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Am
Sonntag vor der Konfirmation war einer alten Sitte gemäß
Vorführung der Konfirmanden im Pfarrhaus. Dazu kamen
die Mütter aller Konfirmanden in ihrem Sonntagsstaat
zu Kaffee und Kuchen ins Pfarrhaus und führten ihre Sprösslinge
vor. Die Kinder spielten im Garten und die Mütter saßen
an der großen Kaffeetafel und vertilgten Berge von allen
Sorten Kuchen zu unzähligen Tassen Kaffee. Dabei hatten
sie noch unter ihrer großen seidenen Schürze eine
mächtige Tasche, in die sie, möglichst unbeobachtet,
von jeder Sorte ein paar Stücke verschwinden ließen.
Mutter wusste das wohl und hatte schon damit gerechnet. Es
wurde eine unvorstellbare Menge Kuchen verzehrt und gehamstert.
In allen Zimmern außer in dem großen Esszimmer
standen auf Tische, Kommoden, Betten und Stühlen die
Kuchenbleche herum, die Mutter und Mägde Tag und Nacht
vorher gebacken hatten. Natürlich bekamen auch die Kinder
ihr Teil ab. Frau Pfarrer musste immer herum gehen und anbieten
und Kaffee einschenken. Die Frauen wollten von Frau Pfarrer
selbst bedient sein, sonst fühlten sie sich nicht geehrt
genug.
Wenn sie
kamen brachte jede das übliche Geschenk mit. Eine Schüssel
Butter, ein Schock Eier, geräucherte Würste, Speck
und was nicht alles mehr, je nach Größe des Bauernhofes.
Sie passten genau auf, was jede gebracht hatte, keine wollte
hinter der anderen zurückstehen. Dafür fühlten
sie sich auch berechtigt, soviel Kuchen und Kaffee als möglich
zu vertilgen, denn sie hatten gewissermaßen vorher bezahlt.
Standen sie dann von der langen Kaffeetafel auf, um sich zu
verabschieden, so hatten sie alle merkwürdig dicke Bäuche,
aber nicht nur von dem vielen Kaffeetrinken und Kuchenessen,
nein, hauptsächlich von den gefüllten Taschen unter
den Schürzen.
Wir aber
hatten so viel Butter, Schmalz, Eier und Würste, dass
stets ein paar Tage danach ein Wagen in dei Stadt fuhr, um
alle den Segen beim Onkel Konditor unterzubringen.
Ganz ähnlich
ging es bei der Kirchweih zu. Dazu wurden auf allen Höfen
die sogenannten Kirchweihkückle gebacken. Dies waren
etwa wie Handteller große Kuchen, die in schwimmendem
Schmalz gebacken, hoch aufgingen, innen hohl waren und mit
Zucker bestreut herrlich schmeckten. Jede Bäuerin setzte
es sich zur Ehre, eine Anzahl davon ins Pfarrhaus zu schicken.
Wir bekamen oft zwölf Waschkörbe voll und mehr.
Acht bis vierzehn Tage lang aßen wir nur Kirchweihküchle
in jeder Form. Mutter wusste alle möglichen Gerichte
daraus zu machen. Meist Puddingarten, die mit eingemachtem
Obst herrlich schmeckten. Uns Kindern war dies gerade recht,
wir konnten unheimliche Mengen davon vertilgen. Es wurde auch
gar nicht gebremst, denn schließlich mussten die Kirchweihküchle
verzehrt werden, bevor sie zu alt und steinhart wurden.
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