Wo meine Heimat ist
 
         
 

Wo zwischen Zenn und Bibert
das Land zur Höhe steigt,
der Farrnbachgrund allmählich
sich gegen Osten neigt,
wo weite Föhrenwälder,
- ein dunkelgrünes Meer -
vom Dill’nberg rüberschauen,
ernst und stumm und schwer,

wo weite, grüne Fluren
um den Ort sich breiten
die Augen und die Herzen
bis in die Ferne weiten,
wo Menschen seit der Urzeit
langen, langen Tagen
die besten Lebenskräfte
an ihren Acker wagen -,

ich sehe noch die Alten,
die alten Väter schreiten,
den Acker mit dem Pflug
zum Säen zubereiten,
das Sätuch ob der Schulter,
die Hacke in der Hand
da ist meine Heimat,
meiner Väter Land.

Dort, wo die Straßen kreuzweis'
im Dreieck sind gespannt -
von hier aus gehn sie weiter
übers ganze Land -
dran aufgereiht, sich duckend,
die kleinen Häuser stehn
und schwere Erntewagen
durch manche Enge gehn,

wo Flieder vor dem Haus,
Holunder duftend blüht,
der Farrnbach an dem Dorf
das Tal entlang sich zieht,
still und leise lächelnd,
- ein silbrig glänzend Band -
da ist meine Heimat,
meiner Kindheit Land.

Dort, wo im Wiesengrunde
die alte Mühle steht,
das Mühlenrad bei Tag
und Nacht nicht stille steht,
dort wo der Dill’nberg lockt,
- Geheimnis tief und weit -,
dort wo der Kuckuck ruft,
das Käuzchen klagend schreit,


 

dort wo der Jungfernbrunnen
das stille Bächlein speist
und dem, der davon trinkt
des Lebens Lust verheißt,
wo Jugend immer Jugend
und unvergänglich bleibt
und immer neue Blumen
der jungen Hoffnung treibt,
wo Menschen schon auf Erden
im wundersamen Stand,
da ist meine Heimat,
meiner Jugend Land.

Dort wo der Kirche Spitze
dem Wandrer Ruh' verheißt
und über alles Ird'sche
zur ewigen Heimat weist,
dort hat des Himmels Tau
die Seele mir berührt,
dort hat mich eines Engels Hand
den rechten Weg geführt.

Dort, habe ich zum ersten Mal
das ew'ge Wort vernommen,
dort bin ich zu mir selbst
und an mein Ziel gekommen.
Dort wo ich einst - o Wunder! -
des Herzens Frieden fand,
da ist meine Heimat,
Gottes eignes Land.

Dort auf dem Friedhof, wo
der stille Grabstein steht,
an dem der leichte Fuß
so schnell vorüber geht,
wo Mutter Erde deckt
die stillen Schläfer zu,
beschützt den letzten Schlaf
und auch die letzte Ruh'

von Vater, Mutter, Schwester
und auch der Kameraden,
bewahret ihr Gedächtnis
und ihre stillen Taten,
wie sie in Müh' und Arbeit
zu ihrer Zeit gerungen,
wie sie des Lebens Last
mit Tapferkeit bezwungen,
am Ende ihres Lebens haben aufgerichtet
die bess're Hoffnung einer
Welt im Licht,

dort wo sie ihren Lauf
auf Erden einst vollendet
ihr Leben sich zum Ew'gen hat gewendet,
dort soll auch einmal enden
meine Erdenzeit
und sich zur letzten Heimat wenden,
hin zur Ewigkeit.
Dort soll mein Leib einst ruhn
und ists auch nur im Sand,
da ist meine Heimat
im Frankenland.

 


 

Georg Enzner

 
zurück zum Verzeichnis "Heimatgeschichtliches Lesebuch"