Adam Christian Ludwig Dietzfelbinger
30. Mai 1904 - 2. Februar 1910
Aufzeichnungen von Magdalena Dietzfelbinger, geb. Nicol über das kurze Leben ihres Sohnes
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Was weiter in der Wiege geschah
und ich mit glücklichem Auge ersah.
Erstes Greifen, Spielen, das erste Kleidchen.
 
     
 
Es hat lange gedauert, bis unser Liebling sich aus seiner Mattigkeit zu irgend etwas aufraffen konnte; aber dann ist’s auch mit Riesenschritten vorwärts gegangen. Da hat er zuerst an meiner schönen leichten Schlotter Gefallen gefunden und an einer Gummipuppe, der er vor Zärtlichkeit schier den Kopf abgebissen hätte. Sein erstes Kunststück war, das Hin- und Hergehen der Uhr mit dem Händlein nachzuahmen – Uhrelein tick tack! Hierauf kam „Bitte bitte!“ „Kuckuck da!“ „Eiei“ und „Hutziback!“ In Benk bereicherte er dann seine Kenntnisse, indem er Bewegungen des „Urpappa“ und des Herrn Vikars nachahmte, was allgemeine Heiterkeit erregte. Mit welchem Jubel wurde jeder kleine Fortschritt begrüßt! Später lernte er dann Härlein, Näslein, Öhrlein usw. unterscheiden, entpuppte sich auch als großer Freund von „Dada“ aller Art, als Kuchen, Zwieback, Plätzchen u. dgl.

Zu Weihnachten prangt er im ersten Tragkleidchen. Dann kamen die Windelhosen, deren Entstehen Papa und Sohn mit regem Interesse verfolgten, und als der „kleine Guk“ diese ersten Hosen trug, verlor das schöne Liedlein seine Geltung, das man sonst zu jeder Stunde im Haus, Küche und Keller vernehmen konnte: „Ei, der kleine Butzimann hat ja keine Hosen an.“ Verfasser und Komponist unbekannt.

Endlich, seit August, trägt er nun kurze Kleidchen, macht aber auch keine Miene, seine Beine zu gebrauchen, höchstens steckt er die Füße in den Mund. Er ist eben in der körperlichen Entwicklung lange recht zurückgeblieben, nun muss er’s erst wieder einholen.

 
     
 
 
 
Weitere Beobachtungen:
 
 
     
  Am 30. Mai 1905, unseres Kindes Geburtstag!
Freude und Dank erfüllten, wie am Tage seiner Geburt, so auch heute, wo unser Kind mit Gottes Hilfe ein Jahr zurückgelegt hat, unsere Herzen. Gott hat uns das geliebte Kind erhalten, um dessen junges Leben wir besonders in der ersten Hälfte des verflossenen Jahres so oft bangten. Gott hat es väterlich behütet und alle Gefahren von ihm abgewendet. Ihm wollen wir unser Kleinod auch fernerhin befehlen.

Wie hat sich unser Liebling nun geistig und körperlich so reich entwickelt! Aus dem zarten, schwachen Kindlein ist ein kräftiges, kerngesundes, liebreizendes Büblein geworden; mit dicken roten Bäcklein und leuchtenden Augen sitzt es in seinem Wagen oder im Stuhl, das ganze liebe Gesichtlein strahlend von früh bis spät. Jedermann hat seine Freude an dem herzigen Kind. Heute wurde es überschüttet mit Blumen, auch einen schönen Hut und eine Peitsche betrachtet das Geburtstagsskind voller Freude.

 
 
 
 
Erste Ausfahrt. Besuch im Garten.
 
 
     
 

Heute, am 22. Juni, habe ich zum ersten Mal mein Büblein im Laubengang und im Garten spazieren getragen. Die Rosen blühten und die Reseden dufteten, dazu schien die Sonne gar voll und warm. Möchten dem lieben Kinde auf seinem Lebensweg viel sonnige Tage beschieden sein!

 
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