|
|
Vimy
d. 24. Nbr. 1914
Geehrter
Herr Pfarrer!
Ihren
werten Brief habe ich erhalten, welcher mir sehr viel Freude
machte, herzlichen Dank. Habe daraus ersehen, daß in
unserer Gemeinde etliche tot und mehrere verwundet sind. Denn
dieser Krieg ist was Schreckliches, wenn man das alles mit
ansehen muß wie ich, von Anfang wie bis jetzt in jeder
Stunde der großen Gefahr ausgesetzt, das schreckliche
Artilleriefeuer, wo wir zitternd und bebend uns in die Erde
hineindrückten und jeder Augenblick die Stunde unseres
Ablebens sein könnte, wenn nicht Gott der Allmächtige
seine Hand über uns streckte und die feindlichen Geschosse
abwies.
Wir sind seit 1. Oktober hier in Nordfrankreich. Am 2. Oktober
marschierten wir durch Douai. Da mußten 24 Mann, wo
ich dabei war, ein großes Haus durchsuchen, wo Engländer
und Franzosen versteckt waren. Als wir die Türe aufschlossen,
gingen sie mit ausgestreckten Armen heran und ergaben sich.
145 Mann und im nächsten Haus 30. Sie wurden von uns
ins Rathaus geführt, von da in die Kirche und hernach
auf den Transport nach Ingolstadt, circa 900 Mann.
In kürzester Zeit haben von uns Freiwillige und Pioniere
einen Angriff gemacht, den
französischen Schützengraben genommen und am anderen
Tag machte der Feind wieder einen Gegenstoß, wurde aber
von Bomben und Handgranaten zurückgewiesen. Wir liegen
stellenweise 50 Meter vom Feind entfernt. Jetzt werden wir
weiter nach rechts verschoben. Haben kalte Tage mit Schnee.
Am Reformationsfest erhielten wir das heilige Abendmahl in
einer Scheune abends sechs Uhr. Haben auch jetzt viele Gottesdienste,
wenn wir in Vimy sind. Eine große Tat Gottes wäre,
wenn wir das heilige Weihnachtsfest in der Heimat feiern
könnten oder möglichst bald Frieden würde,
wo ein jeder sich danach sehnt.
Bin, so
Gott will, bisher gesund, was ich auch von Ihnen erwarte.
Unter herzlichsten Grüßen
Joh. Zinner
|
|
|