: „Keller im Haus an der Straße''
Allerdings
wurden diese Schutzräume nicht nur von den Besitzern
als Schutzraum genutzt, sondern auch andere Bewohner
unseres Ortssteiles suchten dort Schutz. So kann man
z. B. im Dok.Nr.116 lesen (34): „Familie Zogel
und 4 Saarländer". Ebenso im „Keller
im Haus an der Straße" befanden sich mehrere
Personen. Dok. Nr. 117 sagt darüber aus (35):
„Däumler
Georg-Margarete (Eltern)
Däumler Michael-Barbara (Großeltern)
Däumler Marianne-Frieda (Kinder)
Frau Erhard (Fliegergeschädigte aus Nürnberg)."
Kaum
hatten die Oberndorfer die Schutzräume aufgesucht,
als auch schon der Kampf begann und zwar, lassen wir
doch Dok. Nr. 115 zu Worte kommen (36): „Deutsche
Artillerie beschoß die von Kreben heranrückenden
amerikanischen Panzer in Richtung links von Oberndorf."
Diese Kampfhandlungen bestätigt auch Dok. Nr. 116
wenn es meint (37): „Zu Kampfhandlungen kam es
am Ortsausgang in Richtung Kreben.''
Das
hätte wohl niemand gedacht, daß von daher
der Feind kommen würde!
Dieses
Artilleriegefecht verursachte von deutscher wie amerikanischer
Seite aus Schäden an Gebäuden und Personen
in Oberndorf. Als dann das Feuer verstummte, die US-Truppen
in Oberndorf eindrangen und die Oberndorfer ihre Schutzräume
verließen, konnten sie davon Kenntnis nehmen.
Als erstes mußten die Oberndorfer vom Tode der
Frau Margarete Löslein erfahren. Wie ging das zu,
war wohl die Frage, die der Tod von Frau Löslein
auslöste?
Hier
einige Antworten:
„... Frau Löslein wurde von Splittern eines
Artilleriegeschoßes in ihrem Anwesen tödlich
getroffen." (Dok. Nr. 115)
Oder: „Margarete Löslein (meine Mutter) wurde
durch deutschen Artilleriebeschuß getötet."
Genauer
über den Tod der Frau Margarete Löslein berichtet
Dok. Nr. 98 (38): „In Oberndorf wurde Frau Löslein,
als sie und ihr Mann einen brennenden Strohstoß
löschen wollten, von einer deutschen Granate getroffen
und war sofort tot."
Aber
auch Schäden an Gebäuden hatten die Oberndorfer
an diesem Tage zu beklagen. So kann man im Dok. Nr.
115 lesen (39): „....Unsere Scheune wurde von
den Alliierten am 16. 4. 1945 mit Leuchtspurmunition
in Brand geschossen." Oder Dok. Nr. 116 meint zu
diesem Thema (40): „...Holz- und Strohhaufen waren
abgebrannt. Die Gebäude waren durch Splitter leicht
beschädigt". Und schließlich Dok. Nr.
117 bemerkt dazu (41): „... Fenster kaputt, Dächer
abgedeckt, Stall- und Scheunengiebel eingeschossen."
Dies
alles geschah zwischen 14 und 15 Uhr am 16. April 1945.
Kaum war der Widerstand gebrochen, die US-Truppen in
Oberndorf eingedrungen, als sie sich auch schon anschickten,
die Häuser und Keller nach etwaigen deutschen Soldaten
zu durchsuchen. Wie das geschah und mit welchen Zufällen
dabei gerechnet werden mußte, soll der hier wiedergegebene
Bericht Nr. 117 a veranschaulichen (42): „Mein
Mann war noch im Kriege als die Apriltage des Jahres
1945 anbrachen. Kurz bevor die US-Truppen unser Oberndorf
einnehmen würden, hatte ich noch einen Besuch im
Haus. Bevor er uns wieder verließ, das wußte
ich nicht, versteckte er mit Absicht oder ohne jeglichen
Anlaß in meinem Sekretär etwas Munition.
Als
nun am 16. April 1945 die US-Panzer sich von Kreben
kommend unserer Ortschaft näherten, ging ich in
den Schutzkeller hinter unserem Haus. Mit mir und meiner
kleinen Tochter waren auch noch ein Pole mit seiner
Frau und seinem Sohn in unserem Keller.
Als
das Artilleriefeuer verstummte, hörten wir, daß
die amerikanischen Truppen sich in unserem Hof aufhielten.
Im gleichen Augenblick vernahmen wir, die wir im Keller
waren, den auf eines US-Soldaten: 'Der Boß soll
rauf’. 'Der Boß', das war in diesem Augenblick
ich, mir galt dieser Befehl. Da ich mich nicht getraute
den Keller zu verlassen, ging unser Pole hinauf zu den
Amrerikanern und verständigte sich mit ihnen. Daraufhin
rief der Pole ich solle doch heraufkommen. Obwohl ich
mich sehr fürchtete - was standen in diesen Tagen
alles für schreckliche Sachen über das Verhalten
der Feinde uns gegenüber in den Zeitungen - nahm
ich meine kleine Tochter Elsbeth auf den Arm von dem
Gedanken: Wenn ich erschossen werden sollte, dann ist
es für die Kleine besser, wenn sie auch tot ist,
beseelt und ging hinauf. Als ich den Keller verlassen
hatte und im Hofe unseres Hofes stand, kam ein US-Soldat
auf mich zu und setzte mir die Pistole auf die Brust.
Inzwischen hatten die US-Soldaten die Munition in meinem
Sekretär, von deren Vorhandensein ich nicht das
geringste wußte, gefunden. Erst nachdem unser
Pole gut mit dem GI redete und immer wieder versicherte,
daß ich eine 'gute Frau' sei, nahm der US-Soldat
seine Pistole von mir. Anschließend durchsuchten
er und seine Kameraden mißtrauisch und gründlich
unser ganzes Anwesen, fanden aber Gottseidank nichts
Verdächtiges mehr. Zur gleichen Zeit durchsuchten
andere US-Soldaten beim Nachbarn Schweikert die Scheune.
Dort fanden sie einen deutschen Soldaten, der sich versteckt
hielt. Sie nahmen ihn gefangen. Während er sich
mit mir unterhielt, wurde er angeschossen und dabei
verwundet. Die US-Truppen transportierten dann den deutschen,
angeschossenen Soldaten ab. Nachdem die GI's bei uns
alles durchstöbert hatten, zogen sie zu unserer
Freude wieder ab."
Als
dann die Nacht hereinbrach, war auch in Oberndorf die
Entscheidung gefallen und auch hier stand bang die Frage
nach der Zukunft: Wie wird es weitergehen, im Raum.
Doch
die US-Truppen, die am Morgen des 16. April 1945 von
Eschenbach kommend Adelsdorf im Zenngrund besetzten,
Altkatterbach in der Mittagszeit erreichten, um 14 Uhr
Kreben eroberten, fuhren noch weiter ins fränkische
Land hinein.
Dok.
Nr. 98 sagt darüber weiter aus (43): „Der
Feind fuhr weiter nach Oberndorf und Kirchfarrnbach.
Die beiden Orte wurden mit Brandgranaten beschossen.
In Oberndorf brannte die Scheune Zogel, in Kirchfarrnbach
die Scheune von Georg Kleinschroth, Dietrich, Eichler
und Heinrich Ruf. Die Panzer rollten durch Kirchfarrnbach
weiter nach Oberreichenbach und schossen dort auch fünf
Scheunen in Brand. All dies geschah noch am 16. 4. 1945."
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