|
|
Geschrieben den 11. Dezember 1915.
Geehrter
Herr Pfarrer!
Schon
vor acht Tagen habe ich Euer Paketchen erhalten und noch nicht
geschrieben. Bei uns ist zur Zeit unsere Stellung zu halten
im Schützengraben viel schlechter als im Sommer. Im Sommer
hatten wir nicht wohl Wasser zu Kaffeekochen im Graben und
jetzt haben wir soviel durch das anhaltende Regenwetter, daß
alle Lauf- und Schützengräben voll Wasser werden,
wenn man dagegen nicht kräftig eingreifen würde
mit den Wasserpumpen, könnte man unmöglich die Stellung
halten.
Die Gräbenwände brauchen überall das Neuaufbauen
weils von Wasser einrutschen. Daher hat man im Graben Arbeit
ohne Ende. Gestern den 10. und heute sind wir in Beaukamps
in Kloster in Quartier, da haben wir doch bei Nacht Ruhe,
am Tage müssen wir in einem Pionierpark an der Eisenbahn
arbeiten. Die Arbeit ist Ausladen von der Eisenbahn: Holz,
Bretter, Zement, Flechtweiden und Stacheldraht. Heute Abend
geht’s wieder in Schützengraben in das nasse Feld,
alle Unterstände drohen fast in dem Wasser zu verfallen.
Vom 8. Bis 20. November waren wir durch Preußen (64
Regt.) abgelöst, die richteten uns viel Unheil an und
unser Gegner, die Engländer, merkten das auch gleich,
daß preußische Truppen da waren und haben dabei
unsere Stellung mit schwerer Artillerie beschossen mit 24
cm Granaten. Solche schwere Schießerei wiederholten
die Engländer am 8. Dezember. Man glaubte dabei, der
letzte Tag sei für uns im Graben gekommen, aber der liebe
Gott hat das Schlimmste verhütet, denn es war bei den
Geschossen die Hälfte Blindgänger. Letzthin bin
ich in Santes mit Herrn Fritz Eberlein zusammengetroffen,
das war große Freude für uns beide. Leider ist
mir auch die traurige Nachricht zugekommen, daß mein
lieber guter Bruder Fritz in der Champagne durch einen Granatschuß
den Heldentod fürs Vaterland gefallen ist. Zu meiner
größten Freude kann ich schreiben, daß ich
trotz der schlechten Lebensverhältnisse mich immer gesund
und wohl fühle, was ich Gott von Herzen danke. Besten
Dank für das Paket, diese Sachen kann man immer notwendig
brauchen. Ich schließe meinen Brief mit den besten Wünschen
und herzlichen Grüßen an alle Bekannte in der Heimat
zum lieben Weihnachtsfeste.
Herzlichen Gruß
Landwehrmann S. Höfling
|
|
|