Hochverehrter
Herr Pfarrer!
Das werte Weihnachtspäckchen
habe ich erhalten, aber leider hab ichs erst gestern erhalten.
Es hat sich alles recht gut gehalten und habe mich sehr darüber
gefreut und danke der lieben Kirchengemeinde und Herrn Pfarrer
bestens dafür.
Das liebe Weihnachtsfest
haben wir heuer im Feindesland feiern müssen, doch ist
uns da auch nichts entgangen. Unser liebes deutsches Volk
hat uns nicht vergessen. Es ist ein jeder mit Weihnachtsliebesgaben
sehr reichlich bedacht worden. An unserer Front war es den
ersten Feiertag ziemlich ruhig und so konnten wir das heilige
Weihnachtsfest auch in der Kirche von St. Mihiel feiern. Doch
wäre es in der lieben Heimat schöner gewesen. Doch
ich will mich trösten. Vielleicht kann ich, wenn es Gottes
Wille ist, das nächste Weihnachtsfest in der Heimat feiern.
Wir sind
noch immer bei St. Mihiel Mit unseren Geschützen haben
wir aber schon einmal Stellungswechsel machen müssen,
denn eine feindliche schwere Batterie hat unsere Batterie
ausfindig gemacht und hatte sie so stark beschossen, daß
die Kanoniere gezwungen waren, die Geschütze zu verlassen.
Bei Nacht haben wir sie dann heraus und in eine andere Stellung
gebracht, wo sie uns bis jetzt noch nicht gefunden haben und
haben dafür auf die alte Stellung eine Scheinbatterie
aufgestellt, die sie dann am anderen Tag vollständig
zusammengeschossen haben. Es war schauerlich schön zu
sehen, wie die Batterien in die Luft geflogen sind.
Verluste haben
wir Gott sei Dank noch nicht viel. Vor vierzehn Tagen haben
wir einen bei uns sehr beliebten Offizier Herrn Reserveleutnant
Wallenstein durch einen Granatschuß verloren. Mir selber
geht es gut und sehe in Gottes Namen getrost der Zukunft entgegen.
Es grüßt
hochachtungsvoll
Johann Wening
Man stößt
mich, daß ich fallen soll
Aber der Herr hilft mir der Zukunft entgegen. |