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Eines
Tages, ich mochte wohl fünf Jahre alt sein, kam der Herr
Dekan zur Schulvisitation. Er wohnte und aß natürliche
im Pfarrhaus und war uns Kindern der gute Onkel. Nach dem
Essen hatten die Herren das Bedürfnis etwas zu ruhen,
die Kinderschar sollte wohl außerhalb des Hauses beschäftigt
werden. So sagte der gute Onkel Dekan zu uns: „Also
Kinder, wer mir das erste Veilchensträußchen bringt,
bekommt einen blanken fünfziger in die Sparbüchse.“
Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Wir stürmten
los und suchten zwei Stunden lang hinter jedem Zaun und allen
Hecken, doch es war zu früh oder nur mit Schneeglöckchen
bewaffnet kamen wir zurück. Es erhielt aber doch jeder
seinen Fünfziger.
Die Großen
taten ihn auch gehorsam in die Sparbüchse, ich aber konnte
der Versuchung nicht widerstehen und ging zum Krämer
eine große Tüte Bonbons zu erstehen. Rote, grüne,
gelbe, blaue in allen Farben, damit zog ich mich heimlich
auf den großen Holunderbaum an der Ecke der Garten-
und Kirchhofmauer zurück, der seine Zweige weit in unseren
Garten hing. Wo die Mauer die Ecke bildete, hatten die Brüder
eine Bank gezimmert, auf die man über eine kleine Leiter
gelangen konnte, so dass man von unten aus gar nicht gesehen
wurde. Man konnte von da aus auf den dicken Ästen des
Baumes bis in die Krone klettern, wo noch einmal ein kleines
Brett angenagelt war. Das war ein herrliches Versteck und
auch für mich leicht erreichbar. Dort gab ich ganz dem
süßen Genusse hin.
Mehr als
die halbe Tüte schaffte ich nicht und nun galt es den
Rest so gut zu verstecken, dass er dem Zugriff meiner Geschwister
entzogen war. Da fiel mein suchender Blick auf den großen
Drachenkopf an der Dachrinne, der sein Regenwasser in den
Hof spie. Es war herrliches Wetter und nichts zu befürchten.
Zu allem Glück stand auch noch eine große Leiter
an der Ecke. Das war der richtige Platz, darin würden
sie nichts vermuten. Die Luft war rein und so erstieg ich
mit viel Mühe die Leiter und versenkte meinen Schatz
tief in den Rachen des Ungetüms, das ihn mir sicher und
unentdeckt bewahren sollte.
Am andern
Morgen war ich der erste auf um meinen Schatz zu heben. Oh,
weh, was musste ich entdecken. Nachts war ein Gewitter aufgezogen
und der grimmige Drache hatte alle meine bunten Schätze
ausgespieen. Sie lagen als ein in allen Farben schillernder
See auf der Erde. Bald standen auch meine Brüder lachen
drum herum und hänselten mich weidlich ob meines Missgeschickes.
So hatte ich zum Schaden auch noch den Spott. |
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