Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges im Gebiete des Schulverbandes Wilhermsdorf Band IV: Gemeinde Kirchfarrnbach mit Ortsteil Dürrnfarrnbach
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 10

 
 

Die Pflege der Verwundeten

Der am Kopf verletzte Junge Paul Ruf wurde von seiner Großmutter, Frau Kleinschroth, selbst wieder gesundgepflegt, da seine Verletzungen die er sich, als er auf dem Schoß seiner Mutter, die von den gleichen Kugeln tödlich verletzt wurde, saß, zugezogen hatte, nicht so ernster Natur waren.

Anders lagen die Dinge bei der schwer verwundeten Lehrersfrau Frau Marie Westernacher, die auf keinem Fall zuhause behandelt werden konnte. Sie wurde dann, wie Dok. Nr. 125 berichtet (84): "... von Frau (verbessert) Probst aus Dürrnfarrnbach mit dem Pferdewagen nach Neustadt a. d. Aisch zur Behandlung gefahren." Genauere Recherchen des Verfassers ergaben, dass die schwer verwundete Lehrersfrau Frau Marie Westernacher mit dem Leiterwagen von Frau (verbessert) Probst aus Dürrnfarrnbach in das von Herrn Dr. Max Nitsche betreute Krankenhaus in Wilhermsdorf gefahren wurde. Eine dort arbeitende Krankenschwester brachte es zuwege, dass US-Soldaten nach einigen Tagen Frau Westernacher ins Krankenhaus nach Neustadt a. d, Aisch transportierten.


Die Beerdigung der Toten unter der Zivilbevölkerung und der Gefallenen.

Nachdem das Feuer eingestellt war, wurden die Gefallenen von Bürgern unserer Gemeinde in dem auf dem Friedhof stehenden Gerätehaus, in welchem ein kleiner Raum ausgeräumt wurde, aufgebahrt. (85)

Am Donnerstag, 19. April 1945, abends 6 Uhr war es dann soweit, dass in einer kleinen Feierstunde, unter Anteilnahme von einigen Bürgern unserer Gemeinde, die Gefallenen

Gefreiter Leonhard Richter
Oberfeldwebel Otto Knobloch

von Pfarrer König auf dem Kirchfarrnbacher Friedhof in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt wurden. Im Beerdigungsbuch der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Kirchfarrnbach kann man darüber nachlesen (Dok. Nr. 134): "Die unter 10 und 11 verzeichneten Angehörigen der deutschen Wehrmacht fielen bei den Kämpfen am 15. und 16, April 1945 und wurden auf dem hiesigen Friedhof unter Gebet und Gottes Wort kirchlich beerdigt." Sicherlich gestatteten die Umstände der damaligen Tage nicht eine größere Feier einerseits und andererseits war es dringend notwendig, die Toten des Kampfes, aufgrund der heißen Witterung, zu begraben.

Wenn man die Tage des Zweiten Weltkrieges, seinen Beginn und das Ende, für Kirchfarrnbach bedenkt, so stehen eigentlich am Anfang dieser Tage und am Ende Beerdigungen von Bürgern unserer Kirchengemeinde.

Und so war es dann auch am Freitag, 20. April 1945, als sich die Glieder unserer Kirchengemeinde auf dem Friedhof trafen, um von ihren Mitbürgern und Mitbürgerinnen für immer Abschied zu nehmen.

Es waren dies

Frau Magdalena Löw geb. Büttner aus Kirchfarrnbach
Frau Margarete Löslein geb. Krehn aus Oberndorf
Frau Katharina Ruf geb. Kleinschroth aus Kirchfarrnbach
Herr Georg Kohler aus Kreben
Frau Anna Barbara Kohler geb. Weißkopf aus Kreben Grenadier Willy Gampf, gefallen bei Kreben.

Im Beerdigungsbuch der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde kann man darüber lesen (Dok. Nr. 134): "Die unter 12 bis 16 genannten Mitglieder unserer Gemeinde sind alle Opfer der Beschießung beim Einzug der Amerikaner geworden, am Montag, 16. April 1945; die Beerdigung erfolgte in einer gemeinsamen Feier am Freitag, 20. 4. durch Pfarrer König auf dem Friedhof zu Kirchfarrnbach. Einsegnung mit Grabrede über Jes. 55, 9 + 10.11 Dieser Bibeltext lautet: " ... sondern soviel der Himmel höher ist denn die Erde, so sind auch meine Wege höher denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken. Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahinkommt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und wachsend, dass sie gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen."

Ergriffen lauschte die Trauergemeinde den Worten des Geistlichen und gar manche Gedanken waren wohl bei den in der Ferne, an den Fronten weilenden Lieben, von denen sie ja alle schon seit Wochen keine Nachricht mehr hatten.

Bedrückt ging man nach Hause, denn die Zukunft war ungewiss und fraglich.

Die Tage nach der Beerdigung brachten noch einige Mühsale und ungewohnte Begebenheiten, die am besten das Dok. Nr. 126 schildert (86): "Auch die nächsten Tage brachten eine Reihe von Geschehnissen, die ich hier kurz andeuten möchte. Einmal wuschen zwei Amis bei uns ihre Hände. Diese sagten, dass unser Haus von deutschen Kugeln getroffen worden sei. Übrigens, die Friedhofmauer um unsere Kirche hielten die Amis oft dicht besetzt. Auch mussten wir eine Zeitlang eine weiße Armbinde tragen. Als dann Neger unser Haus und die Häuser unserer Ortschaft durchsuchten, versteckten wir Mädchen uns alle (87). Die Zeit nach der Besetzung war nicht schön, denn wir mussten auf vieles verzichten. So blieb oft der Strom weg und wir mussten oft Kerzen zur Aushilfe verwenden. Als einmal wieder kein Strom da war und ein 'Schwarzer' in unsere Stube kam und die Katze auf dem Sofa schlafen sah, lachte er über das ganze Gesicht und seine Zähne schimmerten dabei weiß. (87) Wieder ein anderes Mal mussten die Bewohner unserer Ortschaft zum Bürgermeister Vogel und die Personalausweise mitbringen. Weiter mussten wir die Haustüren offen halten. In dieser Zeit waren die Amis in den Häusern und durchsuchten sie. Hernach fehlte da und dort etwas, jedoch bei uns blieb alles wie es gewesen war."

Mitten in dieser unheilvollen Zeit wurde die Bevölkerung am 16. Mai 1945 von einer Explosion aufgeschreckt. Was war geschehen?

Der ehemalige Volkssturmmann Johann Beugler aus Schwaig bei Nürnberg, der aus dem US-Gefangenenlager Langenzenn entlassen worden war und vorübergehend Aufnahme in Dürrnfarrnbach Nr. 14 bei der Familie Krehn fand, arbeitete dortselbst. Am 16. Mai wollte er mit dem Sohn des Gastwirts Hans Krehn in den Wald fahren. An der Straße zwischen Keidenzell und Kirchfarrnbach fuhr er auf eine dort noch nicht geräumte deutsche Tellermine.

Dok. Nr. 136 berichtet davon: "Sie wollten in den Wald fahren. Am Straßenrand hatten die Deutschen Tellerminen vergraben. Während des Fahrens fraßen die Kühe am rechten Straßenrand. Auf einmal kam das vordere rechte Rad auf eine Mine. Diese explodierte, schnitt den Wagen - wie mit einem Messer geschnitten - in der Mitte auseinander. Dem vorne rechts sitzenden Volkssturmmann wurde das rechte Bein abgerissen. Vermutlich war er sofort tot. In Kirchfarrnbach hörte man diesen Schlag. Mein Vater und ein anderer Dorfbewohner sahen eine schwarze Rauchwolke und sie eilten zur Unglücksstelle. Der Junge Hans Krehn war am Kopf und an beiden Beinen schwer verletzt. Sofort versuchten mein Vater und ein anderer Mitbürger unserer Gemeinde den schwer verletzten Jungen zu "verarzten". Glücklicher Weise kamen US-Soldaten auf einem Jeep fahrend an der Unglücksstelle vorbei und sie riefen per Funk einen amerikanischen Sanitätskraftwagen. Dieser kam nach kurzer Zeit und transportierte den verwundeten Hans Krehn in das Wilhermsdorfer Krankenhaus. Dortselbst genaß er wieder dank der fürsorglichen Pflege des Arztes und Leiter des Krankenhauses und dem 'Krankenpersonal.'."

 
 
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