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Nesthäkchens
Geburtstage:
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Der
erste Geburtstag war, wie schon vorn bemerkt, ein Tag
voll ungetrübter Freude für Eltern und Kind.
1906.
Heuer hat Ludwiglein am 30. Mai sich selbst unzählige
Male angratuliert. Er war den Tag über sehr erregt
und zeigte seinen Freundinnen, die ihn mit Blumen
und Zigarren beschenkten, seine Geschenke voller Stolz,
bot ihnen auch galant von seinen angebissenen und
ziemliche Spuren seiner Hände tragenden Plätzchen
an. Früh stürmte er herein und auf den Geburtstagstisch
los, auf dem ihm besonders die Lichter imponierten.
Auch freute er sich sehr über Stuhl und Tisch,
Kleidchen und Hut, Bilderbuch und besonders über
einen kleinen Schubkarren. Er war sich aber immer
nicht recht klar, ob Geburtstag oder Taufe gefeiert
wurde (kurz vorher hatte die Taufe seines Schwesterleins
stattgefunden, so verwechselte er diese beiden Feierlichkeiten).
1907.
Schon drei Lichtlein brannten heute für unseren
lieben Buben und auf dem Geburtstagstisch lagen die
ersten Hosen! Daneben Rucksack und Spazierstock, Gartenwerkzeuge
und Struwwelpeter; die Freude war groß. nachmittags
wurde zur Feier des Tages eine von Tante Lina arrangierte
Partie nach Lichtenstein unternommen, wobei die neuen
Hosen eingeweiht wurden.
1908
brachte der Geburtstag u.a. eine Fahne, die er stolz
schwingt.
1909
der erste Geburtstag in Kirchfarrnbach; es war Pfingstsonntag
und der letzte Geburtstag, den unser Kind auf Erden
feierte. Wir ahnten es nicht.
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Wir
haben einen Gott, der da hilft, und den Herrn
Herrn, der vom Tode errettet. Ps. 68, 21. |
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Die
erste Lebenszeit des Kleinen hat uns viel dunkle und trübe
Tage und Stunden gebracht. Gar oft war es krank, das geliebte
Kind, sehr krank sogar. O wie ängstigt und sorgt
man sich da und musste verzweifeln, wenn man nicht wusste,
dass Einer helfen kann. Wie tat mir das Herz weh, wenn
ich das Kind mit schmerzlich verzogenem Gesichtchen im
Bettchen liegen sah und ihm so gar nicht helfen konnte!
Besonders mit der Ernährung war es ein Jammer: es
wollte alles, was wir probierten, nicht anschlagen, und
das Kind wurde von Tag zu Tag schwächer. Dazu bekam
es lauter große Beulen am Körperchen, und ein
Bäuchlein kam auch noch dazu. Schließlich traute
ich mir das arme Kind gar nimmer anzufassen. Und dann
kam einmal ein schrecklicher Abend, an dem wir mehr denn
je um das schwache Leben bangten. Matt und schwach lag
das Köpflein auf meinem Arm, und wir konnten nichts
tun als heiße Gebete emporschicken. Und als die
Not am größten, war Gottes Hilfe am nächsten:
das Kind nahm Nahrung (Ramogan) zu sich und behielt sie,
es folgte eine gute Nacht, und am anderen Morgen konnte
ich der Großmama, die wir herbeitelegraphiert hatten
entgegenfahren, um ihr die schwerste Sorge abzunehmen.
Ein so oft gefährdetes Kleinod lernt man aber umso
mehr schätzen, es wird einem umso teurer. Gott sei
dank, der unserm Ludwig bis hierher geholfen! Er schütze
ihn in Gnaden vor weiteren Gefahren!
Im
Januar 1910. Ach, damals, im Anfang seines Lebens hatten
wir bei aller Sorge doch den Trost, das Kind bei uns
zu haben. Es waren schwere Zeiten damals, aber sind
sie zu vergleichen mit dem Jammer, den wir seit Monaten
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