Persönlicher Bericht von Frau Anna Heller, geb.
15. 5. 1934,
Kreben Nr. 11 1/2 (Anwesen Billing).
Während
des Krieges wurden wir häufig durch Fliegeralarm
gestört, besonders in den letzten Tagen. Das könnte
darauf zurückzuführen sein, daß ein
Flugplatz von Großhabersdorf über Seubersdorf,
Oberreichenbach bis an die Grenzen von Kirchfarrnbach
reichte. Es wurden Flugschüler ausgebildet und
daher war der Flugplatz ständig von deutschen Soldaten
besetzt.
Der
Fliegeralarm wurde durch eine Sirene vom Flugplatz ausgelöst.
Durch rechtzeitiges Auslösen konnten sich alle
Bürger in Sicherheit bringen. Von einem gewissen
Alter an, (genau weiß ich es nicht mehr, war erst
11 Jahre alt) hatte jeder Bürger eine Gasmaske.
Mein
Vater war als Soldat in Rußland, meine Mutter
und meine Großmutter, die diese Schreckenstage
miterlebt haben, sind nicht mehr am Leben. Im Wald,
der sich hinter Kreben entlangzieht, war am Ortseingang
und am Ortsausgang jeweils ein Bunker. Bürger aus
Kreben hatten ein Loch ausgehoben, ca. 20 qm - 2 m tief,
legten darüber starke Hölzer und bedeckten
es wieder mit Erde. Ein schmaler Gang diente als Ein-
und Ausgang. Im Inneren des Bunkers war nur eine spärliche
Holzbank, die Sitzgelegenheit bot. Der Bunker wurde
meist von den älteren Leuten aufgesucht, die Jungen
hielten sich am Waldrand auf und beobachteten, wie die
Flieger die Stadt Nürnberg und die Stadt Fürth
angriffen.
Auf
einem Schubkarren luden wir Wäschestücke auf
und nahmen Kleidungsstücke mit. Der Wald war in
den letzten Tagen meist von deutschen Soldaten besetzt.
Wir wurden am 13./14. April abends und in der Nacht
von deutschen Soldaten besucht; sie baten um Kleidung
und Nahrungsmittel. Um nicht in Gefangenschaft zu kommen,
verließen sie ihre Einheit. Meine Mutter kleidete
fünf Soldaten ein und versorgte sie mit Nahrungsmitteln.
Sie versteckten sich bei uns in der Scheune, als meine
Mutter ihnen jedoch noch einmal Milch bringen wollte,
waren sie verschwunden. Sie ließen nur eine Taschenlampe
und einen Zettel mit den Worten zurück: „Leider
konnten wir nicht mehr länger warten, der liebe
Gott möge euch vergelten; Namen können wir
nicht nennen." Wir wissen nur, daß sie aus
Forchheim waren.
Am
16. April, gegen 11.00 Uhr, wurde von den deutschen
Soldaten Panzeralarm ausgelöst. Nahrungsmittel
hatten wir in großen Kisten verpackt und vergraben.
Wäschestücke wurden in unserem Scheunenkeller
versteckt. Meine Großmutter, meine Mutter, meine
Schwester und ich hielten uns im Haus auf. Plötzlich
fielen die ersten Schüsse, meine Mutter schaute
hinaus, da kamen die ersten Panzer aus dem Katterbacher
Wald. Dann spielte sich alles in einigen Minuten ab.
Die deutschen Soldaten leisteten Widerstand und es kam
zu einer heftigen Schießerei. Es gab im ersten
Augenblick keine Möglichkeit eine weiße Fahne
zu hissen. Meine Mutter bat einen Soldaten, doch nicht
mehr zu schießen. Darauf schrie er: „Was
Befehl ist, ist Befehl!"
Schließlich
verließen wir unter Kugelhagel unser Haus und
flüchteten zum Nachbarn Vogel in den Keller. Meine
Mutter bemerkte gerade noch, daß unsere Scheune
brannte. Sie und Herr Vogel gingen zurück, um das
Vieh zu retten. Mit Hilfe der Nachbarn konnte das Großvieh
gerettet werden, die Schweine verbrannten. Löschen
konnten wir nur soviel, wie wir Wasser aus unserem Brunnen
herbeischaffen konnten. 2 Scheunen, 1 Strohhaufen und
1 Flachshaufen brannten mit ab.
Die
Amerikaner durchsuchten die Keller nach deutschen Soldaten.
Die Familie Kohler hielt die Türe zu und wurde
daher erschossen.
Oberhalb
von Kreben fiel ein deutscher Soldat. Er ist in Kirchfarrnbach
beerdigt. Längere Zeit später wurde er wieder
ausgegraben und in seine Heimat überführt.
Kreben
war einen Tag lang von den Amerikanern besetzt. Wir
selbst wurden nicht ausgeraubt.
Mit
den ausländischen Arbeitern haben wir uns immer
gut verstanden.
Kreben,
den 9. 2. 1973
gez. Anna Heller
|