Gemeindsordnung zu Kirchfarrnbach und Oberndorf 1597
Aus "Beiträge zur Ortsgeschichte von Kirchfarrnbach" von Walter Geißelbrecht 1963
Teil 1 (von 6 Teilen) Einführung
 
 
Einführung von Walter Geißelbrecht
(etwas gekürzt)
 
     
  Im folgenden soll nur das Wichtigste und Wesentliche herausgestellt werden.

Unter dem Begriff Gemeinde verstand man früher nur den Verband oder die Genossenschaft der Dorfbewohner, die Rechte am Gemeindeland hatten. Die Dorfbewohner gliederten sich im allgemeinen in folgende Gruppen:
1. Haussassen
2. Hintersassen
3. Beisassen

zu 1) die Haussassen gliederten sich in Bauern, die Grundbesitz und Viehbestand hatten, und in Kögler, die in etwas ärmeren Verhältnissen lebten, jedoch rechtlich die gleiche Stellung wie die Bauern hatten.

zu 2) die Hintersassen, das „dörfliche Proletariat“, gliederten sich in Beständner, die als Tagelöhner im Hause eines Bauern Aufnahme gefunden und für diesen mit ihrer ganzen Familie gegen Entgeld bzw. freie Wohnung und Verpflegung gearbeitet hatten, und in Ehehalten, die ohne jede Rechte, sich als Knechte oder Mägde verdungen hatten.

zu 3) die Beisassen bildeten in der Hauptsache die Gewerbetreibenden im Dorf, einschließlich des Pfarrers und des Lehrers. Sie hatten meist kein eigenes Land, besaßen aber größeres Ansehen als die Hintersassen, denn man war auf sie angewiesen.

Oberstes Organ der Gemeinde war damals die Gemeindeversammlung. Sie entschied in allen ihren Angelegenheiten betreffenden Sachen endgültig und unwiderruflich. In fast allen Gemeindeordnungen wurden alle Dorfleute, Haussässige und Hausgenossen zur Gemeindeversammlung bestellt und mussten erscheinen. Nicht erscheinen durften Beständner sowie Knechte und Mägde.

Die Rechtler der Gemeinde Kirchfarrnbach-Oberndorf wählten alle Jahre in Kirchfarrnbach zwei Dorfmeister am Tag Andreä (30. November), die über die aus uralter Zeit überlieferte Ordnung zu wachen hatten. Die Dorfmeister sind die Vertrauensleute zwischen der Gemeinde und der Herrschaft. Sie sind somit die Hüter der Rechtsordnung im Dorf und üben die Gemeindeverwaltung aus.

Neben den Dorfmeistern übt der Hirt eine äußerst wichtige Stellung aus. Die gemeindliche Viehzucht wird von einem Fachmann, dem Hirten ausgeübt. Als Entlohnung erhält er die Hirtenpfründe, eine den einzelnen Bauern auferlegte Abgabe. Weiterhin soll der Hirt von Kirchfarrnbach die Armen beherbergen.

Der Dorfflurer ist mit den gemeindlichen Verwaltungsaufgaben betraut. Er ist in seiner Stellung nach der Ortspolizist.

Wie der Flurer bei Tag im Dorf und Feld für Ordnuung sorgt, so übernimmt diese Aufgabe bei Nacht der Nachtwächter.

Der Bader muss das Bad sauber halten und den Dorfbewohnern gegen entsprechendes Entgelt warmes Wasser zum Baden verabreichen; damit waren Nebenleistungen verbunden, wie Haarpflege und Gesundheitsdienst.
Der Gottshauspfleger war für die Verwahrung und Verwaltung des Kirchenvermögens und für die Einbringung der an die Kirche zu leistenden Abgaben verantwortlich.

Der Holzwart musste den Gemeindewald hüten und pflegen.

Von diesen, bei weitem nicht allen Amtspersonen, sind in unserer Gemeindeordnung nur der Dorfmeister und der Hirt aufgeführt. Die drei anderen Amtspersonen waren auch in Kirchfarrnbach sicherlich vorhanden, man hat sie wahrscheinlich nur nicht besonders erwähnt.

Das Strafrecht dieser Gemeindeordnung ist ein Geldstrafenrecht. Die hier angegebenen Geldstrafen dürften noch in der damals alten Währung aufgeführt sein. Nach der alten Währung galt:

1 Pfund (alt) = 30 Pfennige = 60 Heller
Im 15. Jahrhundert kann 1 Gulden einem Pfund gleichgesetzt werden, übersteigt aber in späterer Zeit das Pfund an Wert.
1 Gulden (fl.) = 60 Kreuzer (ungefähr 1 Pfund)

Die in unserer Gemeindeordnung vorkommenden Geldstrafen sind:
5 fl. (Gulden)
5 Pfund (damals etwas weniger als 5 fl.)
1/2 fl.
15 Pf. (damals etwas weniger als ½ fl.)
1 Ort (=1/4 fl.)

Das Anwachsen der Bevölkerung und die ständige Vergrößerung der angebauten Fläche hatte allmählich dazu geführt, dass Uneinigkeiten entstanden waren. Der Gemeindeverband war deshalb an den Landesherrn herangetreten, eine neue Gemeindeordnung zu erlassen.

Am 29. Juni 1597 erhielten dann die Kirchfarrnbach und die Oberndorfer ihre neue Gemeindeordnung.
In der Einleitung unterstrecht der Kanzleistil der damaligen Zeit ganz besonders die eingerissenen unfriedlichen Zustände unter der der Ortsbevölkerung.
In einer kurz vorher getroffenen Vereinbarung vom 6. Mai 1597 ging es nur um rein wirtschaftliche Fragen und Streitfälle.

Der genaue Wortlaut der Gemeindeordnung ist als getreue Abschrift wiedergegeben.

 
 
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