Unter
dem Begriff Gemeinde verstand man früher nur den
Verband oder die Genossenschaft der Dorfbewohner, die
Rechte am Gemeindeland hatten. Die Dorfbewohner gliederten
sich im allgemeinen in folgende Gruppen:
1. Haussassen
2. Hintersassen
3. Beisassen
zu
1) die Haussassen gliederten sich in Bauern, die Grundbesitz
und Viehbestand hatten, und in Kögler, die in etwas
ärmeren Verhältnissen lebten, jedoch rechtlich
die gleiche Stellung wie die Bauern hatten.
zu
2) die Hintersassen, das „dörfliche Proletariat“,
gliederten sich in Beständner, die als Tagelöhner
im Hause eines Bauern Aufnahme gefunden und für
diesen mit ihrer ganzen Familie gegen Entgeld bzw. freie
Wohnung und Verpflegung gearbeitet hatten, und in Ehehalten,
die ohne jede Rechte, sich als Knechte oder Mägde
verdungen hatten.
zu
3) die Beisassen bildeten in der Hauptsache die Gewerbetreibenden
im Dorf, einschließlich des Pfarrers und des Lehrers.
Sie hatten meist kein eigenes Land, besaßen aber
größeres Ansehen als die Hintersassen, denn
man war auf sie angewiesen.
Oberstes
Organ der Gemeinde war damals die Gemeindeversammlung.
Sie entschied in allen ihren Angelegenheiten betreffenden
Sachen endgültig und unwiderruflich. In fast allen
Gemeindeordnungen wurden alle Dorfleute, Haussässige
und Hausgenossen zur Gemeindeversammlung bestellt und
mussten erscheinen. Nicht erscheinen durften Beständner
sowie Knechte und Mägde.
Die
Rechtler der Gemeinde Kirchfarrnbach-Oberndorf wählten
alle Jahre in Kirchfarrnbach zwei Dorfmeister am Tag
Andreä (30. November), die über die aus uralter
Zeit überlieferte Ordnung zu wachen hatten. Die
Dorfmeister sind die Vertrauensleute zwischen der Gemeinde
und der Herrschaft. Sie sind somit die Hüter der
Rechtsordnung im Dorf und üben die Gemeindeverwaltung
aus.
Neben
den Dorfmeistern übt der Hirt eine äußerst
wichtige Stellung aus. Die gemeindliche Viehzucht wird
von einem Fachmann, dem Hirten ausgeübt. Als Entlohnung
erhält er die Hirtenpfründe, eine den einzelnen
Bauern auferlegte Abgabe. Weiterhin soll der Hirt von
Kirchfarrnbach die Armen beherbergen.
Der
Dorfflurer ist mit den gemeindlichen Verwaltungsaufgaben
betraut. Er ist in seiner Stellung nach der Ortspolizist.
Wie
der Flurer bei Tag im Dorf und Feld für Ordnuung
sorgt, so übernimmt diese Aufgabe bei Nacht der
Nachtwächter.
Der
Bader muss das Bad sauber halten und den Dorfbewohnern
gegen entsprechendes Entgelt warmes Wasser zum Baden
verabreichen; damit waren Nebenleistungen verbunden,
wie Haarpflege und Gesundheitsdienst.
Der Gottshauspfleger war für die Verwahrung und
Verwaltung des Kirchenvermögens und für die
Einbringung der an die Kirche zu leistenden Abgaben
verantwortlich.
Der
Holzwart musste den Gemeindewald hüten und pflegen.
Von
diesen, bei weitem nicht allen Amtspersonen, sind in
unserer Gemeindeordnung nur der Dorfmeister und der
Hirt aufgeführt. Die drei anderen Amtspersonen
waren auch in Kirchfarrnbach sicherlich vorhanden, man
hat sie wahrscheinlich nur nicht besonders erwähnt.
Das
Strafrecht dieser Gemeindeordnung ist ein Geldstrafenrecht.
Die hier angegebenen Geldstrafen dürften noch in
der damals alten Währung aufgeführt sein.
Nach der alten Währung galt:
1
Pfund (alt) = 30 Pfennige = 60 Heller
Im 15. Jahrhundert kann 1 Gulden einem Pfund gleichgesetzt
werden, übersteigt aber in späterer Zeit das
Pfund an Wert.
1 Gulden (fl.) = 60 Kreuzer (ungefähr 1 Pfund)
Die
in unserer Gemeindeordnung vorkommenden Geldstrafen
sind:
5 fl. (Gulden)
5 Pfund (damals etwas weniger als 5 fl.)
1/2 fl.
15 Pf. (damals etwas weniger als ½ fl.)
1 Ort (=1/4 fl.)
Das
Anwachsen der Bevölkerung und die ständige
Vergrößerung der angebauten Fläche hatte
allmählich dazu geführt, dass Uneinigkeiten
entstanden waren. Der Gemeindeverband war deshalb an
den Landesherrn herangetreten, eine neue Gemeindeordnung
zu erlassen.
Am
29. Juni 1597 erhielten dann die Kirchfarrnbach und
die Oberndorfer ihre neue Gemeindeordnung.
In der Einleitung unterstrecht der Kanzleistil der damaligen
Zeit ganz besonders die eingerissenen unfriedlichen
Zustände unter der der Ortsbevölkerung.
In einer kurz vorher getroffenen Vereinbarung vom 6.
Mai 1597 ging es nur um rein wirtschaftliche Fragen
und Streitfälle.
Der
genaue Wortlaut der Gemeindeordnung ist als getreue
Abschrift wiedergegeben.