19. Febuar 1915 Feldpostbrief von Georg Sieber
 
 
 
 
 
     
 
         
    Frankreich, den 19. 2. 15

Geehrter Herr Pfarrer!

Habe Ihren lang ersehnten Brief, der mir auf der Weihnachtskarte prophezeit wurde, heute den 16. erhalten. Was ich aus dem Brief bemerke, hat er nicht mehr eintreffen können durch mancherlei Hindernisse. Das eine wird durch Gottes Hilfe wieder gereicht sein, und geehrter Herr Pfarrer wird wieder bei bester Gesundheit sein.

Herrn Däumler habe ich leider noch nicht getroffen, denn ich weiß erst seit geehrten Herr Pfarrer seinen Brief, daß er auch bei meinem Regiment ist. Ich werde ihn aber, wenn es die Zeit zuläßt, aufsuchen. Was ich aus dem Brief ersehe, ist geehrtem Herrn Pfarrer unser Regiment bekannt. Und es war oft jammervoll. Es hat den Namen Sturm-Regiment nicht umsonst. Und ich kann Gott dem Allmächtigen nicht dankbar genug sein, da ich keinen Tag von den stürmischen Stellungen befreit war, und mir der Tod schon oft vor Augen stand.

Wer nur den lieben Gott läßt walten
und hoffet auf ihn allezeit
den wird er wunderlich erhalten usw.
Wer Gott dem Allerhöchsten traut,
hat auf keinen Sand gebaut.

Geehrter Herr Pfarrer, leider hat es nicht mehr sein können, daß ich den Brief auf demselben Kriegsschauplatz fertigen habe können, denn wir sind wieder an der schauerlichen Westfront und haben wieder Schweres vor uns. Mit Gottes Hilfe wird es auch wieder in die Vergangenheit verfließen, wie es an 15., 16. und 17. Mai verflossen ist.

Ist Gott mit uns, wer mag wider uns sein.
Bin Gott sei Dank bis jetzt noch gesund, was bei hochwürdiger Familie Dietzfelbinger auch der Fall sein wird.

Es grüßt
Sieber Georg

   
         
 
     
 
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