Aus der Schulgeschichte des Pfarrsprengels
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Erinnerungen an die Kirchfarrnbacher Schulzeit von Georg Enzner (2)
     
     
Bauer werden. Doch dieses Ziel ließ sich wiederum nicht verwirklichen, ich wurde zu einer anderen Entscheidung geführt und so habe ich insgesamt - kaum zu glauben! - fast zwanzig Jahre lang die harten Schulbänke gedrückt und das noch gerne und mit Neugier!


Das Wachsen und Reifen während der Schulzeit

Man lästert heute gern über die einklassige Volksschule, in der ein Lehrer sieben Klassen gleichzeitig unterrichten musste. Für den Lehrer war das gewiss nicht leicht, aber für mich war ein großer Gewinn dabei: als ich noch in den unteren Klassen war, hörte ich mit einem Ohr hin auf das, was der Lehrer bei den oberen Klassen unterrichtete. Als ich selber in der fünften bis siebten Klasse war, da wusste ich zwar schon im voraus, was der Lehrer unterrichten wollte und so konnte der Lehrer mich mit anderen Dingen beschäftigen.

Im Dorf sagte man zu den ersten vier Klassen kleine Schul im Unterschied zur "großen Schul“, die die Klassen fünf bis sieben umfasste.

Die Jahre während der "kleinen Schul“
Aller Anfang ist schwer
Die erste Prüfung - Durchgefallen!

Die ersten Tage in der Schule gingen für mich vorüber wie im Traum. Alles war neu und anders als bisher. Der Schulweg, der Schulhof, in den ich jetzt zum ersten Mal kam, der hintere, niedrige Eingang ins Schulhaus für die Schüler, der Schulunterricht selber, ein Lehrer für sieben Klassen, die vielen Buben und Mädchen, wie im Schlaf erlebte ich alles und war doch zugleich hellwach. Ich musste nur schauen und hören und staunen und dabei vergaß ich mich selbst, auch dass ich in der Schule etwas lernen oder arbeiten sollte.

Nach einiger Zeit wollte der Herr Lehrer von uns wissen, welche Fortschritte wir im Lesen schon gemacht hätten. Er stieg auf sein Podest, setzte sich auf seinen Stuhl und rief uns von der ersten Klasse mit unserem Lesebuch an seinen Tisch. Der Erste konnte ganz gut lesen und durfte sich mit seinem Buch bald wieder setzen. Der zweite Schüler kannte die Buchstaben und musste erst lernen, die Buchstaben zu einem Wort zusammenzubauen. Es dauerte eine Zeit lang, bis er das konnte und an seinen Platz gehen durfte.

Dann kam ich an die Reihe, nahm mein Buch in die Hand, kletterte auf das hohe Podest hinauf und hielt mich an dem wackligen Tisch fest. Der Lehrer schlug das Buch auf und

 

deutete mit dem Finger auf die Buchstaben, die ich lesen sollte. Ich schaute den Lehrer an, der Lehrer schaute mich an, ich schaute die Buchstaben an, aber es kam kein Ton aus meinem Mund - ich schaute den Lehrer an, der Lehrer schaute wieder mich an, der Lehrer wurde rot im Gesicht, um seinen Mund zuckte es, als wolle er etwas sagen.

Der Zwicker auf seiner Nase wackelte bedenklich. Ich kriegte Angst vor dem Lehrer, schaute nicht mehr nach den Buchstaben, sondern nach der Türe und nach einem Fluchtweg und wie ich am besten von dem für mich hohen Podest herunterkäme. Bevor ich die Flucht ergreifen konnte, ein letzter Blick dem Lehrer in die Augen und siehe da, seine Augen und sein Mund lächelten. Er war gar nicht mehr so streng und ernst wie vorher, sondern sagte ganz freundlich zu mir: "Komm! Setz dich wieder auf deinen Platz!“

Als die Schule aus war, rannte ich nach Hause, suchte die Mutter und machte ihr schwerer Vorwürfe, weil sie sich nicht um mich und um das Lesen in der Schule gekümmert hätte, alle die Vorwürfe, die der Lehrer schon im Gesicht gehabt, aber doch nicht gesagt hatte, denn für den kleinen Schüler war es eine große Blamage gewesen. Die Mutter versprach Besserung und nahm sich nun ein bisschen Zeit, jeden Tag mit mir zu lesen. Aber bald wachte ich aus meinem Traumschlaf auf und die Neugier nach Wissen, nach immer mehr Wissen ergriff mich.

Bald danach habe ich Lesen gelernt und habe diese Kunst mit Begeisterung betrieben, wenn auch nicht so sehr in dem Lesebuch der Schule.

Die Zeit der "großen Schul“
Die Klassen 5 bis 7 der Volksschule

Mein Realienbuch

In der "großen Schul“, ab meinem elften Lebensjahr, wurde der Unterricht für mich schrecklich langweilig. Es scheint, dass auch der Lehrer diese meine Situation erkannt hat und dass er auf seine Weise hier Abhilfe zu schaffen suchte.

Ich vermute, dass er meiner Mutter geraten hat, für ihren Buben ein Realien-Buch zu kaufen. In einem solchen Realien-Buch war damals Physik und Chemie und Geographie enthalten, also vieles, was über die damalige Volksschulbildung hinaus wies. Meine Mutter kaufte dieses Buch und schenkte es mir, das war ganz neu für mich. Das hatte Mutter noch nie getan, etwas zu kaufen oder zu beschaffen, was nicht unbedingt fürs Leben notwendig war.

   

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